Deutsche Bahn: Bahner:innen fordern kürzere Arbeitszeiten, aber…

Der Januar startete mit zwei bundesweiten Streiks, die den Bahnverkehr fast zum Erliegen gebracht haben. Die Deutsche Bahn (DB) verhandelt nun wieder mit der Gewerkschaft deutscher Lokführer (GDL), die ganz überwiegend Fahrpersonal als Mitglieder hat. Gestartet ist die Tarifrunde im Oktober mit der Forderung nach Absenkung der Arbeitszeit von 38 Stunden pro Woche auf 35 Stunden bei vollem Lohn und 555 Euro mehr als monatliche Lohnerhöhung. Was wird am Ende davon übrig bleiben?

Anders als bei den kurzen Streiktagen ab 10. Januar gab es während der letzten Streiktage ab 24. Januar in Berlin wieder ein Streiklokal, diesmal im selben Gebäude wie die „sozialistische“ Zeitung „nd“, verziert mit Rosa-Luxemburg-Zitaten. Da gab es bei einigen Streikenden eine gewisse Beklemmung, ist doch der GDL-Apparat ein CDU-Laden ohne Berührungsängste mit der AfD.

Am 1. Streiktag kamen gleich Kolleg:innen zu Besuch von der CFM Charité Facility Management, einem Tochterunternehmen des Krankenhauses Charité. Sie wurden vor mehr als 10 Jahren ausgegliedert, um die Löhne zu drücken. Ohne große Planung sind einige mit Transparent vorbeigekommen und haben die Leute im Streiklokal überzeugt, draußen ein gemeinsames Foto zu machen. Auf dem Transparent stand: „GDL ver.di CFM Gemeinsam solidarisch mit dem JKB“. JKB ist das Jüdische Krankenhaus Berlin, wo zur selben Zeit gestreikt wurde für mehr Personal.

Es gibt derzeit viele Tarifrunden und Proteste. Die Zeit war günstig für den Streik der Bahner:innen. Die Demonstration mit 450 Leuten rund um den Berliner Ostbahnhof am 3. Streiktag lief super. Highlight war der Doppeldecker-Bus eines Lokführers, der für den Tag mit Transparenten und Fahne aufgehübscht wurde.

Auf der Demo hat auch ein Fahrdienstleiter gesprochen, der Mitglied der anderen größeren Bahngewerkschaft EVG ist. Er hatte solidarische Grüße mitgebracht und Unterstützung für die Arbeitszeitabsenkung und die 555 Euro. Man stelle sich vor, dass die vielen GDL-Mitglieder, die ihm applaudiert haben, beim nächsten EVG-Streik dabei sind, und alle EVG-Mitglieder, denen der Abschluss im Sommer zu niedrig war, machen beim nächsten GDL-Streik mit …

Aus angekündigten 6 Streiktagen wurden 5

Aber dann kam plötzlich am 4. Streiktag über die Presse das vorzeitige Ende des Streiks. Nach vertraulichen Gesprächen in der Nacht zuvor hat die GDL-Chefetage beschlossen, den Streik um 16 Stunden zu kürzen. Es dauerte ein bisschen um zu verstehen, dass die DB-Verhandler dafür überhaupt nix zugesagt, sondern nur „Verhandlungsbereitschaft“ erklärt hatten.

Die Urabstimmung im Dezember mit 97 % Zustimmung für den Streik war genau dafür gewesen, um aus der Friedenspflicht rauszukommen und unbefristet streiken zu können, bis ein Ergebnis vorliegt, das den Bahner:innen passt. Nun hat die DB nicht nur ein vorgezogenes Streikende geschenkt bekommen, sondern auch die Zusage, dass bis 3. März nicht gestreikt wird und die Verhandlungen im Geheimen laufen. Das ist ein Schritt zurück. Im Streiklokal war nach dieser Ansage nur noch wenig Leben.

Weiterstreiken oder verhandeln? Falsche Frage

Verhandlungen ohne den Druck des Streiks, wie kann man sich das vorstellen? Von der DB gibt es keine Geschenke. Und der GDL-Chef Weselsky ist nicht der Osterhase.

Die DB weiß, dass sie was bieten müssen. Aber wie nah wird das an den Forderungen sein – ohne Streik? Was will die DB an Zugeständnissen und Verschlechterungen im Gegenzug? Eine Menge! Und was ist mit dem „Tarifeinheitsgesetz“, das die Mehrheitsgewerkschaft EVG deutlich bevorzugt? In vielen Betrieben werden die GDL-Tarifverträge verdrängt. So ist das zum Beispiel bei der Berliner S-Bahn. Das macht wütend. Aber der DB-Vorstand wird das „Tarifeinheitsgesetz“ nicht ohne „Kröten“ über Bord werfen, die die Bahner:innen „schlucken“ sollen.

Die Geheimverhandlungen sind bis 3. März geplant. Werden die GDL-Mitglieder geduldig sein?

Sabine Müller, Berlin

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