
Die Entwicklung der Blockkonfrontation hat sich auch auf einem nicht ganz neuen Schauplatz breit gemacht. China trifft dabei auf die alten Kolonialmächte Frankreich und England, die zusammen mit den USA und Deutschland noch immer flächendeckend den Ton angeben. Doch die Lager verschieben sich zunehmend zugunsten Chinas und zwingen die alteingesessenen Profiteure, sich neue Strategien zu überlegen.
So nun auch Annalena Baerbock1, die ankündigt, es brauche eine „neue Afrika-Strategie“ – verbunden auch mit einer Auseinandersetzung mit der eigenen kolonialen Vergangenheit. Das ist natürlich nicht uneigennützig gesprochen. Zum einen ist nach wie vor die Verankerung vor Ort durch die Vergangenheit gegeben und zum Beispiel Frankreich hat traditionell vor allem in West- und Zentralafrika dominiert und die Ausbeutungsmechanismen sind Erbe der Kolonialzeit. So profitiert Frankreich nach wie vor von Abkommen, die sie gegen die Unabhängigkeit eintauschten. Sie fördern Rohstoffe weit unter Weltmarktpreis und kontrollieren die Wirtschaft von 14 afrikanischen Staaten mit der Währung Franc CFA2. Recht komfortabel also. Doch auch Frankreich muss sich damit auseinandersetzen, dass immer mehr Staaten sich gerade in Hinblick auf die koloniale Vergangenheit nicht mehr so ganz ohne Weiteres ausbeuten lassen wollen, und so präsentiert sich China mit weißer Weste, denn sie haben einen entscheidenden Vorteil: Keine schmutzige Vergangenheit vor Ort. In seiner „Afrika-Strategie“ setzt der chinesische Staat auf zahlreiche Faktoren.
An erster Stelle steht der zunehmende Bedarf an Rohstoffen, die Chinas Industrie benötigt. Diese importieren sie zu großen Teilen aus Zentralasien, aber eben auch aus Afrika. So war Angola 2006 der größte Erdöllieferant Chinas und ist nach wie vor auf Platz Fünf in diesem Ranking. Um den Transport zu gewährleisten, investiert China auch in die Infrastruktur (das betrifft neben Angola hauptsächlich auch Äthiopien, Ghana, Kenia, DR Kongo, Kamerun, Nigeria und Sudan), vor allem in Eisenbahnstrecken und Häfen; der Hafen in Dschibuti wird von einem chinesischen Unternehmen geführt und eine Bahnstrecke soll Kenias Süden von der Küste bis Burundi vernetzen. Diese Investitionen und „Entwicklungshilfe“ werden in der Regel durch mehrjährige Kredite getätigt, die die Staaten bei einer chinesischen Bank aufnehmen, Absicherung sind Rohstoffvorkommen und die Aufträge werden dann auch an chinesische Firmen vergeben: Es entsteht ein Kreislauf der Abhängigkeit.
In anderer Form ist China auch in Konsumgütern vertreten, denn sie importieren zahlreiche bezahlbare Produkte. Geld fließt nicht nur hinein, sondern auch wieder heraus.
Um diesen Fluss von Handel und Rohstoffexport aufrecht zu erhalten, sichert sich China mit einer Militärbasis in Dschibuti, am Horn von Afrika, ab. Sie soll vor Piraterie schützen und den Zugang zum Suezkanal gewährleisten. Zahlreiche andere Staaten haben vor Ort ebenso eigene Militärbasen, darunter auch Deutschland. China also profitiert von Afrika ohne die schmutzige Kolonialvergangenheit und hat den Ruf, sich weniger in das politische Geschehen der Staaten einzumischen. Doch es gibt nichts umsonst und auch von dieser Seite werden Gegenleistungen erwartet werden. China etabliert sich zwar zunehmend, nach wie vor sind die USA aber Spitzenreiter. Grundsätzlich ist und bleibt Afrika ein umkämpfter Kontinent und das Interesse an geostrategischer Positionierung und dem Handel mit Rohstoffen wird gerade auch im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine wieder wichtiger. Westliche Staaten werden in den kommenden Jahren wieder verstärkt versuchen, ihre bisherige Positionierung zu verteidigen und auszubauen und dies wird zwangsläufig auch zu Konflikten zwischen den Blöcken und den Staaten führen. In diesem Ringen um Macht wird schlussendlich jedoch die Bevölkerung vor Ort zerrieben.
Maria Brücke, Berlin
1 Außenministerin Deutschlands, Bündnis90/Die Grünen
2 Der Franc de la Coopération Financière en Afrique ist eine an den Euro gebundene Währung, mit deren Hilfe Frankreich auch nach der politischen Unabhängigkeit weiterhin die Finanzen kontrollieren kann