Tarifverhandlungen Öffentlicher Dienst: Nach dem Streik ist vor dem Streik!?

Seit dem 06. April 2023 läuft das Schlichtungsverfahren im Öffentlichen Dienst für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen. Dieses folgt zwar einem engen Zeitplan, unterbricht aber dennoch eine Streikbewegung, deren Forderungen von vielen Kolleg:innen als so dringlich empfunden werden, und in der sich einige hunderttausend Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes bisher an den Warnstreikaktionen beteiligten.

Mit reichlich medialer Aufmerksamkeit wurde der sog. Megastreik am 27. März vor allem im Verkehrssektor von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Bahngewerkschaft EVG begleitet. Schnell wurden Forderungen z.B. seitens der Arbeitgeberverbände nach einer Einschränkung des Streikrechts laut. Merke: Das Streikrecht ist für Manager:innen und viele politisch Verantwortliche nur so lange ein wichtiges Grundrecht, wie es von den Belegschaften nicht oder nur so eingesetzt wird, dass es nicht weh tut.

Dabei begleiteten die Gewerkschaften bisher die turnusmäßigen Tarifverhandlungen lediglich mit Warnstreiks, also einzelnen Streiktagen.

Die Gewerkschaft ver.di erhob offiziell bereits im Oktober 2022 die Forderung nach einer Lohnerhöhung von 10,5%, aber mindestens 500 Euro mehr, dies bei einer Laufzeit von 12 Monaten.Für Auszubildende werden 200 Euro Erhöhung der Vergütung und eine unbefristete Übernahme gefordert. Die Forderungswünsche der Kolleg:innen waren allerdings angesichts der drastischen Preissteigerungen bei Lebensmitteln, Energie usw. teilweise deutlich höher gewesen. So hatte die Berliner Krankenhausbewegung eine Erhöhung von 19% und einem Sockelbetrag von 500 Euro gefordert. Zudem sollten im Schichtdienst endlich die Pausen als Arbeitszeit gewertet werden, um so auch das Thema Arbeitszeiten wieder zum Inhalt von Tarifverhandlungen werden zu lassen. Bei der Berliner Stadtreinigung BSR hatten die Beschäftigten 16% Lohnerhöhung gefordert, um ein Zeichen zu setzen.

Mit dem 1. Januar 2023 lief dann die sogenannte Friedenspflicht aus, also Streiks waren rechtlich erlaubt.

Tarifverträge im Öffentlichen Dienst – ein verwirrendes Knäuel an Regelungen

Der Öffentliche Dienst ist in seiner Tariflandschaft recht zerfleddert, so gibt es neben dem derzeit verhandelten Tarifverträgen TVÖD (Bund) und TVÖD- VKA auch den Bereich der Bundesländer mit dem TV- L. Bei vielen outgesourcten Betrieben gelten sogenannte Haustarife, also Tarifverträge speziell nur für diesen Betrieb, oder es herrschen auch tariflose Zustände, also gar keine Tarifverträge und die Betriebe legen selbst die Arbeitsbedingungen und Entgelte fest. So ist es oft recht unübersichtlich, welche Belegschaften zu welchem Tarifgebiet zählen und wer derzeit sich an den Warnstreiks beteiligt. In Berlin sind es aber so wichtige Betriebe wie die Berliner Stadtreinigung BSR, die Wasserbetriebe, das Studentenwerk, die Kliniken Jüdisches Krankenhaus, Charité und Vivantes. Bei letzterem Konzern sind die ausgegründeten Tochterfirmen über Haustarife an den TVÖD gekoppelt, so dass dort ebenfalls Streiks erfolgen.

Verhandlungen geprägt von Langeweile und Provokation – aber begleitet von Warnstreiks

Bereits im Oktober 2022 waren mit Vertreter:innen der Bundesrepublik und dem Arbeitgeberverband „Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber“ (VKA) drei Verhandlungsrunden bis Ende März 2023 eingeplant. Zu den Ritualen der Tarifverhandlungen in Deutschland gehört eben eine „gute“ und langfristige Planung. Krise und Inflation hin oder her, soll keiner sagen, dass hierzulande nicht alles seinen geordneten Gang geht. unter Kontrolle der Gewerkschaftsapparate.

