Ein Kampftag für offene Grenzen

Am 23. März, dem internationalen Tag gegen Rassismus und Faschismus, war Paris Schauplatz einer Kampfansage an die Festung Europa. Zunächst demonstrierten am Nachmittag Tausende beim „Marsch der Solidarität“, im Anschluss gab es ein internationalistisches Meeting mit Beteiligung von verschiedenen revolutionären Kräften aus Italien, Spanien, Frankreich und auch der österreichischen und deutschen RSO.

Unter dem Motto „Freiheit, Gleichheit, Papiere!“ wurde zur Demonstration mobilisiert, an deren Spitze selbstorganisierte Komitees von sans-papiers standen, also „Papierlosen“, illegalisierten Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung. Doch die Solidarität bezog sich auch auf die Palästinenser:innen, die zu Zigtausenden ermordet werden, wobei die französische Regierung genauso Komplizin ist wie die deutsche.

Dieser Aktionstag fand statt vor dem Hintergrund einer Asylrechtsverschärfung, die als Gesetz „Darmanin/Le Pen“ bekannt ist, denn der französische Innenminister Darmanin konnte sie nur mit­hilfe der Stimmen von Le Pens rechtsradikalem Rassemblement National durchs Parlament bringen. Die Regierung von Präsident Macron hat diese Stimmen bekommen, weil das Gesetz rassistische Maßnahmen umsetzt, die von der radikalen Rechten seit langem gefordert werden (Schlechterstellung von Migrant:innen, Ausweitung von Abschiebungen, erschwerter Zugang zu Aufenthaltsgenehmigungen). So viel zu dem heuchlerischen Gerede der bürgerlichen Parteien, sie seien eine „Brandmauer“ gegen rechts!

Papiere für alle! – Eine „Regularisierung“ aller Illegalisierten, war deshalb die erste Forderung in der Demonstration. In Reden wurde auch Bezug genommen auf den seit Monaten andauernden Kampf von minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten, denen in Paris Unterkünfte verweigert werden und die durch Selbstorganisation und Besetzungen schon Hunderte Unterbringungen durchsetzen konnten.

Hinter den Blöcken unterschiedlicher Kollektive von sans-papiers liefen viele lautstarke, dynamische und kämpferische Blöcke der verschiedenen Organisationen der revolutionären Linken, aber auch Gewerkschaften waren vertreten.

Gelebter Internationalismus!

Am Abend nahmen 850 Menschen – die meisten von ihnen kamen direkt von der Demonstration –an der Veranstaltung teil, die von unserer französischen Schwesterorganisation NPA (Neue Antikapitalistische Partei) zusammen mit der italienischen Organisation Lotta Comunista (Kommunistischer Kampf) organisiert wurde. In vielen kämpferischen Reden – immer wieder von lauten Sprechchören unterbrochen – wurde die Festung Europas angeklagt, die Zehntausende unserer Klassenbrüder und -schwestern ermordet, indem sie sie im Mittelmeer ertrinken oder an mit Stacheldraht bewehrten Grenzzäunen umkommen lässt, nur weil sie Krieg und Elend entfliehen.

Im Redebeitrag der RSO ging unsere Genossin auf die Rolle Deutschlands als vorherrschende Macht innerhalb der EU ein: „Nachdem Deutschland 2015 beschlossen hatte, die eigenen Grenzen offen zu lassen, wurde es zum Vorreiter der Schließung der europäischen Außengrenzen. […] Es war Merkel persönlich, die den Deal mit Erdoğan ausgehandelt hat, der ihn zum Türsteher Europas machte. 6 Milliarden Euro für das Versprechen, Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak an der Weiterreise nach Europa zu hindern. Dabei hat Merkel vor der Unterdrückung der Kurd:innen beide Augen verschlossen. […] Die lybischen Warlords werden in Deutschland als ‚Küstenwache‘ präsentiert. Die deutsche Regierung ist direkt verantwortlich für Tausende Tote im Mittelmeer!“ Die Verleumdungen und Repression gegen die Palästina-Solidarität wurden genauso angeprangert wie die aktuellen rassistischen Debatten und Asylrechtsverschärfungen: „Die rechtsradikale AfD betreibt rassistische Hetze, doch es sind die Regierungen, egal ob CDU- oder SPD-geführt, die die Drecksarbeit machen und die rassistische Politik umsetzen.“ Um damit zu enden, dass „Millionen Menschen gegen die AfD auf die Straße gegangen sind. Zum Glück! Doch wir wissen alle, dass das nicht reichen wird. Wir müssen die kapitalistische Gesellschaftsformation bekämpfen, auf deren Fäulnis der Rassismus gedeiht!“

Für ein Europa ohne Bosse und ohne Grenzen – eine Revolution ist notwendig!

Unter diesem Motto treten unsere Genoss:innen der NPA zur kommenden Europawahl an. Selma, 28-jährige Busfahrerin und Spitzenkandidatin der Liste, rundete mit ihrer schwungvollen Rede einen gelungenen Abend ab:

„Wir sind stolz auf unseren Internationalismus, den wir auch praktisch werden lassen, wie mit der heutigen Veranstaltung. In diesen Zeiten, die mit reaktionären, rassistischen und nationalistischen Ideen vergiftet werden von all jenen, die sich um Spitzenämter in den bürgerlichen Staaten bewerben, kämpfen wir für eine Welt ohne Vaterland und Grenzen! Und auch ohne Bosse, denn all das hängt im kapitalistischen System zusammen!“

Sie führte Beispiele an, wie die Profitmacherei der Großkonzerne Millionen von Menschen zur Flucht zwingt … „Die zynischen Regierungen erzählen uns, als ob es sich um etwas Selbstverständliches handeln würde, dass wir ja nicht das ganze Elend der Welt bei uns aufnehmen könnten. Aber wie wäre es, wenn sie mal aufhören würden in der ganzen Welt das Elend zu verbreiten?! […] Einwanderung ist kein ‚Problem‘. Das Recht auf Freizügigkeit, egal aus welchen Gründen, ist nicht verhandelbar! Das Problem sind all die kriminellen Politikansätze, die darauf abzielen, einen Teil unserer Klasse – unserer Arbeitskolleg:innen – zu schwächen, indem sie ihre Aufenthalts-, Lebens- und Arbeitsbedingungen noch schwieriger machen!“ Und nachdem sie noch auf die Weltlage mit all ihren Gräueln eingegangen war, beendete auch sie ihre Rede mit der Schlussfolgerung: „Um all die Kriege zu beenden, damit Frieden, aber auch Gerechtigkeit herrschen, von Palästina über den Kongo bis zur Ukraine, müssen wir den Kapitalismus abschaffen!

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