
Am 5. Mai hat Israels Premierminister Netanyahu die „Intensivierung“ der militärischen Offensive in Gaza angekündigt. Am Dienstag verkündete er: „In den nächsten Tagen werden wir mit voller Kraft vorgehen, um den Einsatz abzuschließen.“ Es werde „keine Situation geben, in der wir den Krieg beenden“. Offen erklärte Netanyahu die Vertreibungspolitik: „Wir zerstören immer mehr Häuser, und die Menschen im Gazastreifen können nirgendwohin zurückkehren. Das einzige und unvermeidliche Ergebnis wird der Wunsch der Bewohner sein, den Gazastreifen zu verlassen“. Das ist nicht neu. Die Spitzenpolitiker Israels haben das bereits im Oktober 2023 angekündigt.
Nach den endlosen Bombardierungen stehen kaum noch Häuser im Gazastreifen. Große Flächen einstiger Städte und das meiste Agrarland hat die israelische Armee systematisch mit Bulldozern platt gemacht. Ein Drittel des Gazstreifens wurde zu einer „militärischen Pufferzone“ ausgebaut. Seit 10 Wochen kommt keine einzige Lieferung an Lebensmitteln, Medikamenten oder Wasser nach Gaza rein. Was soll da noch militärisch „intensiviert“ werden? Aber doch, seit drei Tagen haben die Bombardierungen einen neuen Höhepunkt erreicht, und die neue Offensive hat angefangen. Die Menschen sterben auch an Hunger. Die israelische Politikerspitze ist stolz, Hunger als Waffe gegen die Bevölkerung zu nutzen. Kinder sterben genauso wie Frauen und Männer. Gazas Kinder leiden, sind traumatisiert, sie haben die höchste Zahl an Amputationen weltweit. Auch wenn sie nicht direkt unter Bomben oder von Sniperschüssen sterben, haben sie kein Leben, keine Zukunft. In Gaza wird die Menschlichkeit getötet.
Mit der Militäroffensive hat Netanyahu auch einen Plan zur Aufnahme humanitärer Hilfe angekündigt. Aber der ist menschenverachtend und zynisch. Es sollen im Süden des Gazastreifens „Logistik- und Verteilungszentren“ eingerichtet werden. Die Umgebung werde überwacht vom israelischen Militär. Die Ausgabe von Hilfsgütern sollen private Hilfsorganisationen mit Hilfe privater US-Sicherheitsfirmen organisieren. Um sicherzustellen, dass die Palästinenser:innen nicht mehr abholen, als was ihnen der israelische Staat an Kalorien zugeteilt hat, – wenn sie es überhaupt in die Verteilungszentren schaffen -, soll ein Familienmitglied ein- oder zweimal im Monat eine elektronische Nachricht und damit das Recht erhalten, ein solches Verteilungszentrum aufzusuchen. Biometrische Gesichtserkennung und andere Überwachungstechnologie sollen zur Überwachung und Kontrolle eingesetzt werden.
OCHA, die UNO-Organisation für die Koordination humanitärer Angelegenheiten, bezeichnete diesen Plan als eine Politik des Abzählens von Kalorien für das absolute Minimum zum Überleben. Das Ziel ist, die Menschen im Gazastreifen zusammenzutreiben. Das ist eine Politik der völligen Entmenschlichung, des Aushungerns und der Vernichtung jeglicher Zukunft für die Menschen in Gaza.
Die Komplizenschaft der deutschen Politik
Der deutsche Präsident Steinmeier hat staatsmännisch gefordert, dass „die Blockade aufgehoben werden müsse“. Neu-Kanzler Merz sprach davon, dass es „eine humanitäre Verpflichtung aller Beteiligten [sei], dass eine Hungersnot schnellstmöglich abgewendet wird.“ Worte, nur Worte! Was sie real tun, ist das Gegenteil. Präsident Steinmeier empfing diese Woche den israelischen Präsidenten Herzog mit allen Ehren in Berlin, um dann im Anschluss mit ihm zusammen nach Israel zu reisen und mit Netanyahu an allen möglichen Feierlichkeiten teilzunehmen. Feierlichkeiten, die die 60jährige Freundschaft zwischen Deutschland und Israel festigen sollen. Im Februar hat Merz versichert, dass er Netanyahu, gegen den der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl wegen der Kriegsverbrechen in Gaza verhängt hat, nach Deutschland einladen wolle. Diese Woche hat er das wiederholt. Im April kam der Chef der israelischen Histradut nach Deutschland, um mit den Chefs der deutschen Gewerkschaften schamlos zu feiern. Der Berliner Bürgermeister Kai Wegner hat gerade Tel Aviv zur Partnerstadt ernannt, ohne den Völkermord auch nur zu erwähnen, dafür aber die gute Atmosphäre für Start-up-Unternehmen. Und die Bundeswehr hat gerade die ersten Teile des von Israel entwickelten Flugabwehrsystems Arrow 3 in Israel in Empfang genommen. Auch die militärischen Kooperationen laufen wie geschmiert. Wenn dann nebenbei ein paar Worte abfallen, dass es in Gaza doch wirklich sehr schlimm sei, bedeutet das nichts. Mit den Freundschaftsbesuchen diese Woche haben Merz und Steinmeier Israel grünes Licht gegeben für die neuen intensivierten Angriffe in Gaza.
Anstatt die israelische Regierung an den Pranger zu stellen, nutzen Politiker wie Wegner und Merz jede Gelegenheit, diejenigen zu attackieren, die gegen den Völkermord den Mund aufmachen und auf die Straße gehen. Nicht die palästinasolidarischen Demonstrant:innen, die in Berlin am Nakba-Tag protestiert haben, sind die Gewalttäter. Es war die Polizei, die die Kundgebung angegriffen hat. In Wirklichkeit gewalttätig sind auch alle die Politiker:innen, die nun weitere Einschränkungen des Demonstrationsrechtes fordern und nach langen Haftstrafen schreien. Das ist Teil der Komplizenschaft mit der israelischen Regierung. Diese Repression richtet sich heute gegen die palästinasolidarischen Menschen. Aber morgen kann sich die Einschränkung demokratischer Rechte gegen alle richten, die mit der herrschenden Politik nicht einverstanden sind.
Für einen sofortigen, bedingungslosen und dauerhaften Waffenstillstand!
Das Massaker an den Palästinenser:innen muss sofort enden. Lassen wir nicht nach, unsere Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung zu zeigen. Dieses Wochenende wird es wieder mehrere Demonstrationen geben. Stop the Genocide!

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