US-Wahl: Trump endlich weg, aber Biden ist keine Lösung

Dieses Wahljahr war in den USA ein Jahr der Superlative: die höchste je erreichte Wahlbeteiligung, der teuerste Wahlkampf aller Zeiten. Auch wenn der Auszählungsprozess nicht zu Ende ist, steht Joe Biden als Sieger fest, der rund 6 Millionen Stimmen mehr erhalten hat als Donald Trump. Viele sind froh darüber, dass Trump geschasst wurde. Besonders diejenigen, die das Ziel seiner Angriffe waren: Migrant*innen, Afroamerikaner*innen, Frauen, LGBTQ* und viele andere. Trump ist zwar beseitigt, aber der Rassismus, die Fremdenfeindlichkeit, die Verarmung der Bevölkerung zugunsten der Reichsten wird weiterbestehen. Auch Bidens „Demokraten“ sind Säulen des kapitalistischen Systems, das den Profit und damit die soziale Ungerechtigkeit zur absoluten Regel macht.

Dollar-Demokratie

Was ist das für eine Demokratie, in der viele Wähler*innen von den Wahlen ausgeschlossen sind und mit bürokratischen Mitteln aus dem Wählerverzeichnis gestrichen werden, vor allem aus der schwarzen und armen Bevölkerung? Auch deshalb ist die Wahlbeteiligung in den USA selbst in diesem Rekordjahr mit rund 66 % immer noch weit niedriger als hierzulande bei Parlamentswahlen.

Was ist das für eine Demokratie, in der sich die Wahlkampfausgaben der beiden Parteien zusammen auf 14 Milliarden Dollar belaufen und die wirkliche (Voraus-)Wahl somit für Millionär*innen und ihre Freunde reserviert ist? In der die Top-Kandidaten vom Segen der konservativen Parteiapparate abhängen und ein Sanders mit etwas sozialerem Programm vorher aussortiert wird?

Trumps Getwitter über angeblichen Wahlbetrug verschleiert die Tatsache, dass es das gesamte amerikanische Wahlsystem ist, das hochgradig ungerecht ist. Die bürgerliche Demokratie hindert dort noch offensichtlicher als hier die Arbeitenden daran, über etwas anderes als den Politiker zu entscheiden, der für das Großkapital kandidiert. Im Senat, einer der zwei Kammern im US-Parlament, hat jeder Bundesstaat zwei Vertreter*innen unabhängig von ihrer Bevölkerung. Damit zählen Wählerstimmen in wenig bevölkerten, ländlichen Regionen bis zu 68-mal mehr als in bevölkerungsreichen Staaten, wo die Mehrheit der Arbeiter*innenklasse lebt!

Sich von Trump nicht verschaukeln lassen

Der halbseidene Millionär Trump tut so, als wäre er gegen das „Establishment“ und würde die Arbeiter*innen in der Krise beschützen. Aber neben rassistischer Demagogie und seinen notorischen Lügen, was ist seine Bilanz? Ein massiver Rückgang der Arbeitslosigkeit?

Hinter den manipulierten Zahlen ist die Prekarität explodiert. Hochschullehrer haben zwei Jobs, um über die Runden zu kommen. Achtzigjährige müssen wieder arbeiten gehen. Arbeitende schlafen in ihren Autos, weil sie sich die Miete nicht leisten können. Sie werden „obdachlose Arbeiter“ genannt, weil das so weit verbreitet ist.

Trump hat durch Herunterspielen der Corona-Gefahr die USA an die Spitze der weltweiten Pandemie geführt, mit mehr als 150.000 neuen Fällen jeden Tag!

Durch diese Krise haben noch einmal mehr als 40 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Als Reaktion darauf beschloss Trump, das Großkapital durch Konjunkturpakete in Höhe von 669 Milliarden Dollar zu subventionieren. Auf beiden Seiten des Atlantiks werden die gleichen Rezepte zur Rettung des Kapitals auf Kosten der übrigen Gesellschaft angewandt.

Auch Biden wird das Kapital verwöhnen

Biden, ebenfalls Millionär, ist ein Mann der Superreichen. Seine politische Karriere begann 1973 als Senator von Delaware. Er verwandelte diesen kleinen „Unternehmensstaat“ in das größte inländische Steuerparadies der Vereinigten Staaten.

Dieser Bank- und Kriegslobbyist stimmte für alle militärischen Interventionen und Gesetze gegen die Armen, gegen Verbraucherschutz zugunsten großer Kreditunternehmen usw. Er hat seit Jahrzehnten unter Beweis gestellt, wie er kapitalistische Interessen verwaltet und die Rechnung der Arbeiter*innenklasse präsentiert.

Keine Wahlperspektive für die Arbeitenden

Wenn der Wahlzirkus vorbei ist, werden die Vereinigten Staaten weiterhin das Land sein, in dem die drei reichsten Amerikaner (Jeff Bezos, Bill Gates und Warren Buffet) mehr Reichtum besitzen als die ärmere Hälfte der Bevölkerung.

Die Spaltung der Arbeiterklasse zwischen „Demokraten“ und „Republikanern“, zwischen Weißen, Schwarzen und Latinos oder zwischen Einheimischen und Migrant*innen soll die einzige Spaltung verschleiern, die wirklich zählt: die Spaltung zwischen Ausbeuter*innen und Ausgebeuteten. Das Schicksal der Ausgebeuteten kann nicht durch eine Wahl zwischen Trump und Biden gelöst werden. Die Zukunft gehört gemeinsamen Kämpfen der Arbeitenden, der Ausgeschlossenen, der Stigmatisierten.

Viele sind in den letzten Jahren und Monaten auf die Straße gegangen, in der Black-Lives-Matter-Bewegung, aber auch bei Streiks z. B. wegen fehlenden Corona-Schutzes. Wird es ihnen gelingen, sich von einer demokratischen Partei zu emanzipieren, die immer eine Stütze des Systems war? Wird eine von den großen politischen Apparaten unabhängige Bewegung der Arbeiter*innenklasse entstehen?

In dieser Richtung liegt die Hoffnung auf bessere Zeiten für die Arbeitenden in den Vereinigten Staaten, aber auch in Europa.

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