Eine Übersetzung aus dem Französischen. Im Original erschien der Artikel am 12. Oktober 2020 als Editorial der Betriebsflugblätter unserer Gruppe „L’Étincelle“: « C’est de l’enfer des pauvres qu’est fait le paradis des riches » (Victor Hugo)
Vergangenen Freitag wurde der Friedensnobelpreis an das Welternährungsprogramm verliehen. Damit riskiert man nichts und es beschränkt sich darauf, Wohltätigkeit zu belohnen. Doch diese Institution erinnert zu Recht daran, dass 9% der Weltbevölkerung unterernährt ist und 135 Millionen Menschen zu verhungern drohen. 2020 gab es sogar in Frankreich wegen der Gesundheitskrise und der Welle der Entlassungen einen starken Anstieg der Anträge für Nahrungsmittelhilfe.
Die erste Ursache dafür ist der Arbeitsplatzverlust, wenn man alle nicht erneuerten befristeten Arbeitsverträge und die 151.000 abgebauten Stellen für Zeitarbeitskräfte hinzu zieht. Wegen der vergangenen und künftigen Entlassungen wird bis Ende des Jahres 10% Arbeitslosigkeit prognostiziert. Selbstständig arbeitende Unternehmer, Schwarzarbeiter, Studenten, Rentner und viele andere, die in der Periode der Ausgangssperre und danach prekär lebten, gerieten ins Elend.
Der Staat gab Almosen : Die Ärmsten erhielten 100 Euro Soforthilfe und Lebensmittelhilfen. Für die, die Miete zahlen und Kinder ernähren müssen, sind das lächerliche Maβnahmen.
Wegen der Gesundheitskrise – und der Reformen der Regierung ! – explodiert die Ungleichheit
Vor der Krise gab es schon acht Millionen Arme in Frankreich als Folge der vielen Reformen, die seit Jahren von linken und rechten Regierungen durchgeführt wurden. Die kräftige Kürzung des Wohnungsgelds hat die Unterstützungsbedürftigsten noch ärmer gemacht, in erster Linie die alleinstehenden Mütter, deren Mietunterstützung um 30% gesenkt wurde. Die zahlreichen Reformen, die das Arbeitsrecht drastisch schmälerten und so die Entlassungen leichter, die die Arbeit prekärer machten, haben den Angriffen der Fabrikbosse freien Lauf gelassen.
Macron, Präsident der Reichen ? Nein, Präsident der Ultrareichen !
Die Priorität von Macron seit Beginn seiner Amtszeit ? Die Armen ärmer und die Reichen reicher machen. Vor der Krise wurde die Vermögenssteuer (ISF) abgeschafft und durch die Immobiliensteuer (IFI) ersetzt. Eine einmalige Pauschalabgabe besteuert das Kapital nur um 30%, ohne progressive Staffelung. Diese Steuerreformen haben den Reichtum in wenigen Händen konzentriert ; dank dieser Reformen stiegen die Dividendenausschüttungen explosionsartig (schon seit 2018 stiegen sie um 60%) und die Einkommen der reichsten 0,1% konnten noch zunehmen
Seit der Krise machte die Regierung mehrere zehn Milliarden locker, « um die Unternehmen zu retten ». Man hat also die Entlassungen durch Fabrikbosse bezuschusst ! Für die ersten sechs Monate von 2020 hat Auchan einen Gewinn von 1,25 Milliarden erzielt und ist dabei, landesweit mehr als 1.400 Arbeitsplätze abzuschaffen. Von den 100 Milliarden Euro des am 3. September verkündeten Sanierungsplans sollen nur 800 Millionen an Hilfe für die Bedürftigsten investiert werden. Trotz der Reden der Regierung und der Politiker aus dem rechten und linken Lager, die die Krise als Vorwand benutzen, um die Arbeitenden zu entmutigen und sich alles gefallen zu lassen : Wer kann denn glauben, dass die Kapitalisten, die am finanziellen Tropf des Staates hängen, kein Geld mehr für die Löhne hätten ?
Die ArbeiterInnen nehmen erstmals Kontakt miteinander auf und organisieren erste Versammlungen
Aber die Beschäftigten, die man seit den letzten Wochen mit Entlassung oder mit der Schlieβung ihrer Werke bedroht, blieben nicht tatenlos. In der Luftfahrtindustrie in Toulouse, Bridgestone oder Béthune, oder in der Ölraffinerie von Grandpuits gibt es Beschäftigte, die mit lokalen Demonstrationen, Kontakt zu anderen Betrieben oder mit Fahrten nach Paris versuchen zu zeigen, dass sie sich weigern, für die Krise zu zahlen.
Am 17. Oktober haben ein paar lokale Gewerkschaften der CGT zu einer Demonstration in Paris aufgerufen. Diese Demonstration wird im Rahmen eines Marschs der undokumentierten Arbeiter stattfinden. Denn auch diese Arbeiter sind an erster Stelle von Arbeitslosigkeit bedroht.
Treffpunkt am 17. Oktober, 14 Uhr, Place de la République in Paris