Wer zahlt für Corona?

In diesen Tagen zeigen die Regierenden mal wieder, was sie von arbeitenden Menschen halten: Wir sollen arbeiten gehen, sonst nichts. Beim neuen „Lockdown light“, der am Dienstag von Merkel und Länderchefs verhandelt wurde, bleiben diesmal Schulen und Kitas offen, damit die Kinder betreut sind und die Eltern verfügbar bleiben. Als Arbeitskräfte sollen wir das Land und vor allem die Profite für die Reichen am Laufen halten, uns täglich am Arbeitsplatz und in überfüllten Bahnen dem Virus aussetzen, aber Freizeit und Freunde bitte nicht mehr und ansonsten: Ruhig bleiben!

Öffentlicher Dienst: Kampfbereitschaft ist vorhanden

Auch beim TVÖD wurde die „Wertschätzung“ für Beschäftigte deutlich: Wert haben sie, wenn sie arbeiten. Streiken oder Forderungen stellen sollen sie aber nicht. Bund und Kommunen unter Verhandlungsführung von Innenminister Seehofer hatten darauf gesetzt, die Corona-Pandemie schamlos auszunutzen: Einerseits, indem erklärt wurde, die öffentlichen Kassen seien durch Corona leer, andererseits, indem Stimmung gegen angeblich unverantwortliche Streiks gemacht wurde. So gewappnet war der Staat mit der Forderung einer Nullrunde in die Verhandlungen gestartet.

Aber diese Strategie war dann doch allzu dreist: Hunderte Milliarden haben die öffentlichen Haushalte in der Corona-Krise innerhalb kürzester Zeit für Banken und Konzerne zur Verfügung gestellt. Und dann soll man glauben, eine Lohnerhöhung scheitere an Geldmangel? Die Streikbereitschaft war groß und an den Warnstreiks haben sich Zigtausende bundesweit beteiligt. Das hat Druck erzeugt und die Nullrunde war schnell vom Tisch.

Schwacher Abschluss mit ellenlanger Laufzeit

Am Ende wird der Staat den vom TVÖD erfassten 2,3 Millionen Beschäftigten insgesamt 4,5 Mrd. Euro Lohnerhöhung in den nächsten zweieinhalb Jahren zahlen. Gerade halb so viel wie die Lufthansa, ein einziger Konzern, mal eben so bekommen hat! Seehofer konnte sichtlich zufrieden sein, denn man ist weit entfernt von der ver.di-Forderung von 4,8 % mehr Lohn für ein Jahr.

Die inzwischen übliche Verkaufsstrategie für maue Tarifabschlüsse besteht darin, eine lange Laufzeit zu vereinbaren und dann die Steigerungen über mehrere Jahre zu addieren. So kann man jetzt bei fast zweieinhalb Jahren Laufzeit von 3,2 % sprechen. Dabei gibt es für die ersten 7 Monate gar nichts und dann pro Jahr einmal 1,4 % und einmal 1,8 %. Das wird kaum mehr als ein Inflationsausgleich sein, und dafür soll die Waffe des Streiks für mehr als zwei Jahre wieder eingemottet werden.

Während eine Mindesterhöhung von 50 Euro zumindest die Ungleichheit zwischen den unteren und oberen Einkommensgruppen nicht noch weiter ansteigen lässt, ist es ansonsten ein unübersichtlicher Flickenteppich und bedeutet eine völlig inakzeptable Aufspaltung von Berufsgruppen: Pflegekräfte bekommen eine besondere Erhöhung. Sie brauchen auch dringend höhere Löhne, aber genauso dringend bessere Arbeitszeiten und Pausenregelungen und eine bessere Personalbesetzung, über die nichts gesagt wird. Und dass, obwohl die Pflegekräfte schon seit Jahren, auch mit Streiks, auf den Personalnotstand aufmerksam gemacht haben! Die Erhöhung jetzt wird nicht ausreichen, die Personalnot mittelfristig zu lindern.

Dagegen gibt es für Kolleg*innen in Sparkassen und Flughäfen sogar Kürzungen. Letzteren wird das angesichts der 9 Milliarden für die Lufthansa besonders sauer aufstoßen!

Streiken unter Corona: notwendig und machbar

In den sozialen Medien wurde gegen den Streik Stimmung gemacht. Doch Streik ist nicht ein Privileg, sondern eine Notwendigkeit. Die Krankenhausbeschäftigten haben deutlich gemacht: „Es ist der Normalzustand und nicht der Streik, der die Patienten gefährdet“. Politik und Konzerne versuchen, die Coronakrise auf dem Rücken der Arbeitenden auszutragen. Um zu verhindern, dass im Windschatten von Corona massive Angriffe auf unsere Lebensbedingungen stattfinden, brauchen wir eine massive Antwort der Arbeitenden, ein anderes Kräfteverhältnis muss den Interessen und Forderungen von Beschäftigten Gehör verschaffen. Statt also wie die Gewerkschaftsführungen die Vereinzelung von Streikaktionen zu kultivieren, die TVÖD-Runde vom Nahverkehr zu trennen und nur je einzelne Bereiche zu Streikkundgebungen zu versammeln, müssen Proteste und Streiks ausgedehnt und zusammengeführt werden!

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