Klimawandel: Die schmutzigen Tricks der Konzerne

Der menschengemachte Klimawandel hängt zu einem sehr großen Teil an Kernsektoren der heutigen Wirtschaft, nämlich der Autoindustrie und der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas. Nicht umsonst haben sich diese Branchen jahrzehntelang gegen umweltfreundliche Veränderungen zur Wehr gesetzt und standen mit Unterstützung der Politik für ein verschmutzendes „Weiter so“.

Nun spielen sie ein doppeltes Spiel, um im Zuge von Maßnahmen, die mit Klimaschutz begründet werden – dabei eher selten dem Klima nützen – ihre Profite weiter hochzuhalten. Sie versuchen dabei auch, die Klimaproteste für sich zu instrumentalisieren. Wir wollen uns etwas genauer die Strategien dieser Konzerne in Deutschland und Österreich anschauen.

Die Energie-Konzerne besitzen weltweit insgesamt fünfmal so viele Reserven, wie verbrannt werden dürften, damit das zwei Grad Ziel eingehalten werden kann.1 Die Konzerne und ihnen verpflichtete Staaten lassen es sich viel kosten, Zugang zu den Reserven zu erhalten und die Kontrolle darüber zu behalten. Deshalb gibt es auch weltweit so viel Konflikte um Gegenden mit bekannten oder vermuteten Öl- und Gasreserven.

Die Konzerne werden nicht ohne weiteres auf diese Reserven verzichten, für die sie Geld investiert haben und aus denen sie ihren Profit ziehen. So wurden weltweit insgesamt über 25 Billionen Dollar investiert, um Schürf- und Abbaurechte für Öl- und Gasvorkommen zu bekommen, die bei einem Ausstieg aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas zum großen Teil wertlos werden würden.2 Aus ihren Profiten finanzieren die fossilen Energiekonzerne Kampagnen in den sozialen Medien aber auch ganze „wissenschaftliche“ Institute wie das EIKE-Institut oder die Heartland-Foundation, um den menschengemachten Klimawandel zu leugnen.3

Ähnlich wie beim geplanten Kohleausstieg in Deutschland, könnte unter Druck von Massenbewegungen, ein Ausstieg aus Öl und Gas festgelegt werden. An der Kohlekommission in Deutschland lässt sich gut ablesen, wie solch ein Ausstieg aussehen würde (vgl. auch Kasten). Die Unternehmen werden versuchen den Ausstieg möglichst lange hinauszuzögern und möglichst viel ihrer Investitionen in Profite umzuwandeln. Und wenn sie schließlich doch aus der Förderung aussteigen, werden sie ihre übrigen fossilen Reserven, das tote Kapital, nicht einfach abschreiben, sondern den Staaten in Rechnung stellen, wie es beim deutschen „Atom-Ausstieg“ oder dem „Kohlekompromiss“ gelaufen ist. Zu groß wären sonst ihre Verluste. Es ist daher davon auszugehen, dass die bürgerlichen Regierungen irgendwann und auf die eine oder andere Weise den Konzernen ihre Reserven abkaufen werden, damit diese die Förderung einstellen. Dass also wieder die Lohnabhängigen mit ihren Steuermitteln für die Klimakatastrophe bezahlen werden, die VerursacherInnen ungestraft davonkommen und weiter ihr Unwesen treiben können, was sich in Kürzungsprogrammen in Bereichen der Sozialfürsorge, der Gesundheit oder der Bildung ausdrücken wird. Ein beschleunigter Klassenkampf von oben würde alle verbliebenen Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung angreifen. Aber so wie es gerade aussieht, wird selbst dieser von den Arbeitenden und Erwerbslosen finanzierte „Ausstieg“ erst zu einem Zeitpunkt geschehen, an dem es zu spät ist, um dadurch den Klimawandel auf unter zwei Grad zu begrenzen.

