Die große Umverteilung

Trotz Pandemie sind in den letzten Jahren die Profite der Konzerne und die Vermögen der Superreichen explodiert. Ein guter Teil davon stammt direkt aus den mit Steuergeldern finanzierten Corona-Hilfen. Doch auch mit dem Ende der Pandemie wird die große Umverteilung im Namen von Energiekrise und Klimaschutz munter fortgesetzt. Gleichzeitig floriert die Korruption und Maßnahmen dagegen werden von den Herrschenden blockiert. Ein Einblick in die schamlose Dreistigkeit des österreichischen Kapitals.

Während die letzten Jahrzehnte bei jeder Gelegenheit behauptet wurde, es müsse gespart werden wo es geht, hieß es mit Beginn der Pandemie: „Koste es was es wolle“. Aber natürlich nicht in allen gesellschaftlichen Bereichen. Pflegekräfte warten bis heute auf eine nachhaltige Lohnsteigerung, in Kindergärten treffen überfüllte Gruppen auf eklatanten Personalmangel, Arbeitslosen und Sozialhilfe-Bezieher:innen zerrinnt ihre Existenzsicherung mangels Inflationsanpassung zwischen den Fingern.

Corona-Hilfen = Extraprofite

Während viele Menschen mit der Pandemie und den Lockdowns in ernste Probleme geraten sind, haben sich zahlreiche Unternehmen eine goldene Nase verdient. Oder besser gesagt: mit Steuergeld wurde ihnen trotz Krise zu fetten Profiten verholfen.

Die Republik Österreich hat insgesamt 47 Milliarden an Corona-Hilfsgeldern ausgegeben. Ohne die zusätzlichen
Gesundheitsausgaben verbleiben rund 40 Milliarden für Unternehmenshilfen, Garantien und Kurzarbeitsgeld. Kein anderes EU-Land hat gemessen an der Wirtschaftsleistung so viel Geld für
Hilfen ausgegeben.

Anfang 2023 hat die Österreichische Nationalbank die bisher umfangreichste Studie zu den Corona-Hilfen veröffentlicht. Das Ergebnis: Vermögenswerte, Bankguthaben und Cash-Reserven österreichischer Unternehmen sind in der Pandemie gestiegen. Im ersten Pandemiejahr erhöhten Betriebe ihr Eigenkapital um 7,5 Prozent. Firmen, die Zuschüsse erhielten, konnten ihre Einlagen sogar um 62 Prozent steigern und ihr Eigenkapital um 18 Prozent. Wobei das Plus insgesamt bei größeren Unternehmen etwas höher ausgefallen ist. Anstatt durch die pandemiebedingten Einschränkungen auf Ersparnisse zurückgreifen zu müssen, war das Gegenteil der Fall.

Die Studie bestätigt, was bisher schon klar war: die Corona-Hilfen haben letztlich den massiven Wirtschaftseinbruch nicht einfach nur abgefedert, sondern es waren Geldgeschenke zur Auffettung der Profite, bezahlt aus Massensteuern. Natürlich kam das Kurzarbeitsmodell auch etlichen Lohnabhängigen zu Gute, die inmitten der Krise zumindest nicht arbeitslos wurden. Der beste Schutz gegen umfassende Kündigungen wäre allerdings ein starker Kündigungsschutz für die Arbeitnehmer:innen (der in Österreich schlichtweg nicht bzw. kaum existiert).

Profite ohne Risiko

Unternehmen legitimieren ihre Riesenprofite normalerweise mit dem Argument des „unternehmerischen Risikos“: es könne beim Geschäftemachen ja auch viel schiefgehen und man könne auch Geld verlieren, deswegen sei es okay auch mehr zu verdienen. Dieses Risiko haben die staatlichen Corona-Hilfen weitgehend eliminiert und zusätzlich noch Cash direkt auf die Unternehmenskonten verschoben. Dieses Modell gefällt dem Kapital mittlerweile so gut, dass es ausgebaut werden soll: alles was nach „Risiko“ riecht oder wofür man eigenes Geld in die Hand nehmen müsste, soll mit Steuergeld abgefedert und subventioniert werden (hohe Energiepreise, Umstieg auf Erneuerbare, Ausbildung von Fachkräften … ). Anfang 2023 wurde der „Energiekostenzuschuss 2“ beschlossen, mit dem die Regierung einem Wettbewerbsnachteil der heimischen Wirtschaft vorbeugen möchte. Die Förderungen in Österreich sind noch großzügiger angelegt als in Deutschland, selbst bei nur gering steigenden Energiepreisen können Unternehmen mit satten Förderungen rechnen. Gemeinsam mit dem „Energiekostenzuschuss 1“ fließen hier über acht Milliarden Euro an Unternehmen.

Abgewickelt werden die Gelder über die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Bereits die Corona-Hilfen wurden von einer ausgelagerten Parallelstruktur, der Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG), abgewickelt – mangelnde Transparenz und fehlende Kontrolle inklusive. Dabei flossen laut einem Rechnungshof-Bericht auch Millionen an Beraterfirmen und externe Anwälte.

