Gillette: Arbeitsplätze retten durch Verzicht?

Schon immer versuchten die KapitalistInnen das Maximum aus uns ArbeiterInnen herauszuholen. Dabei sind sogenannte Sicherungsverträge oder „Zukunftstarifverträge“ ein sehr beliebtes Mittel der Chefs, um Einsparungen und Stellenabbau durchzusetzen. Ein Arbeiteraktivist bei Gillette in Berlin berichtet.

Das Konzept der Unternehmen ist meistens genauso simpel wie erfolgreich. Zuerst wird der Belegschaft erzählt, wie schlecht die aktuelle Lage sei. Entweder heißt es, der „eigene“ Standort würde rote Zahlen schreiben oder andere Standorte wären viel profitabler.

Und weil sich das kein Unternehmen auf Dauer leisten könne, gäbe es jetzt folgende Alternativen: Entweder wir machen das Werk dicht und alle verlieren ihre Arbeit oder ihr ArbeiterInnen spart ordentlich was ein, damit die Gewinne wieder steigen.

In Berlin gibt es in vielen Betrieben Sicherungsverträge: Siemens, Osram, Pierburg und Gillette sind nur einige Beispiele. In allen Betrieben mussten die KollegInnen auf Lohn oder Weihnachtsgeld verzichten und schlechtere Arbeitszeiten hinnehmen (mehr arbeiten!). Die Gewerkschaften sind immer mit im Boot und unter-schreiben diese Verträge, ohne den Kampf mit der Werksleitung aufzunehmen.

Wir ArbeiterInnen bei Gillette Berlin haben schon unseren zweiten Zukunftstarifvertrag. Um besser zu verstehen wie die Verträge entstehen und warum sie für uns Arbeiter-Innen nur schlecht sind hier die Geschichte der „Zukunftssicherung“ bei Gillette.

Erster Akt – Verarsche „Zukunftstarifvertrag„ Nr. 1

Wir sind zu teuer! Die Geschäftsleitung drohte uns vor einiger Zeit mit dem Abbau von vielen der damals über 1.000 Arbeitsplätzen, wenn wir als Belegschaft nicht Millionen einsparen würden. Wir wären im Vergleich zum polnischen Gillette-Werk einfach zu teuer und müssten deshalb „Kosten senken“. Dass Gillette riesige Gewinne schreibt, spielt dabei keine Rolle. Die Werksleitung drohte uns auf einer Betriebsversammlung mit dem Abbau von über 500 Arbeitsplätzen in Berlin.

Die Chefs tun dabei immer so, als wollten sie das eigentlich auch nicht aber die wirtschaftliche Lage zwinge sie dazu und sie wollten ja auch nur das Beste für unseren Standort. Gillette konnte sich durchsetzen und es wurde ein Zukunftstarifvertrag mit der Gewerkschaft geschlossen. Dieser sollte trotz Stellenabbau die restlichen Arbeitsplätze sichern dafür wurden 15 Minuten unserer täglichen Arbeitszeit nicht mehr bezahlt und 4% vom Lohn abgeben. Es wurden dann „nur“ 200 Arbeitsplätze abgebaut und wir Arbeiter-Innen sollten trotzdem die Verschlechterungen hinnehmen. Das arme Unternehmen P&G steckte sich einen Teil unserer Kohle und unserer Zeit in die Tasche.

Zweiter Akt – Verarsche „Zukunftstarifvertrag“ Nr. 2

Innerhalb der Laufzeit des Zukunftstarifvertrags erklärte uns die Geschäftsleitung nach einer neuen „Vergleichsstudie“ zwischen den Fabriken in Berlin und Polen, dass sie den Tarifvertrag nicht einhalten können und eine Abteilung nach Polen verlagern wollen (200 Arbeitsplätze). Wir seien immer noch zu teuer. Obwohl es also einen Zukunftssicherungsvertrag gab, wollte sich das Unternehmen nicht daran halten und trotzdem weiter Arbeitsplätze abbauen. Natürlich waren viele KollegInnen sauer. Die Gewerkschaft hat dann einige kleine Aktionen gemacht, z.B. T-Shirts für die gesamte Belegschaft, Aufkleber, Würstchen essen vor dem Tor. Diese Aktionen sollten die Verhandlungen begleiten aber bloß nicht die Produktion stören deswegen hat sich die Werksleitung auch nicht groß beeindrucken lassen.

Schlussendlich hat das Unternehmen der Gewerkschaft die Pistole auf die Brust gesetzt und gesagt: Entweder ihr stimmt jetzt zu oder es wird noch viel schlimmer. Die Gewerkschaft IG-Metall gab nach und es wurde ein zweiter Vertrag geschlossen, der weiteren Stellenabbau vorsah. Außerdem wurde in Teilen der Fabrik die Arbeit intensiviert also ein/e Arbeiter/in muss jetzt vier Maschinen bedienen und nicht mehr drei.

Zusammengefasst heißt das: Wir verschlechtern unsere Arbeitsbedingungen um Arbeitsplätze zu sichern und dann heißt es: Hat leider nicht gereicht, wir bauen weiter ab, aber danke für euer Geld.

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