Aber ist das Szenario der Kürzungen im sozialen Bereich nicht nur linke Propaganda? Ziehen wir zum Vergleich die „Bankenrettung“ 2007/8 heran. Die Banken hatten sich verspekuliert, faule Kredite vergeben und sich massiv verschuldet. Pleiten und vor allem große Verluste für die AktionärInnen drohten. Eingesprungen sind die Staaten und haben den Banken diese Kredite mit Steuergeldern abgekauft und eine sogenannte „Bad Bank“ daraus gebildet. Die Folge war eine Schuldenkrise der Staaten und fehlendes Geld für Renten, Soziales, Bildung und Kultur. Allein Deutschland hat die Bankenrettung 30 bis 50 Mrd. Euro gekostet.4

Und was versuchen die Energiekonzerne? Während die fossilen Energieträger verteidigt werden, halten sich alle gleichzeitig auch eine Sparte mit grüner Energie. Sie wollen sich einen grünen Anstrich geben, aber auch den Anschluss nicht verpassen und ihre „Produktpalette diversifizieren“ also aus mehr als nur Kohle und Öl Profite ziehen. Selbstverständlich hat auch RWE eine „Ökosparte“, feiert sich als weltweit zweitgrößter Windkraftproduzent auf See und verspricht bis 2040 „klimaneutral“ zu sein.5 Bis 2038 aber wird RWE sich an seine Kohlekraftwerke klammern. Deshalb ist es nicht einfach möglich, zwischen den „bösen“ fossilen Energiekonzernen und den „guten grünen“ Energielieferanten zu unterscheiden.

OMV – ein österreichischer Ölkonzern

Der größte Einzelemittent in Österreich ist die OMV, ein Öl- und Gas-Unternehmen, das zu ca. einem Drittel im Eigentum des österreichischen Staats ist. Der Vorstand schlägt vor, von Kohle auf Gas umzusteigen und warnt vor Klimahysterie. Mit der Umstellung auf Gas könne der CO²-Ausstoß um 50 Prozent gesenkt werden. Diese Argumente sind kein Zufall, immerhin ist die OMV auch am Bau der Gaspipeline North Stream 2 beteiligt, die 2020 in Betrieb gehen soll. Die OMV will führender Anbieter beim Gashandel von Nordwest- bis Südosteuropa werden. Im Geschäftsbericht zum Jahr 2018 steht: „Wir steigern Produktion, Profitabilität und Reserven […] Das Ziel bis 2025 lautet: Verdoppelung der Produktion auf täglich 600.000 Fass und der Reserven auf mehr als zwei Milliarden Fass Öläquivalent.” Ein Ausstieg aus fossilen Energien sieht anders aus!

Dass Staaten Miteigentümer der größten Klimazerstörer sind, zeigt, dass eine Verstaatlichung allein nichts ändert. Solange die bürgerlichen Staaten, von den Lobbyisten der Konzerne beherrscht, die Energiekonzerne „kontrollieren“, wird sich nichts ändern. Etwas anderes wäre eine Enteignung unter der Kontrolle der Arbeitenden und der Klimabewegung!

Wie die Autokonzerne sich gesundstoßen wollen

Aber es sind auch nicht die Ölkonzerne alleine, die für die Umweltzerstörung verantwortlich sind. Unschuldig argumentieren sie, dass sie ja nur das Benzin verkaufen, verbrannt werde es in den privaten Autos. Deshalb muss neben der Macht der Energiekonzerne auch die Macht der Autoindustrie gebrochen werden, von der drei internationale Schwergewichte (VW, Daimler und BMW) in Deutschland sitzen.

Die Autoindustrie hat zurzeit weltweit mit Absatzrückgängen zu kämpfen. In Westeuropa wurden im ersten Halbjahr 2019 3,5 Prozent weniger Neuwagen zugelassen als im Vorjahreszeitraum. Auf dem wichtigsten Markt China betrug der Rückgang sogar 14 Prozent.6 Der Markt für klassische Verbrennungsmotoren stößt an seine Grenzen, die Konkurrenz ist mit Hybridantrieben oder der Entwicklung von Elektroautos weiter. Trotzdem: Elektroautos gibt es bislang noch sehr wenige. Entsprechend hoch sind die Erwartungen der Automobilindustrie für künftige Verkäufe und Gewinne, wenn sie es schaffen, dass der Automarkt auf Elektroautos umgestellt wird. Aber Elektoautos sind keine Lösung. Um das Klima zu retten, müssten Autos insgesamt massiv eingeschränkt und dafür der öffentliche Nah- und Fernverkehr ausgebaut werden. Doch die Autoindustrie hat andere Pläne.

