Am 14. Dezember wurde Mayotte [eine Insel im Indischen Ozean und französisches Staatsgebiet] vom Zyklon Chido heimgesucht, und die Situation ist für die Bevölkerung dramatisch.
Diese Situation wirft ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten der Insel und insbesondere auf die Versäumnisse des französischen Staates. Der neue französische Premierminister Bayrou entsandte den ehemaligen Minister für die Überseegebiete und vor allem [den französischen Innenminister] Retailleau, dem Nachfolger von Darmanin, der noch schlimmer ist als sein Vorgänger. Dieser ist auf Mayotte in schlimmer Erinnerung geblieben mit seiner Jagd auf Arme und Migrant:innen im Rahmen der von ihm geleiteten Operation Wuambushu im April 2023 in dieser Region.
Erhebliche Schäden …
Der Zyklon verwüstete den gesamten Norden Mayottes mit Windböen von über 220 km/h. Der Hafen von Mamoudzou wurde zerstört, der Flughafen schwer beschädigt und auch das Krankenhaus wurde beschädigt. Ganze Stadtviertel wurden von der Landkarte gelöscht. Die Zahl der Todesopfer ist nach wie vor schwer zu ermitteln: Bisher wurden offiziell 14 Tote gezählt [bis 16. Dezember], der Präfekt äußerte die Befürchtung, dass in Wirklichkeit Tausende unter den Trümmern begraben sind. Die Zahl der Einwohner, die alles verloren haben, ist weitaus höher. 100.000 Einwohner sollen obdachlos sein, was fast einem Drittel der Einwohner:innen des Archipels entspricht.
Vor dem Hintergrund des verbreiteten extremen Elends …
Aufgrund der Schäden an der Infrastruktur ist der Zugang zu Strom, Telefon und fließendem Wasser noch schwieriger als sonst, was die Arbeit der Rettungskräfte erschwert. Zumal die ohnehin schon unzureichend instand gehaltenen Straßen durch die vielen vom Wind umgewehten Bäume unpassierbar geworden sind.
Die ärmsten Viertel sind an vorderster Front betroffen. Die Slums machen ein Drittel der Behausungen in Mayotte aus: Sie sind aus Blech gebaut und wurden weggespült. Migrant:innen ohne Aufenthaltserlaubnis sind noch stärker betroffen: Viele von ihnen suchten aus Angst vor Verhaftung keinen Schutz in Unterkünften. Krankenhäuser und Gesundheitszentren, die sich bereits in einem schlechten Zustand befanden, wurden beschädigt und überschwemmt und sind nun nicht mehr in der Lage, alle Verletzten aufzunehmen und zu versorgen.
Naturkatastrophen treten aufgrund der verheerenden Auswirkungen des Kapitalismus auf das Klima immer häufiger auf, wie die jüngsten Überschwemmungen in Valencia, Spanien, in Erinnerung gerufen haben. Der Hurrikan Chido hat jedoch mehr mit Katastrophen wie in Pakistan im Jahr 2022 oder in Libyen im Jahr 2023 gemeinsam: Die Situation von Elend und Unterentwicklung macht diese Menschen nämlich noch schutzloser als die Menschen in reichen Ländern.
… und der Verantwortung des französischen Staates
Der französische Staat reagierte zunächst mit der Ankündigung, 1.600 Polizisten und Gendarmen auf der Insel zu stationieren, wobei er sich offensichtlich weniger um die Probleme der Bevölkerung als um die „Plünderungen“ sorgte. Danach korrigierte er seine Öffentlichkeitsarbeit, indem er die Entsendung des Zivilschutzes, von Feuerwehrleuten und die Einrichtung einer Luftbrücke zwischen Frankreich und Mayotte über La Réunion hervorhob. Dies war besonders schockierend, da die Einwohner, die von allem abgeschnitten sind, nach Wasser und Nahrung suchen!
Obwohl Bayrou ankündigte, die Situation „Stunde für Stunde“ zu beobachten, und die Vertreter des Staates schworen, ihr Bestes zu tun, um die Situation zu verbessern, hat das die Sorgen der Einwohner jedoch keineswegs kleiner werden lassen. Über den Schock hinaus gibt es eine Revolte gegen den französischen Staat. Ein Gefühl der Vernachlässigung, das nicht von irgendwoher kommt: Die Unterfinanzierung der öffentlichen Dienste und die Repression sind in Mayotte ständige Begleiter. Dies hat sich in den letzten Jahren mit der katastrophalen Verwaltung der Corona-Pandemie und der Jagd auf Arme und Migrant:innen während der Operation Wuambushu noch verschlimmert.
Die Krokodilstränen von Präsident Macron und seinen Gefolgsleuten sind daher besonders heuchlerisch.
Mayotte ist offiziell ein französisches Departement. Doch die Situation auf der Insel ähnelt viel eher der der Ärmsten unter den afrikanischen Nachbarländern als der im Mutterland des siebtreichsten Landes der Welt. Dieser Zyklon traf auf ein Gebiet, das bereits seit Jahren vom Imperialismus verwüstet wird, und führte zu einer Katastrophe, die ihrerseits keine natürliche Ursache hat.
[Dieser Artikel erschien am 16. Dezember 2024 auf der website der NPA Révolutionnaires: Mayotte : catastrophe naturelle et catastrophe sociale]
Beitragsbild: VIIRS imagery from NOAA’s NOAA-21 Satellite via Wikipedia