Von Razzia zu Razzia

Eine Nachricht, an der man im Dezember in Deutschland nicht vorbei kam, war die Bemühung der Sicherheitsbehörden „für Ordnung zu sorgen“. Bei Razzien wurde sowohl eine Verschwörung von Reichsbürger:innen aufgedeckt, als auch dem Verdacht der „Gründung einer kriminellen Vereinigung“ bei den Klimaaktivist:innen der „letzten Generation“ nachgegangen.

Doch eins nach dem anderen. Filmreif war die Razzia im Reichsbürger:innen-Milieu allemal. Ein Umsturz, ein Staatsstreich wurde geplant – von einem unwichtigen thüringischen Prinz, einer AfD-Richterin und einer Handvoll Polizeibeamter und Bundeswehrsoldat:innen. Was klingt wie der Anfang eines skurrilen Witzes ist tatsächlich so passiert. Das Problem ist schon seit langem bekannt und fand einen Höhepunkt in den Protesten der Querdenker:innen während der Corona-Pandemie. Klägliche Versuche, das Reichstagsgebäude zu stürmen, waren nur ein Symptom einer Szene von waffenliebenden, rechtsextremen Verschwörungstheoretiker:innen, die sich gegen staatliche Institutionen auflehnen oder diese ablehnen. An sich ja keine so schlechte Sache, nur leider wünschen sich diese Menschen keine sozialistische Revolution sondern lieber eine Monarchie oder irgendeine andere ausbeuterische, unterdrückerische Staatsform. Diese eine Gruppierung wurde nun durch eine medienwirksam begleitete, strafrechtliche Ermittlung zersprengt, aber strukturell wird sich an dem Problem nichts ändern. Immer wieder finden sich rechtsextreme Netzwerke – gerade da, wo sie besonders effektiv schaden können: bei der Polizei, in der Bundeswehr und den Gerichten entscheiden sie über die Leben von den Menschen, die sie am wenigsten respektieren. Da ist so ein Prinz zwar eine witzige Besonderheit, kann aber trotz Titel nicht so viel ausrichten wie seine Kolleg:innen im Staatsdienst.

Währenddessen beschwert sich die CDU über die „echten Terrorist:innen“, die Deutschland in Atem halten: die Aktivist:innen der „letzten Generation“ – oder um es in den Worten der BILD-Zeitung zu sagen: die Klima-Kleber. Nur eine Razzia im rechten Milieu wäre ja auch unfair. Mit haarsträubenden Vergleichen mit der RAF wurde sich so in Rage geredet, dass man am Ende genau da landete: Ermittlungen wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung. Und hier bleibt einem das Lachen über diese Absurdität im Halse stecken, wenn man bedenkt mit welchen Maßnahmen hier gegen Menschen vorgegangen wird, die vorwiegend mit den Mitteln zivilen Ungehorsams auf den Klimawandel aufmerksam machen wollen. Die Kriminalisierung der Klimabewegung sollte nicht nur dieser, sondern allen Aktivist:innen, die für eine bessere Zukunft kämpfen, Sorge bereiten. Die Regierung aus SPD und Grünen wendet mehr Kraft darauf an, gegen Klimaaktivist:innen vorzugehen, als das Klima zu retten. Zusätzlich ist es mehr als lächerlich, dass man Zeit und Kraft darauf verwendet, Hausdurchsuchungen bei Leuten vorzunehmen, die ihre Aktionen ankündigen und ihre Strafen stoisch akzeptieren. Welche Erkenntnisse erhofft sich die Staatsanwaltschaft davon?

Natürlich ist auch diese Staatsgläubigkeit der „letzten Generation“ kritisch zu sehen und die Frage bleibt, ob sie ihre Illusionen verlieren, je härter eben dieser Staat gegen sie vorgeht.

Denn klar ist: Appellieren an den Staat wird diese Welt nicht mehr retten. Die Erderwärmung schreitet unaufhaltsam voran und die Regierung hält sich auf an Lippenbekenntnissen und buckelt vor der Wirtschaft, um das System am Laufen zu halten. Besonders drastisch zeigt das zu Beginn des neuen Jahres die angekündigte Räumung von Lützerath, weil RWE – einer der größten Energiekonzerne Deutschlands – dort Braunkohle abbaggern möchte. Dieser Kampf wird seit mehreren Jahren immer wieder aufs Neue geführt und nun versammeln sich wieder Tausende Menschen um dagegen zu protestieren. Es hat sich gezeigt, dass der Staat gewillt ist, mit allen Mitteln gegen die Proteste vorzugehen und gegen diese Repressionen müssen wir eintreten und uns solidarisieren.

Maria Brücke, Berlin

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