CO2, Steuergeld und mehr Profite

Von Steuergeld profitiert seit Jahren auch die Voestalpine, ein ehemals staatlicher Stahlkonzern und Österreichs größter CO2-Emittent. In der Pandemie wurde Kurzarbeit umfassend in Anspruch genommen, jetzt soll der Energiekostenzuschuss Millionen in die Konzernkassa spülen. Dass für 2022/23 ein Rekordgewinn von zwei Milliarden Euro angekündigt wurde, und damit rund ein Viertel mehr als im Vorjahr, spielt dabei keine Rolle. Auch nicht, dass das Eigenkapital auf 7,7 Milliarden gestiegen ist (von 6 Milliarden im Vorjahr). Weiteres Steuergeld dürfte bald fließen, um den Stahlkonzern auf dem Weg zur „Klimaneutralität“ bis 2050 zu unterstützen.

Auch der teilstaatliche börsennotierte Öl- und Chemiekonzern OMV hat 2022 ausgezeichnet verdient. 2022 konnte der Gewinn um 85 % auf über fünf Milliarden Euro (nach Steuern!) gesteigert werden. Bei der Ausgestaltung der per EU-Verordnung beschlossenen Übergewinnsteuer ist die Regierung den Energiekonzernen dennoch mehr als notwendig entgegengekommen: liegt der aktuelle Gewinn um mehr als 20 Prozent über dem Durchschnittsgewinn der Jahre 2018 bis 2021, werden vom darüber liegenden Teil 33 bis 40 Prozent abgeschöpft. Wer ein Projekt als Investment in erneuerbare Energieformen verkaufen kann, zahlt nur 33 Prozent. Gesamt erwartet sich die Regierung Einnahmen zwischen zwei und vier Milliarden Euro, also maximal die Hälfte von Energiekostenzuschuss 1+2 für Unternehmen. Dazu kommt, dass 70 % des Gases in Österreich nach wie vor aus Russland stammt. Die OMV hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten – trotz Kritik und Klimakrise – die Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas vorangetrieben. Die Lieferverträge mit Gazprom laufen bis 2040, der Ausbau von Alternativen Energiequellen wurde verschleppt.

Noch mehr Geschenke

Im Zuge der „ökosozialen“ Steuerreform 2022 wurde beschlossen, die Körperschaftssteuer bis 2024 von 25 % auf 23 % zu senken. Das ist circa eine weitere Milliarde Euro pro Jahr die direkt den Großkonzernen in den Rachen geworfen wird und im Budget für Gesundheit und Soziales fehlen. Dazu kommen 1,3 Milliarden, die sich Konzerne durch völlig legale Steuertricks 2022 erspart haben – so viel bringt das Verschieben von Unternehmensgewinnen innerhalb Europas, die bekannten Steueroasen sind da noch gar nicht mit im Spiel.

Die Riesenmengen an Steuergeld für Konzerne und Reiche sind kein Fehler oder Zufall. Sie sind Ergebnis eines weit verzweigten Netzwerks zwischen Politik und Wirtschaft, das eine lange Tradition hat, aber in den letzten Jahren neue Blüten getrieben hat. Die Zeit von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz endete mit zahlreichen umfassenden Korruptionsskandalen: Steuernachlässe für befreundete Unternehmer, Top-Jobs für seine Leute, gefälschte Umfragen …

So wundert es nicht, dass Österreich im Korruptionsindex von Transparency International 2021 um neun Plätze auf Rang 22 abgestürzt ist. Nach wie vor wehrt sich die Österreichische Volkspartei (ÖVP) gegen den Beschluss eines Transparenzgesetzes (das etwa das Amtsgeheimnis abschaffen würde) und die Schaffung einer weisungsfreien Bundesstaatsanwaltschaft. Auch beim Schutz von Whistleblowern wurde die EU-Richtlinie nur in einer Minimalvariante umgesetzt. Die derzeit laufende Reform des Korruptionsstrafrechts lässt auch mehr als zu wünschen übrig. Dabei wird der durch Korruption entstandene Schaden alleine für 2021 auf rund 15 Milliarden Euro geschätzt. Außerdem möchte die ÖVP, dass Verjährungsfristen während laufender Verfahren weiterlaufen. Im Klartext: Reiche, die sich in großem Umfang teure Anwälte leisten können, können Prozesse einfach so lange hinauszögern, dass es zu keiner Verurteilung mehr kommen kann, da die Straftat nach einiger Zeit bereits verjährt ist.

Parasitärer Krisenkapitalismus

Das Motto „Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren“, das im Zuge der Finanzkrise mit Rettungsschirmen und Stützungspaketen ausgiebig angewandt wurde, hat Schule gemacht und gehört heute zum Standardarsenal. Es zeigt, dass das Kapital einen immer ungestörteren Zugriff auf den gesellschaftlichen Reichtum durchgesetzt hat. Und es ist auch Ausdruck eines kriselnden Kapitalismus, der aus sich selbst heraus zu immer weniger Wachstum und Produktivität fähig ist.

Johannes Wolf, Wien

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