Die Umstellung auf Elektroautos verspricht also für die Zukunft ein Bombengeschäft zu werden. So strebt VW nach Angaben seines Vorstandsvorsitzenden bis 2025 einen E-Auto-Anteil von 20 Prozent und bis 2030 von 50 Prozent an.7

Zunächst sind dafür aber hohe Investitionen nötig und von den neuen E-Auto-Modellen wird man in den ersten Jahren noch nicht so viel verkaufen können. Was also tun? Viel jammern und gegenüber der Regierung, somit gegenüber den SteuerzahlerInnen, die Hand aufhalten, um sich die „notwendigen Umstrukturierungen“ bezahlen zu lassen. Und dabei die öffentliche Debatte ums Klima, die unter anderem Fridays for Future hervorgerufen hat, ausnutzen. Das Klimapaket der deutschen Bundesregierung geht genau in diese Richtung (siehe Kasten). Entsprechend zeigt sich die Automobilindustrie – anders als KlimaexpertInnen – begeistert: „Daher ist es positiv, dass das Klimakabinett die schnelle Erarbeitung eines Masterplans Ladeinfrastruktur beschlossen hat. (…) Der Verband der Automobilindustrie begrüßt, dass die Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität verlängert und verbessert werden.“8

Gleichzeitig werden in der Autoindustrie massiv Stellen abgebaut. Schon 2016 – also lange vor der SchülerInnenbewegung gegen den Klimawandel – hatte VW angekündigt, bis 2025 in Deutschland bis zu 23.000 Arbeitsplätze abzubauen. Nicht zuletzt, um die Zahlungen für den Dieselskandal aufzufangen. Vor einem halben Jahr haben sie nochmal nachgelegt: 4.000 Stellen sollen bis 2023 zusätzlich gestrichen werden. Ford Europa baut 12.000 Arbeitsplätze ab, davon 5.400 in Deutschland. Bei Daimler wird auch über massiven zukünftigen Stellenabbau spekuliert. Aber nun wurde für die Konzerne eine Entschuldigung für all das geliefert: das E-Auto.

So lässt sich die Verantwortung auf die Klimapolitik und die Klimaproteste abwälzen. Obwohl es auch unabhängig von der „Verkehrswende“ kapitalistische Unternehmenspolitik ist, mit ständig weniger Personal zu produzieren, um die Profite auf Kosten der Arbeitenden hochzutreiben. Und die Produktivität, also die Leistung pro Arbeitskraft, wird immer weiter gesteigert. Bei VW wurden mit dem Betriebsrat Produktivitätssteigerungen von 25  Prozent bis 2023 als Ziel vereinbart. Allein das ermöglicht massiven Stellenabbau unabhängig von E-Autos.

Dabei hat VW im ersten Halbjahr 2019 zehn Milliarden Gewinn gemacht! Das waren sogar nochmal zwei Milliarden mehr als ein Jahr zuvor. Und das, nachdem sie alle Welt mit falschen Abgaswerten beschissen haben.

Ein Kampfprogramm für’s Klima und für die Arbeitenden

Von den herrschenden PolitikerInnen wird immer wieder gesagt, dass Klimaschutz sehr gut sei, aber nicht zu schnell umgesetzt werden könne, weil doch Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden. Auch die Gewerkschaftsspitzen stoßen gern ins gleiche Horn, wie der Chef der deutschen Industriegewerkschaft Bergbau – Chemie – Energie (IG BCE) Michael Vassiliadis: „Noch in diesem Jahr ein Viertel der Kohlekraft abzuschalten, wie von ‚Fridays for Future‘ gefordert, würde nicht nur Tausende Menschen von heute auf morgen um ihren Job bringen, es würde auch die Sicherheit unserer Stromversorgung gefährden.“ Mit solcher Angstmache verteidigt der Gewerkschaftschef nur die Interessen der Kohlekonzerne. Allein RWE macht Milliardengewinne und hat außer 2015 und 2016 in den letzten Jahren stets gute Dividenden ausgeschüttet. Tatsächlich wäre genug Geld da, um die Arbeitsplätze zu garantieren und KollegInnen in Erneuerbaren Energien und für den Rückbau der Kohleförderung einzusetzen. Dieses Gegeneinander-Ausspielen von Klimaschutz und Arbeitsplätzen müssen wir zurückweisen!

