Donald Trump stolziert herum wie ein Gockel und hat mit der Aufstellung seiner künftigen Regierung begonnen. Jeder Name ist eine Beleidigung des guten Geschmacks. Trump denkt, er könne sich das leisten, denn er wurde zum Präsidenten der USA mit der Mehrheit der Stimmen im ganzen Land gewählt. Seine Anhänger haben gleichzeitig die Mehrheit im Senat errungen und werden auch die Mehrheit im Kongress behalten.
Trumps Sieg? Oder eine Niederlage der Demokraten?
Aber der „nie da gewesene politische Sieg“, auf den Trump und seine Gefolgsleute so stolz sind, ist nur ein winziger. Er hat lediglich 200.000 Stimmen mehr bekommen als bei der letzten Wahl 2020. 35% der Wahlberechtigten haben gar nicht gewählt. Trump hat die Wahl gewonnen, weil die Demokratische Partei 10 Millionen Stimmen verloren hat im Vergleich zur Wahl vor 4 Jahren. Das lag nicht an Kamala Harris allein. Die ganze Demokratische Partei wurde abgestraft.
Harris pries die gut laufende US-Wirtschaft an. Auf die Frage, was unter ihrer Regierung anders laufen würde, als unter dem ausscheidenden Präsidenten Biden war ihre Antwort…. Nichts. Doch die Inflation macht auch in den USA das Leben der Arbeiterklassefamilien unerträglich schwer: +25% bei den Lebensmittelpreisen, +54% bei den Wohnkosten, +61% bei den Energiekosten seit 2019! Die Obdachlosigkeit ist weiter gestiegen. Die Verschuldung der Familien und Studierenden auch. Ist es ein Wunder, dass gerade die Arbeiterklasse keine Lust hatte, die Demokraten zu wählen? Nur bei den Haushalten mit mehr als 200.000 Dollar Jahreseinkommen hat Harris dazugewonnen. Das sagt viel. Und während die Demokraten mit bewaffneter Polizei in den Universitäten gegen die protestierenden Student:innen vorgegangen sind, pumpte der Staat 20 Milliarden Dollar Militärhilfe nach Israel, um den Völkermord an den Palästinenser:innen zu unterstützen.
Trump ist der Feind aller Arbeitenden
Trump wird die Superreichen gut bedienen, wie Biden. Er verspricht nicht weniger als alle Probleme der Amerikaner zu lösen. Aber er hat den rassistischen und faschistoiden Milliardär Elon Musk in die Kommission „für effizientes Regieren“ berufen. Dessen Aufgabe ist es, die Axt an den öffentlichen Dienst anzulegen. Musk, der reichste Mann der Welt, hatte 130 Millionen Dollar in Trumps Wahlkampf gesteckt und seine Propagandamaschine namens Twitter/X für ihn angeschmissen. Nach dessen Wahlsieg ist sein Vermögen um 70 Milliarden Dollar auf 310 Milliarden gesprungen. Er spricht viel von Freiheit und Abbau von Bürokratie. Aber er fordert, dass jeder, der seine rassistische und frauenfeindliche Weltanschauung oder seine Leugnung des Klimawandels nicht teilt, strafrechtlich verfolgt wird oder schlimmer. Es soll massenhafte Entlassungen von Staatsbediensteten und Zerschlagung von Behörden geben, zum Beispiel bei der Bildung. Arbeitsrechte interessierten Musk schon immer nur, um gegen sie zu verstoßen. Leute wie Musk und Trump sind größenwahnsinnige Verrückte. Aber sie haben als Spielzeug die größte Wirtschafts- und Militärmacht der Welt in die Hände bekommen und sie meinen es ernst.
Trump verspricht ein „goldenes Zeitalter“, das eine Hölle für die Migrant:innen sein wird. Wenn er damit droht, sie zu Millionen zusammenzutreiben und abzuschieben, dann tut er das, um sie zu terrorisieren. Sie sollen sich verkriechen und stillschweigend ausbeuten lassen. Es geht also darum, alle Arbeitenden gegenüber den Unternehmen zu schwächen. Es geht darum, die amerikanische Arbeiterklasse zu spalten, die ihren Kopf erhebt und ihre Wut vielleicht sogar gegen die neue Spitze des Staates richten könnte.
Trump kokettiert auch damit, die militärische Unterstützung der Ukraine zu reduzieren und den Nahen Osten zu befrieden. Aber sein „Friedensplan“ baut auf Verstärkung der wirtschaftlichen und militärischen Konfrontation mit China. Und die „Lösung“ des „Palästinaproblems“ durch Stärkung der Militärmacht Israels gegenüber dem Iran und Libanon und einer Friedhofsruhe in Gaza.
Solidarität mit den Arbeitenden der USA, mit denen wir auf vielfältige Weise verbunden sind!
Es sind nicht „die“ Amerikaner, die Trump gewählt haben. Und es sind auch nicht „die Amerikaner“, die nicht bereit wären für eine schwarze Frau an der Spitze des Staates. Die politische Verantwortung für die Misere in der US-Politik tragen zu allererst die politischen Führungen und Konzernchefs. Und wie hierzulande gibt es auch in den USA eine Arbeiterklasse. Die hat in den letzten Jahren allerdings große Arbeitskämpfe geführt und sich organisiert für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen. Sie sind nicht gleichzusetzen mit den politischen Führungscliquen. Eine Reihe von großen Streiks hat gezeigt, dass die Arbeiter:innen in den USA – Einheimische und Migrant:innen, Weiße und Schwarze, Männer und Frauen – gemeinsam große Lohnerhöhungen durchsetzen konnten: 40 % in der Automobilindustrie, 38 % kürzlich bei Boeing und 62 % bei den Hafenarbeiter:innen. Natürlich sind diese beeindruckenden Prozente vor allem ein Nachholen der Lohnverluste der letzten Jahre. Und die Unternehmen haben ihre Entlassungspläne und Pläne zur Erhöhung des Arbeitsstresses nicht aufgegeben.
Aber nachdem die Gewerkschaftsführungen über Jahrzehnte eine Allianz mit den Konzernen eingegangen waren, haben die Arbeitenden der USA in vielen Branchen den Weg des Arbeitskampfes gewählt. Es bewegt sich was in der Arbeiter:innenklasse. Im guten Sinne. Das ist auch der einzige Ausweg aus den „Schockwellen“, die die Trump-Regierung gegen die Bevölkerung der USA vorbereitet und auch für uns hierzulande Folgen haben werden. Die Wahlen in den USA haben wieder gezeigt, dass es unter den Kandidat:innen für die politischen Machtzentren keine Freunde der Arbeiter:innenklasse gibt. Wie hierzulande oder in Frankreich fehlt auch in den USA eine Partei, die allein die Interessen der Arbeitenden ausdrückt und unabhängig die nötigen Kämpfe organisiert.
[Dieser Artikel basiert auf dem Artikel der NPA – Neue Antikapitalistische Partei – vom 11.11.2024 „Aux États-Unis aussi, l’avenir est à la lutte de classe“: https://npa-revolutionnaires.org/aux-etats-unis-aussi-lavenir-est-a-la-lutte-de-classe/]
Sabine Müller, Berlin
Unsere Veranstaltung zu den Wahlen in den USA und ihren Folgen für die Neuwahlen in Deutschland:
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Beitragsbild: link Elon Musk, künftiger Berater „für effizientes Regieren“, in der Mitte Trump, rechts Pete Hegseth, künftiger Verteidigungsminister