Zur ersten Verhandlungsrunde im Januar lagen zwar die Forderungen der Beschäftigten auf dem Tisch, aber die „Arbeitgeber“seite erschien in Potsdam, dem Ort der Verhandlungen, ohne jedes Angebot. Grund genug, Druck zu erzeugen und zu verdeutlichen, dass die Forderungen von sehr vielen Beschäftigten getragen werden. Die ersten Warnstreiks begannen. Häufig in der Form von Arbeitsstreiks. Dies sind Streiktage zu denen einzelne Gewerkschaftsaktive persönlich aufgerufen werden, um sich auszutauschen und die weiteren Streiktage oder auch Demonstrationen vorzubereiten.

In der zweiten Verhandlungsrunde im Februar sahen sich die Chefs nun doch bemüßigt, ein Angebot vorzulegen. Und das saß – als schallende Ohrfeige für die Beschäftigten. Geboten wurden: eine Lohnerhöhung von 5% in zwei Schritten beginnend ab dem 01.10.2023 (!) garniert mit 2 Einmalzahlungen von insgesamt 2500 Euro. Dies bei einer Laufzeit des Vertrages von 27 Monaten. Die Einmalzahlungen werden natürlich nicht wirksam für die Lohntabellen und verpuffen angesichts der dauerhaft hohen Preise. Weder für die Auszubildenden noch für die Beschäftigten sollte es einen Mindestbetrag geben, um den ihre Löhne steigen. Es kommt noch besser für Beschäftigte in den Kliniken. Sollten die Kliniken nämlich in wirtschaftliche Probleme kommen, möchten Frau Faeser (SPD-Bundesinnenministerin und Verhandlerin) und der Kommunaler Arbeitgeberverband eine Möglichkeit erhalten, die Löhne der dort jeweils Arbeitenden um bis zu 6% abzusenken. Das würde sich dann Zukunftssicherungstarifvertrag (Zu-Si) nennen. Ein Instrument, welches bereits bekannt ist und bei älteren Kolleg:innen üble Erinnerungen wach werden lässt.

Bundesweit wurden die Streiks nun ausgeweitet. Aber noch immer wurde nur zu versetzten Streiktagen aufgerufen. Selbst in einem einzelnen Bundesland streikten nicht alle dem TVÖD unterliegenden Belegschaften zeitgleich und es blieb bei jeweils einem oder zwei zusammenhängenden Streiktagen. Gerade für Krankenhäuser ist diese Streikform sehr schwierig umzusetzen, da die Schließung von Klinikeinrichtungen oder Patientenbetten im Rahmen eines Streiks einen mehrtägigen Vorlauf benötigen. Die in den Streiks Aktiven sahen durchaus, dass sie mit dem Problem, dass oft genug am Ende des Monats der Lohn nicht mehr reicht, nicht alleine dastehen und forderten gemeinsame Streiktage z.B. mit den ebenfalls gerade mit der Bahngewerkschaft EVG in der Tarifauseinandersetzung stehenden Kolleg:innen bei den Bahnen. Bei einer Versammlung der Berliner Streikbewegung wurden auch gemeinsame Streiktage mit den Lehrer:innen gefordert. Diese versuchen gerade, einen „Tarifvertrag Entlastung“ durchzusetzen. Ein Thema, welches dem Krankenhauspersonal bestens vertraut ist. Aber entgegen der Forderung der Streikenden gab es bisher zu keine gemeinsamen Arbeitsniederlegungen. Die Gewerkschaftsapparate von ver.di und der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben sich bisher dagegen entschieden; ob Zerwürfnisse der Verantwortlichen in den Apparaten der Grund ist oder bewusste Entscheidung oder beides ist egal; das Ergebnis ist dasselbe: Die Apparate bremsen die Vereinigung der Arbeitskämpfe aus.