Die Gefahr besteht, dass durch das Doppelspiel der Konzerne Arbeitende, die Sorge um ihren Arbeitsplatz haben, gegen die Umweltbewegung aufgebracht werden: Bei den BraunkohlearbeiterInnen in der ostdeutschen Lausitz hat die AfD bei den Landtagswahlen Anfang September mit Klimawandelleugnung und einer Kampagne für die Braunkohle gepunktet.

Es wäre fatal, wenn die Jugendlichen von Fridays for Future sich instrumentalisieren ließen für eine vermeintliche Klimaschutzpolitik zu Lasten der Arbeitenden und der Armen.

Dem halten wir entgegen: Die Arbeitenden aus allen Branchen, ihr Fachwissen und ihre Erfahrungen sind nötig, um die Wirtschaft und die Industrie klimafreundlich umzubauen!

Der CO²-Ausstoß muss schnell auf Null gesenkt werden. Doch keine Existenz muss dabei vernichtet werden. Allen betroffenen Beschäftigten müssen solange ihre vollen Gehälter weitergezahlt werden, bis für sie gute Ersatzarbeitsplätze gefunden sind!

Überall dort, wo klimaschädliche und überflüssige Dinge hergestellt werden oder all die Wegwerfprodukte, die schnell kaputt gehen und uns zu immer neuem Geld ausgeben auf Kosten der Umwelt zwingen, überall dort kann man viel Ressourcen und CO² einsparen – das heißt auch Arbeit einsparen. Aber zum einen müssen auch viele neue Arbeitsplätze geschaffen werden: In der Herstellung von Windrädern und Solarpaneelen, als Bus- und BahnfahrerInnen, GleisbauerInnen, usw.

Zum anderen ist es nicht schlimm, wenn die Arbeit abnimmt, denn das heißt auch die Arbeitsbelastung nimmt ab, der Stress, der schon heute viele Arbeitende kaputt macht. Nur die Löhne dürfen nicht abnehmen! Daher setzen wir uns ein, für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Gehalt!

Im 19. Jahrhundert mussten die Leute noch 12 oder 14 Stunden täglich arbeiten. Die Arbeiterbewegung hat vor 100 Jahren den 8-Stunden-Tag erkämpft. Dafür gab es nicht weniger Lohn als vorher! Die Produktivität ist in diesen 100 Jahren unglaublich gestiegen und trotzdem werden oft immer noch 40 Stunden in der Woche gearbeitet. Wenn weniger Arbeit da ist, dann muss sie auf alle Schultern verteilt werden. Die großen Konzerne haben genug Milliarden gescheffelt. Sie können für eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung zahlen, ohne dass Leute gekündigt und arbeitslos werden müssen.

Der Umbau der Energieversorgung und Industrie muss in riesigen und schnellen Schritten passieren. Wir können und wollen nicht warten, wie die KapitalistInnen den Balanceakt probieren ihre Profite zu behalten und den CO²-Ausstoß zu senken. Wir brauchen einen Plan, um die Energieversorgung und die Industrie umzustellen und die verursachten Schäden aufzuarbeiten. Aus den Vermögen der UmweltzerstörerInnen muss auch dieser Umbau bezahlt werden.

Deutschland: Was die Regierung unter „grünem“ Kapitalismus versteht

In Deutschland spielt die Umweltbewegung seit Jahrzehnten eine Rolle, mit den Grünen ist sogar eine Partei entstanden, die im Politikbetrieb fest etabliert ist und in allen möglichen Regierungskoalitionen bereits ihr Unwesen getrieben hat. Und Deutschland ist stets ganz vorne dabei, wenn es darum geht, mit großen Erklärungen sich zum Klimaschutz zu bekennen. Soweit die Worte, leere Versprechungen. Was die Jugendlichen seit bald einem Jahr auf die Straßen treibt, ist die Realität.

