
Wir hatten uns mit drei Studierenden und einer Lehrerin in den Kommunalwahlkampf in Düsseldorf geschmissen und unter dem Slogan „Für eine Welt ohne Grenzen, Krieg und Ausbeutung“ gezeigt, dass es möglich ist, mit eine Kampagne um die drängendsten Forderungen der arbeitenden Klasse Gehör zu finden.
Der Kommunalwahlkampf in Düsseldorf selbst war lahm. Zwar waren am 14. September in ganz Nordrhein-Westfalen (NRW) mehr als 13 Millionen Menschen ab 16 Jahren zu den Kommunalwahlen aufgerufen – nicht mitgezählt die Tausenden Migrant:innen und ausländischen Studierenden, die kein Wahlrecht haben. Dieses Mal ist die Wahlbeteiligung etwas höher als 2020 mit ca. 56%. Wenig Vertrauen in „die Politik“ und die Abwesenheit von Illusionen haben wir schon während unserer Kampagne bemerkt.
Der Wahlkampf der etablierten Parteien war lahm gewesen. Bei einem ersten Treffen mit dem Wahlleiter und den Parteien, in dem es um die rechtliche Frage der Zulassung der AfD ging, haben wir gesehen, wie sie sich als „Kollegen“ im Politikbetrieb „respektieren“. Sie verkörpern eine Kultur, in der die politischen Unterschiede marginal sind. Die letzten Tage vor der Wahl sind sie in die Viertel gefahren, um sich mit Bonbons und Buttons (SPD) oder kostenlosem Barrista-Kaffee (Grüne) bei den Wähler:innen anzubiedern. In einer Stadt, in der die Mieten steigen, in der am Uni-Klinikum gespart wird, genauso an Schulen und bei sozialen Trägern, in der im Mercedes-Werk entlassen oder in der Nachbarstadt Duisburg bei Thyssen-Krupp Lohnkürzungen abgepresst werden, haben die Kandidat:innen von CDU bis SPD und Grüne in Düsseldorf viel Inhaltsleeres angeboten, dass man sich wundert, dass sie überhaupt noch Stimmen bekommen haben. „Sauberkeit“ und „Sicherheit“ waren die zentralen Themen der Grünen und der FDP. Alle Parteien sprachen die Probleme des Verkehrs, der Schulen und Kitas an. Aber mehr als „Ja, Clara!“ (Grüne) oder einfach nur das Bild des SPD-Kandidaten, der sich freut, ein Kumpel des SPD-Verteidigungsministers Pistorius zu sein (genau der, der die Jugend in die Bundeswehr pressen will) oder des bisherigen CDU-Oberbürgermeisters, der sich vor allem darin qualifiziert sah, dass er eine große Verwaltung leiten kann, haben sie nicht zu bieten. Dass sie überhaupt Stimmen bekommen, hat vor allem damit zu tun, dass es an einer politischen Alternative fehlt. Wobei, die extrem rechte AfD hat sich auch in NRW als starke Kraft aufgebaut. Im Verhältnis zu den letzten Kommunalwahlen vor 5 Jahren konnten sie ihre Stimmen verdreifachen auf über 15%, mit Gelsenkirchen als Hochburg mit fast 30%. Am stärksten verloren haben in NRW die Grünen. Die Linkspartei hat ein bisschen dazugewonnen und kommt auf mehr als 5%. So wie im Allgemeinen in NRW hat auch in Düsseldorf die CDU wieder gewonnen. Aber was repräsentieren 33% der Stimmen bei dieser Wahlbeteiligung? Nicht gerade viel.


Wir sind lediglich in vier Wahlbezirken rings um die Universität und Arbeiterbezirken angetreten, aber mit eindeutigen Forderungen wie Lohnerhöhungen von 650 Euro, Stopp des Gaza-Genozids, Schluss mit Privatisierungen, Enteignung der Mietkonzerne… Nichts, was sich auf kommunaler Ebene durch Wahlen lösen lässt. Die Leute haben uns allerdings nicht vorgeworfen, keine Antworten auf die superteure neue Oper oder die fehlenden Fahrradwege zu geben. Krieg, Mieten, Gesundheitsversorgung… das sind die großen brennenden Fragen. In so einer gespannten Situation macht es völlig Sinn, als Revolutionäre zu kandidieren und ein klares Programm der Arbeitenden und deren Kämpfe zu verteidigen. Wir haben tatsächlich viel Zuspruch bekommen, vor allem für unseren Slogan „Gaza Genozid stoppen“. Wir haben insgesamt in den vier Wahlbezirken 67 Stimmen bekommen.
Es ist nicht nur möglich, es ist notwendig, solche Wahlen als Plattform zu nutzen und eine Arbeiterstimme anzubieten mit einem Dringlichkeitsprogramm, aber auch mit dem Aufruf, dass wir uns selbst organisieren und zusammenschließen müssen, als Arbeitende, als Jugend. Eine solche Wahlkampagne könnte in einem größeren Kontext mit anderen revolutionären Gruppen viel größeres Gehör finden.
Sabine Müller, Berlin


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