Vorläufiger Höhepunkt

Am 27. März 2023 begann die dritte Verhandlungsrunde. Endlich die Gelegenheit für einen gemeinsamen Streiktag mit den Kolleg:innen bei den Bahnen. Etwa 5.000 Menschen begleiteten den Auftakt der Verhandlungsrunde in Potsdam. Bundesweit kamen der Fernverkehr und weite Bereiche des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zum Erliegen. Doch die Langeweile in den Verhandlungsräumen blieb. Es gab kein neues Angebot. Zwei Tage vergingen ohne dass Maßgebliches passierte. Jedenfalls drang nichts an Informationen, was da wirklich drei Tage lang passierte, nach außen. Haben die sich nur drei Tage angeschwiegen oder Witze erzählt? Wie so oft, ging es bis in die Nacht hinein. Die Gerüchteküche berichtet von Uneinigkeit und hohem Abstimmungsbedarf zwischen den Vertreter:innen von Bund und VKA. Sie legten noch immer kein schriftliches Angebot vor, sondern stellten ein paar Gedanken in den Raum. Lohnerhöhung 7%, aber mindestens 300 Euro brutto und Einmalzahlungen von 3.000 Euro, dabei sollte die Laufzeit 24 Monate nicht unterschreiten. Und auch die Idee eines „Zukunftssicherungstarifvertrages“ für Kliniken schwebte wohl weiter im Raum. Genug für die Verhandler:innen von ver.di, der Bundestarifkommission nahezulegen, ein Scheitern der Tarifverhandlungen zu erklären. Ohne Gegenstimme folgte dies dann auch. Anderntags erklärte sich Frau Faeser und war ganz enttäuscht. Sie hätten so gerne noch weiterverhandelt, aber ver.di habe ja nicht gewollt… Die Teilnehmenden berichteten allerdings, dass die Räume in dem Tagungshotel nur bis zu diesem Morgen gebucht waren. Sinnbildlich für ihr Gerede von Anerkennung und Augenmaß.

Verhandlungen gescheitert- Und wie geht es weiter?

Überraschung! Bund und Kommunaler Arbeitgeberverband haben ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. Diesem zu folgen, hat ver.di sich in einer langjährigen Vereinbarung schon 2011 selbst verpflichtet. 3 Tage nach dem Anrufen der Schlichter begann die mit dem Verfahren verbundene Friedenspflicht, also die Selbstverpflichtung der Gewerkschaft nicht zu Streiks aufzurufen. Die Kolleg:innen, die sich gerade warm gelaufen hatten, sind nun erst mal wieder gezwungen, ihre Wut über die Nichtangebote in sich hinein zu fressen.

Die Schlichtungsvereinbarung sieht zwar einen straffen Zeitplan für das Verfahren vor, aber seit dem 06. April 2023 sprechen von den Verhandlungspartnern benannte Kommissionen (je 12 Mitglieder) unter der Moderation der zwei Schlichter. Von den Chefs wurde aktuell Herr Milbradt und von ver.di Herr Lühr benannt. Lühr war viele Jahre Verhandler auf der „Arbeitgeber“seite. Was die Verantwortliche bei ver.di bewogen hat, ausgerechnet diesen Typen als Moderator auszuwählen, ist ihr Geheimnis. Deren Schlichtungsergebnis hat aber keinen bindenden Charakter, sondern ist Basis für die Fortsetzung von Verhandlungen. Am 17. April soll es ein Treffen von ver.di zu dem Schlichtungsvorschlag geben. Alles in allem laufen die Schlichtungsverhandlungen noch vermutlich bis 22. April im Geheimen weiter. Und danach? Mal sehn. Die Kolleg:innen des öffentlichen Dienstes werden hoffentlich sehr genau prüfen, was ihnen da vorgelegt wird und hoffentlich sich ihrer Stärke vor der Schlichtung erinnern und jedes Ergebnis unterhalb ihrer Mindestforderungen als ungenügend ansehen und entsprechend handeln. Ver.di hat eine Mitgliederbefragung angekündigt. Erst danach ist dann eine eventuelle Urabstimmung zur Streikbereitschaft vorgesehen.

