Wir brauchen keine Chefs!

Als Argentinien 2001 in eine tiefe Wirtschaftskrise stürzte, machten sich viele Unternehmer daran, ihre Betriebe dichtzumachen oder in andere, billiger produzierende Länder abzuwandern. Nachdem die Menschen im Land mehr als vier Jahre Rezession ertragen hatten und 2001 mehr als die Hälfte der Bevölkerung von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung betroffen war, entschlossen sie sich zur Gegenwehr. Sie besetzten ihre Fabriken und brachten sie wieder in Gang – unter Arbeiterkontrolle.

Denn wer sonst weiß besser, was und wie produziert werden soll, wenn nicht die Arbeitenden und die Bevölkerung… die Chefs wohl eher nicht, schließlich hatten sie die Betriebe in die Überproduktion und schließlich in die Pleite gewirtschaftet! Noch heute befinden sich in Argentinien mehr als 200 Betriebe unter Arbeiterselbstverwaltung. In Vollversammlungen wird offen dargelegt, was produziert und wie viel erwirtschaftet wurde. Jeder Kollege weiß, wie es um den Betrieb steht. Die Löhne werden gemeinsam festgesetzt und jeder kann sich einmischen. Arbeitszeiten und Arbeitsorganisation werden zusammen geplant. Gemeinsam wird geklärt, an wen die Ware zu welchem Preis verkauft werden soll, ohne jegliches Profitstreben. So kommt es z. B., dass Schulen oder Krankenhäuser weniger für Brot, Wäsche und dergleichen zahlen.
Innerhalb der vergangenen 7 Jahre mussten die Arbeiter einem mächtigen Druck standhalten, denn viele Unternehmer störten sich an „ihrem“ besetzten „Eigentum“ und versuchten mehrmals, die Fabriken räumen zu lassen. Klar, verlottern kann es ruhig, aber es sinnvoll zu nutzen gehört verboten. Doch gemeinsam mit Studierenden, Nachbarschaftsorganisationen und dergleichen haben sie es bis heute geschafft, die Angriffe von oben abzuwehren und sich nicht spalten zu lassen.

Natürlich sind diese Betriebe genauso „marktabhängig“ wie alle anderen auch. Sie sind quasi kleine Inseln in einem immer härter werdenden Kapitalismus, die versuchen „gesellschaftlich sinnvoll“ zu produzieren. Doch eines beweisen sie: es geht auch ohne Chefs!

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