Gewinne der Energiekonzerne in Österreich:
Gewinnabschöpfung und Kommunismus

Der österreichische Bundeskanzler wurde zuletzt mit einem ungewöhnlichen Vorwurf konfrontiert. Der konservative ÖVPler hätte das links-rechts Schema hinter sich gelassen und betätige sich jetzt als Linkspopulist, wie der Chefredakteur der Tageszeitung „Die Presse“ im Leitartikel schreibt. Wie kommt es dazu? Hat Österreich nach einer kommunistischen Bürgermeisterin in Graz etwa auch noch einen kommunistischen Regierungschef? Was soll das bitte für ein Kommunismus sein?

Reallohnverluste seit 1955. Die Preis­erhöhungen werden vor allem durch ge­stiegene Energiepreise getrieben, der Strompreis hat sich vervielfacht. Hinter­grund ist der Ukraine-Krieg und die Dis­kussion um einen Ausstieg aus russischem Gas, dessen Preis dadurch massiv gestiegen ist. Durch die soge­nannte Merit-Order ergibt sich, dass der Strompreis durch das teuerste verwen­dete Kraftwerk zustande kommt. Das ist derzeit in der Regel ein Gaskraftwerk.

Das heißt, obwohl in Österreich der Energiemix zu 75 % aus erneuerbaren Energien besteht und der größte Strom­anbieter VERBUND ausschließlich Strom aus Wasserkraft produziert, werden die Kunden voll zur Kasse gebeten. Für die Energieanbieter, die kein oder kaum Gas verwenden, bedeutet die Situation riesige Extraprofite.

Gewinne besteuern

Hier hakt Karl Nehammer mit dem Vor­schlag ein, der Konzernchefs und Journaille so wütend macht. Nehammer lässt das Finanzministerium prüfen, wie diese unerwarteten Profite, sogenannte Windfall Profits, mittels einer Sonder­steuer abgeschöpft werden könnten. Immerhin stellt die Regierung jedem Haushalt einen 150-Euro-Gutschein für die Energiejahresabrechnung zur Verfü­gung, da möchte Nehammer die Staats­kassen auch wieder auffüllen.

Nehammers Vorschlag ist sehr unkonkret, jedenfalls soll er nur Unter­nehmen betreffen, die in teilstaatlichem Besitz sind. Die Aktie vom VERBUND, wo fast 80 % vom Staat gehalten werden, ist seitdem massiv eingebrochen und hat 5 Milliarden Euro verloren. Bürger­liche Ökonomen sehen sich darin bestä­tigt, dass Besteuerung der Wirtschaft schadet. Wir fragen stattdessen, warum der Energiesektor überhaupt eine private Beteiligung hat und an der Börse notiert ist.

Ungewöhnlich sind solche Maßnahmen auch unter Konservativen jedenfalls nicht. Nehammers italienischer Kollege, Premier Draghi, hat gerade erst den Steuersatz auf Zusatzgewinnen aus den letzten 6 Monaten auf 25 % erhöht, der konservative griechische Regierungschef Mitsotakis möchte Gewinne, die über dem Vorjahresschnitt liegen, mit 90 Prozent besteuern. Die EU-Kommission erlaubt dies explizit.

Teuerung bekämpfen

Selbst wenn es zu einer Besteuerung der Extraprofite kommt, was überhaupt nicht wahrscheinlich ist, ist das nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein. Mit Kommunismus hat das schon gar nichts zu tun. In den letzten 30 Jahren wurde ein großer Teil der öffentlichen Infrastruktur privatisiert, ausgelagert bzw. EU-Richtlinien entsprechend liberalisiert. Seitdem muss immer wieder der Staat einspringen, um die Absurditäten des Marktes zu begrenzen.

Forderungen gegen die Teuerung gibt es viele, wie die Koppelung der Löhne an die Inflation, gesetzlicher Energie­preisstopp und Mietendeckelung, Höchstpreise für Güter des täglichen Be­darfs, erhöhte Heizkostenzuschüsse für Haushalte unter dem Median­einkommen, Abschaltverbot für die Energieversorger und die Finanzierung all dessen durch Kapital und Vermögen der Reichen, um nur die Wichtigsten zu nennen. Diese werden wir aber nicht von Nehammer oder anderen bürgerlichen Politiker:innen geschenkt bekommen, sondern sie müssen erkämpft werden.

Gerade im Energiebereich, der für die Versorgung der Menschen notwendig ist aber auch mit dem klimawandelerzeugenden CO2-Ausstoß verbunden ist, zeigt sich die Notwendigkeit einer geplanten Wirtschaft, die sich nach den Bedürfnissen der Menschen richtet und dabei gleichzeitig die Umwelt schützt.

Florian Weissel, Wien

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