Geldstabilität und Bitcoin-Hype im Kasino-Kapitalismus

In der Januar-Ausgabe der Aurora haben wir uns im Artikel „Ist das Geld an allem Schuld?“ mit Funktion und Geschichte des Geldes beschäftigt und sind zu der Schlussfolgerung gekommen, dass es nicht in erster Linie das Geld, sondern die kapitalistische Produktionsweise als Ganzes ist, die für Ungerechtigkeit und Ausbeutung verantwortlich ist. Wir haben dargestellt, wie das Geld selbst ursprünglich eine Ware war, die produziert werden musste (zum Beispiel Gold) und daher einen eigenen Wert besaß, während später staatliche Institutionen den Wert des Geldes garantierten. Das allermeiste Geld heutzutage besteht nicht mehr aus Bargeld, sondern ist nur als Ziffern auf Bankkonten oder anderen Depots vorhanden – also als Buch– oder Giralgeld. Und auch das Bargeld besteht in der großen Masse aus Banknoten, also aus Papier, das in der Herstellung kaum etwas kostet.

Billiges Geld und Inflation

Doch in dem Moment, wo Geld keinen „inneren Wert“ mehr hat, ist auch eine neue Möglichkeit der Geldentwertung gegeben, der Inflation. Woher weiß man, dass ein 50-€-Schein tatsächlich einen bestimmten Wert hat? Und dass das Geld auf dem eigenen Konto wirklich existiert? Wenn Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Banken aufkommen, kann es zu einem „Bank-Run“ kommen, wie in Griechenland im Jahr 2015. Wenn viele Menschen das Vertrauen verlieren und ihr Geld „sehen“, also abheben wollen, stellt man fest, dass es nicht ausreichend vorhanden ist und Banken geraten in Zahlungsunfähigkeit.

Normalerweise sollen die Staats- oder Notenbanken die Geldstabilität garantieren, in Europa die Europäische Zentralbank (EZB). Doch in Fällen akuter Wirtschaftskrisen kann sich der Geldwert schnell verflüchtigen. Klassisches Beispiel ist die Hyperinflation in Deutschland von 1923, als der deutsche Staat die Notenpresse anschmiss, um die Schulden des verlorenen Krieges zu bedienen, und ein US-Dollar am Ende des Jahres über 600 Mrd. Reichsmark kostete! Auch heute noch haben Länder mit schwächelnden Wirtschaften immer wieder mit dem Absturz ihrer Währungen zu kämpfen, aktuell zum Beispiel der Libanon, Argentinien oder auch die Türkei. Inflation bedeutet insbesondere für die Arbeitenden oft extreme Preissteigerungen für Lebensmittel, während das Großkapital oft noch davon profitieren kann, indem es sein Geld in „dauerhafte Werte“ wie Immobilien oder Fabriken investiert.
Seit der letzten Finanzkrise haben die Notenbanken der Industrieländer, insbesondere der EU und der USA, die Finanzmärkte mit billigem Geld geflutet.Der Leitzins, zu dem die EZB Geschäftsbanken Geld leiht, liegt bei 0 % und für das „Parken“ von Geld fallen bei ihr sogar Negativzinsen an – die Banken zahlen also für ihre Einlagen an die EZB.

Trotz vieler Unkenrufe hat sich aber trotzdem keine Inflation eingestellt. Denn ganz andere kapitalistische Widersprüche als 1923 bestehen aktuell: Weltweit hat sich soviel Kapital angehäuft, dass es längst nicht mehr annähernd produktiv investiert werden kann. Es gibt einen krassen Überfluss an Reichtum – in den Händen von sehr wenigen Leuten.

Das hat schon zur letzten Finanzkrise geführt. Und trotz des „billigen Geldes“ (vom Standpunkt der Investoren: man braucht kaum Zinsen auf Kredite zu zahlen) gibt es keinen Wirtschaftsboom.

Bitcoins im Höhenflug

Um nicht auf die Notenbanken angewiesen zu sein, gibt es seit einigen Jahren die Idee der Krypto-Währungen, von denen Bitcoin die bekannteste ist. Diese „Währung“ wird nicht durch Staaten garantiert, sondern sie lebt von dem Vertrauen, das die Nutzer*innen in sie setzen.

Um eine Inflation zu verhindern, soll die Geldschöpfung nicht von einer zentralen Ausgabestelle besorgt werden, sondern wie beim alten Gold durch „schürfen“. Allerdings geht es um „digitales schürfen“: Dafür müssen hoch-komplexe Rechenaufgaben gelöst werden, die auch die Verschlüsselung des Zahlungsverkehrs absichern.

Dieses „Schürfen“ wird mittlerweile in großen Rechnerparks gemacht, was unglaublich viel Energie verbraucht: Der CO2-Ausstoß für das Erzeugen von Bitcoins ist so groß wie der von ganz Neuseeland, der Strom-verbrauch größer als der von Österreich und eine einzige Bitcoin-Transaktion verbraucht soviel Strom wie ein durchschnittlicher US-Haushalt in drei Wochen!1

Als echte Währung funktionieren Bitcoins nicht, denn man kann damit kaum normal einkaufen und mit der Preisstabilität ist es auch nicht weit her.

Dafür sind sie aber ein hervorragendes Spekulationsobjekt: Allein 2017 ist ihr Kurs von 1.000 auf 20.000 US-$ explodiert, fiel dann wieder auf 3.500 $ Anfang 2019, und aktuell hat er ein neues Rekordhoch von 48.000 $ erreicht, nachdem auch Tesla-Chef Elon Musk angekündigt hat, massiv in Bitcoins zu investieren.2

Von seinen Erfindern wurden Bitcoins gerne als „krypto-anarchistisches“ Projekt verkauft, da man die staatliche Autorität der Notenbanken untergrabe. Doch in Wirklichkeit ändern Bitcoins nichts an den Machtstrukturen in der Weltwirtschaft. Sie werden nicht nur von Nerds, sondern auch von Rechten abgefeiert, vor allem aber können diejenigen mit ihnen zocken, die es sich leisten können.

Referenzen

1 https://digiconomist.net/bitcoin-energy-consumption/

2 https://taz.de/Die-Bitcoin-Blase/!5746372/

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