So vergehen weiter Wochen und Monate, in denen die Inflation den Reallohn erheblich schmälert und viele Kolleg:innen auf Erspartes zurückgreifen müssen, um den Lebensunterhalt stemmen zu können. Viele Wochen in denen die Propagandamaschinerie von Politik und Wirtschaft gegen den Streik hetzen wird. Bisher gibt es in weiteren Teilen der Bevölkerung ein sehr hohes Maß an Verständnis für die Forderungen und für die Streiks der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes. Dies soll sich nach dem Willen der Chefs unbedingt ändern, denn Streiks im Öffentlichen Dienst sind für die Menschen schnell spürbar und führen zu Einschränkungen in deren gewohnten Abläufen. Hier soll das Erpressungspotential gegen die Streikenden moralisch aufgebaut werden.

Die Schlichtung hatten wir nicht auf dem Schirm“

Das sagten viele bei den Streiks Aktive, als sie vor der dritten Verhandlungsrunde bei Nachfragen zum weiteren Zeitplan von ihr hörten. Das ist auch nicht verwunderlich, denn in Deutschland gab es noch nicht oft die Situation, dass es zu Erzwingungsstreik, also unbefristeten Vollstreiks im Öffentlichen Dienst kommt. Und so ist diese Vereinbarung zwischen den Tarifparteien, die zuletzt im Jahre 2011 erneuert wurde, vielen einfach nicht bekannt oder präsent gewesen.

Trotzdem gab es schon vor Monaten Anträge in der Gewerkschaftsbasis, diese Vereinbarung umgehend zu kündigen, um ohne diese Zwangspause mit dem Schwung der ersten Streiks schneller in unbefristete Erzwingungsstreiks gehen zu können. Doch die Anträge sind in den Ebenen der Gewerkschaftsbürokratie, absichtlich oder nicht, stecken geblieben. In Zusammenschau mit dem Tarifabschluss bei der Post ist ein Misstrauen gegenüber dem Willen der Gewerkschaftsführung, im Bedarfsfall die Streiks wieder aufzunehmen und schnell auf den gesamtem Tarifbereich auszudehnen, durchaus angebracht. Zur Erinnerung: Die Verhandlungen bei der Post wurden zunächst bei einem völlig unzureichenden Angebot als gescheitert erklärt und ver.di führte eine Urabstimmung durch. 86% der Mitglieder der Gewerkschaft sprachen sich für den unbefristeten Streik aus. 2 Tage später empfahl die Verhandlungsführung und die Tarifkommission von ver.di die Annahme eines nur geringfügig nachgebesserten Angebotes und feierte diesen Kompromiss öffentlich und ohne die Abstimmung der Mitglieder abzuwarten als Sieg. In der dann folgenden Abstimmung sprachen sich lediglich 62% für die Annahme des Angebotes aus. Folge war die Beendigung des noch nicht begonnenen Streiks .

Schlichtungsvereinbarung als Reaktion auf erfolgreichen Streik 1974

Aber was ist das überhaupt, diese Schlichtungsvereinbarung? Im Februar 1974 legten die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes erstmals in einem Erzwingungsstreik große Teile des öffentlichen Lebens lahm. Die Gewerkschaften, unter anderem die damalige Gewerkschaft für den Öffentlichen Dienst ÖTV (aus der später ver.di hervorging), forderten angesichts einer ca. 6%igen Preissteigerungsrate 14-15%, aber mindestens 185 Mark mehr Lohn. Die Regierung unter dem SPD-Bundeskanzler Willy Brandt wollte unbedingt eine zweistellige Lohnerhöhung verhindern. Die Gewerkschaften riefen vor allem in den gut organisierten Bereichen des Öffentlichen Nahverkehrs und der Entsorger (Müll etc.) auf. Etwa 190.000 Kolleg:innen beteiligten sich an dem Ausstand und setzten eine Lohnerhöhung von 11% durch. Innerhalb von nur 3 Tagen.

Eine Reaktion auf diese Dynamik war eben der Abschluss der besagten Schlichtungsvereinbarung, die über die Jahre hinweg fortgeschrieben wurde.