Die Erwartungen an das groß angekündigte Klimapaket des „Klimakabinetts“ – einem Teil der deutschen Bundesregierung –, waren nicht nur bei den Jugendlichen gering. Doch Wut und Empörung waren groß, als die Pläne am Tag des weltweiten Klimastreiks auf den Tisch kamen: Unter dem Vorwand, etwas gegen den Klimawandel zu tun, verstecken sich große Geschenke an Konzerne und Finanzinvestoren. Und für das Klima? Nix!

Bereits im Januar diesen Jahres verkündete die sogenannte „Kohlekommission“ ihre „Empfehlungen“ zum ökologischen Umbau der Wirtschaft. In der Kommission saßen unter anderen VertreterInnen der Sozialdemokraten (SPD), der konservativen CDU, von den Gewerkschaften, den Umweltverbänden, den Bürgerinitiativen, den Grünen.. Die Industrie, allen voran die Energiewirtschaft (Deutschland ist ein Kohleland, das zeigen die zuletzt für 2018 vollständig vorliegenden Zahlen, dass immerhin 35,5 Prozent der Bruttostromerzeugung aus Braun- und Steinkohle kommen!) und die Autoindustrie, haben ordentlich Druck gemacht und Schreckensszenarien über den Untergang des Wirtschaftsstandortes an die Wand gemalt. Aus Kreisen der CDU erhielt die Industrie große Unterstützung. Die „Empfehlungen“ der Kohlekommission sahen schließlich den Ausstieg aus der Kohle bis 2038 vor… was für eine Ewigkeit und dies war laut Berichten von JournalistInnen ohnehin von den Energiekonzernen eingeplant. Für den Umstieg sollen viele Milliarden aus dem Staatshaushalt locker gemacht werden. Gegen diesen Plan gab es eine einzige Gegenstimme in der Kommission und diese kamen nicht von den Grünen und den Umweltverbänden. Das sagt viel über die Politik der Grünen aus und lässt vorausahnen – was uns nach den nächsten Wahlen erwartet könnte, falls es die Grünen wieder in die Regierung schaffen.

Aber die Jugendlichen protestiert weiterhin. Und was macht die Industrie?

Über den Sommer machte sie mit vielfältigen Methoden weiter Druck: einerseits entdeckte sie den „armen kleinen Mann“, der nicht geschröpft werden dürfe und andererseits die Möglichkeit der Bepreisung von CO². Der Versuch, alle Debatten hierauf zu fokussieren, sollte davon ablenken, was dringend nötig wäre: ein sofortiger Stopp der Verbrennung von Kohle, Schluss mit den Subventionen für den fossilen Sektor und Kontrolle der Konzerne. Und nach jahrzehntelanger Anhäufung von Profiten sollten die Konzerne und nicht die steuerzahlenden Arbeitenden verpflichtet werden, für diese Maßnahmen zu bezahlen.

Am Freitag, 20. September, als in Deutschland alleine 1,4 Millionen Menschen „climate justice“ – Klimagerechtigkeit – forderten, packte das „Klimakabinett“ sein „Klimapaket“ auf den Tisch.

Fürs Klima ist das Paket eine Katastrophe, nicht aber für Industrie und InvestorInnen

