
Man kann ja Merz viel vorwerfen. Aber wenn es um rassistische Sprücheklopferei geht, dann ist das für ihn noch immer Chefsache. Seine Bemerkung über „dieses Problem“, dass wir „immer noch im Stadtbild“ haben sollen, und deshalb müsse weiter abgeschoben werden, das war echt nicht mehrdeutig. Sein arrogantes Grinsen war klar. Die Provokation hat er noch getoppt mit seiner Bemerkung, man solle doch mal „die Töchter fragen“. Nicht, dass es nicht jede Menge Probleme gäbe, über die jede Frau viele Stories erzählen kann. Aber um das Lösen der vielen Probleme, mit denen man als Arbeiterklassefamilie ständig struggelt, ging es Merz natürlich nicht.
Merz spricht nicht für „die Töchter“
Wie wäre es damit, das Stadtbild aufzubessern, indem bezahlbare Wohnungen gebaut würden und jeder ein Recht auf eine schöne Wohnung hätte? Wie wäre es mit Fußballvereinen in jedem Kiez, die dieselbe Zuwendung kriegen wie die Bundesligavereine? Oder mit Jugendclubs und sozialen Räumen zum Lernen und Abhängen mit Freunden, die mit derselben finanziellen Aufmerksamkeit bedacht werden wie Rheinmetall oder Volkswagen? Wie wäre es mit freundlichen einladenden regionalen und S-Bahnhöfen für jedermann und jede Frau, die mit derselben Aufmerksamkeit behandelt werden wie die Konsumtempel á la Hauptbahnhof? Und wie wäre es, wenn unsere Viertel – vor allem die migrantischen Arbeiterviertel – dieselbe Aufmerksamkeit bekämen wie die schicken Villenviertel? Aber in Merz’ engem Universum, das er predigt, kommt das nicht vor. Deshalb sind auch gleich wieder Tausende in Berlin gegen ihn auf die Straße gegangen unter dem Slogan „wir sind die Töchter“.
Merz verfolgt die Linie von Trump: laut provozieren, den Frust der Leute ausnutzen und gegen andere richten, Ängste über „die Sicherheit“ aufbauschen. Wohl fühlt sich Merz bei seinen weißen Altherren-Kumpels, die alle gleich aussehen mit ihrem abgehobenen Millionärsgehabe und Privatjet-Stolz, mit denen er so gerne die Angriffe gegen die gesamte Arbeiterklasse orchestriert. Nein Danke. Auf dieses enge „Stadtbild“ von Merz haben wir keinen Bock.
Die Welt derArbeitenden ist größer, vielfältiger und vor allem solidarisch
Unser Weltbild ist zum Beispiel das der streikenden Lieferando-Beschäftigten. Wie bei Wolt und anderen Lieferdiensten haben die meisten Beschäftigten eine migrantische Geschichte und prekäre Aufenthaltstitel. Aber sie streiken und lassen sich nicht in noch miesere Ausbeutung bei Subunternehmen verdrängen. Es gibt auch regelmäßig Proteste gegen die vielen Kürzungen, denen man sich anschließen kann. In unser Weltbild gehören auch die Tausenden Arbeitenden in Griechenland, die letzte Woche einen Generalstreik auf die Beine gestellt haben gegen die gesetzliche Ausweitung des Arbeitstages auf 13 Stunden (plant auch die Bundesregierung!). In die Aufzählung gehören auch zwei große Protesttage in Frankreich gegen die Sparmaßnahmen der französischen Regierung (die Bundesregierung hat dieselben Pläne). In Belgien war auch ein Tag Generalstreik letzte Woche. Auch die Palästina-Solidaritätsbekundungen haben nicht gestoppt.
Oder Marokko! Seit Wochen protestieren die Menschen, vor allem die jungen Leute der Generation Z. Sie verlangen eine korrekte Gesundheitsversorgung statt teurer Fußballgames. Dieser Protest reiht sich ein in eine globale Welle großer Proteste, bei denen die Jugend in der ersten Reihe steht. Oft mit schwarzen Fahnen und dem Symbol der Anime-Serie „One Piece“, einen Piratenschädel mit Strohhut: Kenia, Nepal, Madagaskar…. In Peru begannen die Proteste vor einem Monat, weil die jungen Menschen bessere Renten und Löhne verlangen und sich gegen die Korruption der herschenden Politiker wehren.
Vor solchen Protesten hat Merz Schiss. Letztens in der Talkshow bei Miosga hat er über die „nächste große Reform“ gesprochen und dass er keine Gelbwesten, keine Streiks und keine Proteste wie in Frankreich wolle. Er will, dass wir widerstandslos alles ertragen! Deshalb kommt er mit seiner „Stadtbild“-Hetze um die Ecke, droht Leute abzuschieben und alles und jeden zu überwachen und zu sanktionieren. Damit sich alle wegducken. Diesen Gefallen werden ihm nicht tun. Und außerdem, so einen rassistischen Müll hatten wir schon mal. Schon mal haben sich Politiker an bestimmten Menschen im Stadtbild gestört und sie aus dem Blickfeld „vertrieben“. Das war vor ungefähr 90 Jahren. Das kam wie ein Bumerang zurück und hat sich böse gerächt. Nein Danke, brauchen wir nicht nochmal.
[Vorderseite unserer Betriebsflugblätter]
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