Der nächste flächendeckende Streik im Öffentlichen Dienst fand dann erst 1992 statt. Die Verhandlungen über Erhöhung der Löhne scheiterten und über 11 Tage streikten diesmal neben den Beschäftigten des Nahverkehrs und der Müllabfuhr auch Kolleg:innen bei der Bahn, Kitas, Krankenhäusern, Universitäten, der Post usw. Über 300.000 Beschäftigte legten die Arbeit nieder. Doch es wurde nur im Westteil des gerade vereinigten Deutschlands zum Streik aufgerufen. Ein Schlichtungsverfahren wurde eingeleitet. Das Schlichtungsergebnis sah eine Lohnerhöhung von nur 5,4% und eine Einmalzahlung von 750 Mark vor. Zuviel für die CDU- geführte Bundesregierung, die die Empfehlung ablehnten. Auch die Kolleg:innen lehnten das Ergebnis in einer Urabstimmung mit nur 44% Zustimmung ab. Damals wäre nach der Gewerkschaftssatzung eine Zustimmungsquote von mindestens 50% notwendig gewesen, um das Angebot anzunehmen. Es gab erneute Verhandlungen und Veränderungen im Tarifwerk ohne aber Änderung der Lohnerhöhung. Diese wenigen Änderungen genügten, dass der Gewerkschaftsvorstand und die Tarifkommission doch das Schlichtungsergebnis von nur 5,4% Lohnerhöhung annahmen. Der während der Schlichtung unterbrochene Streik wurde nicht wieder aufgenommen. Vielleicht ist es aufgefallen? Jedenfalls war die Entscheidung der Gewerkschaftsverantwortlichen undemokratisch und löste heftige Diskussionen unter den Gewerkschaftsmitgliedern aus. Was war die Reaktion des Gewerkschaftsvorstands: Im Anschluss änderte die Gewerkschaft ÖTV ihre Satzung und es genügen fortan nur noch 25% Zustimmung zu einem Verhandlungsergebnis, damit es als angenommen gilt und um einen Arbeitskampf zu beenden.

Eine weitere ebenfalls langfristig angelegte Reaktion auf den Erfolg der Beschäftigten 1974 und die Zitterpartie für die Regierung 1992 ist die Zersplitterung des Öffentlichen Diensts . Zwar wurden mit der Gründung der Gewerkschaft ver.di auf Gewerkschaftsebene Bereiche, die bisher in unterschiedlichen Gewerkschaften organisiert waren, zusammengefasst, aber 2003 beendeten die „Arbeitgeber“ die Verhandlungsgemeinschaft der drei Ebenen der staatlichen Verwaltung Bund, Land, Kommunen.

2006 war dann auch das Jahr in dem neben dem Tarifvertrag TVÖD für die kommunalen und Bundesbeschäftigten der Tarifvertrag für die Landesbeschäftigten TV- L in Kraft trat. Die sogenannten Liberalisierungsmaßnahmen seit den 90er Jahren haben außerdem zu diversen Privatisierungs- und Outsourcing-Maßnahmen bei Bahn, Post, Ver- und Entsorgern usw. geführt, die auch ihre eigenen Tarifverträge haben, so dass wir heute einen fast undurchdringlichen Dschungel an Tarifverträgen und betrieblichen Regelungen mit unterschiedlichen Lohntabellen und Arbeitsbedingungen haben.

Die Geschichte der Spaltungen der Belegschaften durch Staat und Wirtschaft kann hier noch um einige Anekdoten verlängert werden. Aber nun haben wir 2023 und 500.000 Kolleg:innen haben sich bereits an den Streiks beteiligt. Mehr als je zuvor, trotz Zersplitterung der Tariflandschaft, Outsourcing usw. Die Forderungen sind mehr als berechtigt. Die Zustimmung in der Bevölkerung ist groß. Mehr Mitglieder der Gewerkschaft wollen sich in die Entscheidungen einbringen und ihren Streik z.B. als Teamdelegierte auch selbständiger organisieren. Über 50.000 Kolleg:innen sind neu der Gewerkschaft beigetreten.

Eine Schlichtung mag nur eine einige Wochen dauernde Unterbrechung einer Dynamik in einem Arbeitskampf sein, aber sie bietet den Chefs gute Gelegenheit, sich besser auf einen Arbeitskampf einzustellen, diesen in seiner Wirkung abzuschwächen, gegen die Streikenden zu hetzen, Einfluss auf führende Köpfe in den Gewerkschaften zu nehmen usw. Darum muss schnell gelten: Nach dem Streik ist gleich wieder Streik.

11. April 2023

zum Weiterlesen:

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