Erster Gewinner ist die Autoindustrie. Der Staat hat sie erhört. Mit vielfältigen Maßnahmen sollen im Prinzip mehr Autos und LKWs auf die Straßen gebracht werden, wobei Elektroantriebe dabei im Zentrum stehen. Währenddessen PredigerInnen des „grünen Kapitalismus“ und PolitikerInnen uns mit Hilfe der Gewerkschaftsspitzen vorbeten, dass die SteuerzahlerInnen (also wir) für Investitionen in neue Technologien und für Stellenstreichungen blechen sollen. Weitere Gewinner sind die Energiekonzerne. In Deutschland ist dieser Sektor von vier großen Monopolisten dominiert: RWE, Vattenfall, E.on und EnBW. Sie erhalten mit dem Klimapaket Garantien, dass noch bis 2038 Kohlekraftwerke und Braunkohletagebaue betrieben werden können. Steigen sie früher aus, sollen sie Entschädigungen erhalten. Für den Ausbau Erneuerbarer Energien soll es finanzielle Förderungen aus dem Staatshaushalt geben. Aber was ist die Konsequenz aus alldem?? Kurz nach Verkündigung des Klimapaketes erklärten RWE und E.on den Vollzug eines milliardenschweren Tauschgeschäftes. Am Ende wird RWE (bislang größter Kohle- und Atomstromproduzent!) größter Anbieter Erneuerbarer Energien. Als Entschädigung für die Abschaltung der Kohlekraftwerke fordert der Vorstand bereits 1,5 Milliarden Euro pro abgeschaltetem Gigawatt und zusätzlich gibt es reichhaltig Fördertöpfe für den Ausbau Erneuerbarer Energien. Und was bleit nach der Kohle? Für das Aufräumen der Regionen bietet der Staat bereits seine Hilfe an. Das ist eine klare Win-Win Situation für RWE & Co..

Auch die viel diskutierte CO²-Bepreisung, wie sie Eingang in das Klimapaket gefunden hat, ist ein schlechter Witz: in den nächsten Jahren soll der Handel mit Zertifikaten, also Verschmutzungsrechten, ausgebaut werden. Eine Farce fürs Klima, aber eine Lizenz zum Gelddrucken für SpekulantInnen und zum Zerstören der Umwelt. Alle ExpertInnen kritisieren offen, dass dieses Paket die Klimakatastrophe kein bisschen aufhalten wird. Das hielt Merkel nicht davon ab, sich auf dem Klimagipfel in New York als Vorreiterin in Sachen Klimaschutz aufzuspielen. „How dare you? You have stolen my dreams and my childhood“ (Wie könnt ihr es wagen? Ihr habt mir meine Träume und meine Kindheit gestohlen) schrie Greta Thunberg den versammelten PolitikerInnen entgegen. Recht hat sie!

Aber sie wagen es, und es geht hinter den Kulissen weiter. Selbst das bisschen an Erklärungen zum Klimaschutz im Kimapaket ist der Industrie schon zu viel. Mit Hilfe der CDU ließen sie in den letzten Tagen sogar die Selbstverpflichtungen zu den Klimazielen für 2050 – die sowieso nur Worte sind – aus dem Klimagesetz streichen bzw. noch mehr verwässern.

Die KapitalistInnen sind nicht in der Lage, die Klimakatastrophe aufzuhalten, aber sie sind flexibel genug, sich anzupassen und neue Technologien und Strategien zu entwickeln und zu nutzen, aber allein in ihrem eigenen Interesse, nicht in dem der Menschheit, nicht in dem des Planeten, sondern nur ihrenProfitinteressen entsprechend.

Lassen wir uns nichts vormachen: Auch „grüner“ Kapitalismus bleibt Kapitalismus…

1 Naomi Klein: Die Entscheidung – Klima oder Kapitalismus, Frankfurt/M., 2015, S. 185.

2 ebenda, S. 186.

3 Cordula Meyer: Die Wissenschaft als Feind, in: Der SPIEGEL 40/2010, S. 144-146; Anita Blasberg und Kerstin Kohlenberg „Die Klimakrieger“ in: Die ZEIT48/2012.

4 Markus Frühauf: Millardengrab Bankenrettung, FAZ 2013: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/teuer-fuer-den-steuerzahler-milliardengrab-bankenrettung-12535343.html

5 Kölner Stadt Anzeiger vom 30.09.2019, https://www.ksta.de/wirtschaft/rwe-arbeitet-an-seinem-oeko-image-wie-der-braunkohle-konzern-klimaneutral-werden-will-33247578

6 https://www.kfz-betrieb.vogel.de/pkw-markt-faehrt-weltweit-in-die-krise-a-847343/

7 taz, 12. 9. 2019, S. 4/5

8 „Einstieg in die CO2–Bepreisung positiv“, Pressemitteilung des Verbands der Automobilindustrie VDA vom 20. September 2019

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