Streikvirus

Anfang März haben wir Kolleg_innen von der CFM wieder einen tollen Streiktag hingelegt – über 500 Teilnehmer_innen aus allen Bereichen erreichten, dass unser Streik auch wirklich spürbar wurde. Doch dann nutzen Charité und CFM Corona als willkommenen Anlass unseren Streik zu untersagen. Da uns damit derzeit das wichtigste Druckmittel fehlt, setzte die Tarifkommission die Tarifverhandlungen aus. Doch wir bleiben bei der Forderung: Ein Betrieb, ein Tarifvertrag! Wie wichtig dies ist, zeigt die Tatsache, dass die CFM uns selbst den vom Senat refinanzierten Mindestlohn in Höhe von 12,50€ vorenthält.

Ohne CFM nix los!

Schon 2017 hat die CFM abgelehnt, mit uns eine Notdienstvereinbarung während des Streiks abzuschließen, angeblich weil wir nichts mit der Pflege und den Patient_innen zu tun hätten. 2020 hat sich da auch nichts verändert, bis Corona kam. Auf einmal wollte die Charité und CFM, dass wir eine Pandemie-vereinbarung unterschreiben, damit der Krankenhaus-ablauf und die Versorgung der Patient_innen ge-währleistet wird. Na huch, wir sind scheinbar doch ein ganz essentieller und wichtiger Teil, warum haben wir dann immer noch keinen TVÖD?

Aber, Herr Minister…

In diesen schweren Zeiten gibt es eine Menge Gelegenheit für unseren Super-Jens für markige Auftritte. Er macht einfach, was er am besten kann – einen guten Eindruck. Neulich stellte er sich vor die Kameras und verkündete: „Deutschland ist bestens gerüstet für den Kampf gegen Corona.“ Oh oh, müssen wir denn  den Vertreter einer – zumindest dem Namen nach – christlichen Partei wirklich an das achte Gebot erinnern: Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen… So sehr es zu begrüßen ist, jeglicher Panikmache entgegenzutreten – die Realität sieht ja doch anders aus. Wenn wir bei den derzeit moderaten Fallzahlen schon derartige Versorgungsprobleme haben… Statt sich um eine ausreichende Bevorratung für Notfälle zu kümmern, kam unser Minister lieber mit dem Vorschlag ums Eck, 300 der gegenwärtig 600 Notaufnahmen dicht zu machen. Schwein gehabt, dass er damit noch nicht durchgekommen ist…

1, 2, 3 Corona

Um sich klar zu werden, was bei einer weiteren Zuspitzung der Lage auf uns zukommen könnte, lohnt ein Blick nach Bella Italia. Plötzlich wird klar, welche Möglichkeiten das Infektionsschutzgesetz für die Einschränkung der Bürgerrechte bietet. Nur zur Erinnerung – das sind genau die Notstandsgesetze, gegen die die Großeltern einst in den 60ern demonstrierten. Sicher ist die Lage nicht zu unterschätzen – und wat mutt dat mutt.
Aber so manchem Rechten ist die Vorstellung sicher nicht unrecht, dass 100 Jahre nach dem Kapp-Putsch mal wieder Militärposten in deutschen Städten aufziehen – vielleicht finden sich in der Kasernenecke noch die alten Schilder „Halt – wer weitergeht wird erschossen!“ Ganz klar, in jedem Falle ist die zivile Lösung die bessere. Nur ungern zitieren wir den FDP-Lindner. Aber in dem Falle bietet es sich an: überlasst die Lösung den (medizinischen) Expert_innen – die Politik und das Militär sollten ihre Pfoten da lieber rauslassen…

Die Lage ist zwar hoffnungslos,

aber keineswegs ernst. Das ist in etwa der Grundtenor verschiedener Berichte über die Lage in deutschen Intensivstationen. Deutlich wird, dass es nicht erst einer  Corona-Pandemie bedurfte, um das deutsche Gesundheitssystem  an den Rand des Zusammenbruchs zu bringen. Dauerhafte Überlastung infolge von Personalmangel als Dauerzustand ist flächendeckend Normalität geworden. So gab es in Bremen laut NDR im zweiten Halbjahr 2019 eine Intensivbetten-Abmeldequote von 66% – bundesweit kein Einzelfall.

Mediziner_innen auf der Flucht

Angesichts vielerorts angespannter Arbeitsbedingungen – Personalnot, fehlenden Mitteln – wächst die Suche nach Auswegen. Aktuell wird gerade über den Wechsel einer kompletten Abteilung – Ärzt_innen und Pflegepersonal – von Vivantes zu einem anderen Anbieter in Berlin berichtet. Das nennt man wohl „Arbeitsbedingungen zum Davonlaufen“…

Spahns Fürsorge

„Deshalb entlasten wir sie in dieser Lage bis auf weiteres von Dokumentationsaufwand und Auflagen in der Pflege.“ Toll, doch nein, gemeint ist nicht die Versorgung am Bett, sondern die Verwaltung der Kliniken. Denn mit diesen Worten hat Spahn die Pflegepersonaluntergrenzen außer Kraft gesetzt. Damit ist die Versorgung der Patient_innen in klar bekannter Unterbesetzung nun wieder rechtlich legitimiert. Klar die Patient_innen mit oder ohne Corona und wir Arbeitenden in den Kliniken müssen wieder und wieder für die verfehlte Gesundheitspolitik büßen.

Liebe Kolleg_innen,

meint ihr das wirklich ernst? Bei der Managementpflichtübung „Charité 2030“ gab es Anregungen wie die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle und leistungsabhängiger Vergütungs-zuschüsse. Wollen wir uns wirklich weiter flexibilisieren? Manch einer mag denken, dann habe ich es leichter mit dem Familienalltag oder ähnliches. Doch solche Regelungen vereinzeln uns auch und allzu schnell ist der einzige Profiteur flexibler Arbeitszeiten die Chefetage.  Manch Ärztin kennt das aus den ach so tollen Opt-Out-Regelungen im Tarifvertrag. Wir finden auch, dass die Arbeit, die wir heute leisten, vernünftig bezahlt werden muss. So dass wir auch künftig in dieser Stadt die Mieten zahlen können ohne irgendwelche Zusatzleistungen auf Arbeit erbringen zu müssen.

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