
Gegen die Arbeitenden. Mit der neuen Regierung aus Österreichische Volkspartei (ÖVP), Sozilademokratische Partei Österreich (SPÖ) und NEOS (Das neue Österreich und liberales FOorum) feiert die Sozialpartnerschaft ein fragwürdiges Comeback: Sozialdemokratische Vertreter:innen von Österreichischem Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Arbeiterkammer (AK) dürfen das größte Sparpaket der Zweiten Republik als Regierungsmitglieder mitverwalten. Worauf es hinauslaufen wird? Steigende Armut, staatlicher Rassismus, ungebremster Klimawandel, kaputtgesparte Sozialsysteme …
Die Regierung feiert sich als vermeintliche Retterin der Republik, weil eine Regierungsbeteiligung der FPÖ und ihre autoritären Fantasien à la Orbán (vorerst) verhindert wurden. Der Frontalangriff auf die Arbeitenden kommt trotzdem, in Form des vermeintlich „kleineren Übels“ der Sozialpartnerschaft.
Sparen und Umverteilen
Um aufgrund zu hoher Schulden nicht aufs Radar der EU zu geraten, müssten bis 2028 24 Milliarden eingespart werden. Bisher waren dafür dieses Jahr 6 Milliarden vorgesehen, doch das schlechte Wirtschaftswachstum verlangt nun nach der doppelten Menge Einsparungen (weil Steuereinnahmen fehlen). Und alle in der Regierung und außerhalb sind sich einig: es muss gespart werden. Kein Wort dazu, wie das Defizit entstanden ist: Geschenke an Großunternehmen und Reiche im Zuge der „Corona-Hilfen“ – in ähnlicher Höhe des Budgetdefizits.
Die SPÖ hat sich mit einer symbolischen Bankenabgabe (Bankensteuer) und Zusatzsteuern auf Profite von Energieunternehmen abspeisen lassen. Die rund zwei Milliarden Euro Zusatzeinnahmen in fünf Jahren sind lächerlich. Das hat das Kapital allein durch Steuersenkungen der letzten Regierung wieder herinnen. Und: Die österreichischen Banken machten allein 2023 rund 14 Milliarden Euro Gewinn. Vom geplanten Sparpaket tragen die Hälfte normale Haushalte, nur ein Fünftel Unternehmen.
„Wichtige Schritte in die richtige Richtung“
…so sieht der ÖGB das neue Regierungsprogramm. Erbschafts- und Vermögenssteuern wären eh schön gewesen, aber leider nein. Man freut sich darüber, dass es eigene Ideen ins Regierungsprogramm geschafft haben (z.B. Kindergrundsicherung, Ausbau Gesundheitsversorgung). Die meisten davon bleiben vage und stehen „unter Budgetvorbehalt“ – werden also mangels Geld nicht umgesetzt werden. Massive Angriffe auf Arbeitslose und Sozialhilfe werden als Arbeitsmarktintegration umgedeutet. Von Maßnahmen gegen die Teuerung bleibt nur eine lückenhafte und zeitlich begrenzte Mietpreisbremse.
Gegenüber Migrant:innen und Geflüchteten gibt es die volle Härte – auch ohne FPÖ. Einige der Maßnahmen (wie Aussetzung des Asylrechts, Stopp des Familiennachzugs, benachteiligter Zugang zu Sozialleistungen) verstoßen gegen Verfassung, EU-Recht und Menschenrechte. Egal. Dazu kommen verstärkte Abschiebungen, erschwerter Zugang zur Staatsbürgerschaft, Einschränkung der Bewegungsfreiheit… Der ausufernde Rassismus wird weiter vorangetrieben, die FPÖ freut sich – nicht erst bei den nächsten Wahlen. Der ÖGB erwähnt all das in seiner „Analyse“ des Regierungsprogramms mit keinem Wort!
All diese Angriffe werden die Lebensbedingungen der Arbeiter:innenklasse zusehends verschlechtern. Fürs Kapital entsteht ein wachsendes Reservoir an noch weiter entrechteten, prekären und billigen Arbeitskräften – mit Geflüchteten und Migrant:innen auf der untersten Ebene.
Auch die fehlenden Maßnahmen gegen den Klimawandel und seine Auswirkungen werden den Arbeitenden teuer zu stehen kommen. Die Abschaffung von Klimabonus und ökologischen Förderungen (z.B. Heizungstausch) und die Verteuerung des Klimatickets treffen die Arbeitenden direkt. Der ungebremste Klimawandel wird das Leben verteuern (Lebensmittel, Energie…) und gesundheitlich zuschlagen (Tote und Verletzte durch Naturkatastrophen, Übersterblichkeit und Arbeitsbelastung während Hitzewellen…). Auch dazu sagt der ÖGB kein Wort.
Wer schaut auf uns?
Die neue Sozialministerin Korinna Schumann, bisher Vizepräsidentin des ÖGB, bringt die paternalistische, sozialpartnerschaftliche Stellvertreterlogik auf den Punkt: „Die Lage ist zwar nicht rosig. Aber diese Regierung schaut auf uns.“ Der ÖGB ist Teil der Regierung und wird die Arbeiter:innen nicht gegen die Angriffe mobilisieren, sondern versuchen Arbeitskämpfe und Protest zu unterbinden. Erfolgreicher Widerstand gegen die massive Offensive des Kapitals kann nur von einer klassenkämpferischen Bewegung der Arbeitenden selbst kommen. Dafür helfen weder Appelle an noch Hoffnungen in vermeintlich linke Teile des ÖGB.
Johannes Wolf, Wien
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