Fundamentalisten gegen Frauenrechte am Obersten US-Gerichtshof

Am 24. Juni haben die Richter:innen des Obersten Gerichtshofs der USA ein Urteil aus dem Jahr 1973 aufgehoben, das das Recht auf Abtreibung im gesamten Land garantierte. Die Infragestellung des Rechts von Frauen, über ihren Körper selbst zu ent­scheiden – ein Recht, das durch viele Kämpfe erworben wurde – ist leider nicht neu (z. B. in Polen im letzten Jahr). Dass nun aber das mächtigste und angeblich modernste Land der Welt an der Reihe ist, ist ein gefährliches Signal für die Frauen der ganzen Welt und insbesondere für Frauen aus den unteren Klassen.

Sechs Richter:innen und mächtige Lobbys

Diese Abschaffung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch, die vom Obersten Gerichts­hofs mit sechs zu drei Stimmen beschlossen und von Donald Trump als „Gottes Wille“ gefeiert wurde, ist nicht nur das Werk dieser reaktionären Richter:innen. Von den 50 Bundesstaaten der USA hatten 13 bereits ihre Verbotsgesetze vorbereitet und warteten nur noch auf das Dekret des Obersten Gerichtshofs um sie umzusetzen. Weitere könnten folgen. Texas war im September 2021 mit einem sogenannten „Herzschlag“-Gesetz vorgeprescht, das Abtreibungen ab der siebten Schwangerschaftswoche verbietet – eine Frist, die den Abbruch in den meisten Fällen unmöglich macht.

Was den Obersten Gerichtshof betrifft, so hatte dieser einen Tag vorher das Tragen von Waffen auf den Straßen von New York erlaubt, um die mächtige Waffenlobby zufrieden zu stellen. Und das, wo es in den USA im letzten Jahr 700 Amokläufe mit Schusswaffen gab. Tolle Verteidiger:innen des „Rechts auf Leben“!

Frauen aus den unteren Klassen sind die ersten Opfer

Apple oder die Morgan Bank haben angekündigt, sie wür­den ihren Angestellten die Fahrtkosten finanzieren, wenn diese für einen Schwangerschaftsabbruch in einen ande­ren Bundesstaat fahren müssten. Wollten sie damit fortschrittlicher erscheinen? Oder ging es darum, dass eine Untersuchung errechnet hat, dass das Abtreibungsverbot die US-Wirtschaft jährlich über 105 Millionen Dollar kosten würde, wegen der Komplikationen bei illegalen Abbrüchen mit entsprechenden Behandlungskosten, wenn nicht sogar Todesfällen? Wie immer sind es Frauen aus den unteren Klassen, die die Folgen dieser Angriffe am härtesten zu spüren bekommen, die prekären mit den niedrigsten Löhnen oder ganz ohne Job.

Die Heuchelei der regierenden „Demokraten“

Biden empört sich, gibt sich aber hilflos. Seine einzige Lösung: Das Recht auf Abtreibung zu einem der Wahlkampfargumente der Demokraten bei den anstehenden Zwischenwahlen zu machen, nachdem er die Protestie­renden dazu aufgerufen hat, Ruhe zu bewahren. Glücklicherweise wurde er nicht erhört und die Proteste nahmen zu!

Auch in Deutschland wird Abtreibung nach wie vor kriminalisiert. Selbst wenn die Ampel nun endlich das sogenannte „Werbeverbot“ für Abtreibungen abgeschafft hat, sodass Ärzt:innen über Schwangerschaftsabbrüche umfassend informieren dürfen, bleibt der § 218 in Kraft, der noch aus Zeiten des Kaiserreichs stammt. Abbrüche sind demnach verboten, aber – unter bestimmten Umständen – straffrei. Diese verlogene Regelung führt u. a. dazu, dass Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen dürfen. Der § 218 gehört endlich abgeschafft!

Soziale Rückschritte und reaktionäre Ideen bekämpfen

Nicht nur in den USA sind reaktionäre Kräfte in der Offensive, meist sind es dieselben Kräfte, die Abtreibungen bekämpfen und rassistische Hetze betreiben. In der AfD finden die selbsternannten „Lebensschützer:innen“ eine politische Heimat.

Gegen all diese Verfechter:innen rückwärtsgewandter Ideen und gegen den sozialen Rück­schritt können wir uns durch die Zigtausenden von Demonstrantinnen und Demonstranten nur bestärkt fühlen, die in vielen Städten der USA auf die Straße gingen, um gegen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu protestieren. Erinnern wir uns daran, dass es in den letzten Jahren Massendemonstrationen und der Kampf von Frauen waren, die das Recht auf Abtreibung in Argentinien oder in Irland erkämpft haben!

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