„Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist, es wär‘ nur deine Schuld, wenn sie so bleibt„

Und schon wieder ist Chemnitz in den Medien. Vor ca. zwei Wochen wurde dort eine rechtsextreme Terrorzelle namens „Revolution Chemnitz“ hochgenommen, die Anschläge für den 3. Oktober geplant haben soll. Acht Männer wurden bisher in Sachsen und Bayern festgenommen. Doch nicht nur diese Herren haben die Medien nach Chemnitz gelockt, in den vergangen Wochen gab es dort große Demonstrationen, größtenteils von bekannten Neonazis organisiert, aber auch Verfolgungsjagden gegen alle, die nicht „deutsch“ genug aussahen. Ähnliches versuchten Rechtsradikale in Köthen (Sachsen-Anhalt) und ein fälschlicherweise festgenommener Syrer verbrannte in einem Gefängnis in Nordrhein-Westfalen.

Das kennen wir doch?

All diese Nachrichten erinnern an die politische Situation in den 90er Jahren – angefangen von dem brennenden Flüchtlingsheim in Rostock-Lichtenhagen bis hin zu den Verfolgungsjagden und Morden in Solingen, Mölln und Hoyerswerda. Das waren keine „besorgten Bürger“ oder „verwirrte Arbeiter“. Alte und neue Nazis aus West- und Ostdeutschland trauten sich wieder aus ihren Löchern und versprachen „nationale Antworten“ auf soziale Probleme nach der Wende 1989. Schon damals wurde so versucht, die Schuld für die Sparpolitik und den Arbeitsplatzabbau den Geflüchteten und „nicht-deutsch“ aussehenden Menschen in die Schuhe zu schieben. Die Regierungen seit dieser Zeit, egal ob schwarz, rot, gelb oder grün, haben dagegen eine skrupellose Politik für die Unternehmer_innen betrieben und diese mit Kürzungen im Sozialsystem bezahlt. Sie haben Hartz IV eingeführt, das Gesundheits- und Bildungssystem (teil)privatisiert oder prekäre Arbeitsverhältnisse mit diversen Gesetzen gefördert.

Die AfD macht‘s auch nicht besser

Die Konsequenz dieser Politik ist eine Wut in der Bevölkerung, die von rechten Rattenfängern geschickt aufgegriffen und gegen „Fremdes“ gewendet wird. Die scheinbare Ohnmacht gegenüber den Angriffen von oben wird mit scheinbarer „Macht“ und „Größe“ gegen Schwächere ausgeglichen. Die AfD versteht es besonders geschickt, diese Ohnmacht auszunutzen. Aber ihre rassistische Propaganda ist keine Antwort auf die sozialen Probleme, wie z.B. zu niedrige Renten. Denn genau darauf kennt die AfD bis heute keine Antwort (Rentenkonzept wird z.B. immer noch diskutiert). Und die Unternehmer_innen reiben sich weiterhin die Hände: anstatt mit unseren „arabischen“ oder „muslimischen“ Kolleg_innen gemeinsam gegen zu hohe Mieten, unsichere Arbeitsplätze und zu niedrige Löhne und Renten zu kämpfen, werden wir gegeneinander ausgespielt um noch mehr Profite zu erwirtschaften.

Was nun?

Die AfD, Pegida und die Nazis sind nicht die Mehrheit in diesem Land. Im Gegenteil: Millionen Menschen setzen sich für Flüchtlinge und eine bunte und tolerante Gesellschaft ein. Trotzdem aber beherrschen die Rechten die Diskussion in den Medien, scheint die AfD unaufhaltsam zu wachsen. Setzen wir ihnen etwas entgegen. Statt den Rassismus im Betrieb, im Bekanntenkreis oder in den Medien weiter schweigend hinzunehmen, müssen wir zeigen, dass wir mehr sind wie bei den großen Demos in Chemnitz gegen die Rechtsradikalen. Aber „gegen Rechts“ zu sein, reicht nicht, wir müssen auch die soziale Ursache der rechten Hetze angehen. Statt Arbeitsplatzabbau für Profitinteressen zu akzeptieren, können wir anfangen zu streiken wie die Arbeitenden von Halberg Guss in Leipzig, die trotz bester Konjunktur entlassen werden sollen.

Auch in Frankreich beherrschten nach den menschenverachtenden Terroranschlägen von Islamisten die Rechten vom „Front National“ die politische Bühne. Auch in Frankreich wurde diskutiert, ob Menschen aus Nordafrika oder „Muslime“ nicht das größte Problem im Land seien. Die Spaltung ging bis in die Betriebe und Nachbarschaften. Als aber im Frühjahr die französischen Arbeitenden, Eisenbahner_innen aber auch Studierende und Schüler_innen auf die Straße gingen und das Land mit Streiks überzogen, waren diese rechten Kräfte plötzlich still und kaum einer hörte sie noch. Im Kampf gegen die unsozialen Angriffe der Regierung wurde sehr schnell klar, dass wirkliche Grenzen eben nicht zwischen Hautfarbe, Herkunft oder Religion bestehen sondern zwischen oben und unten. Und das ist unser wahres Problem!

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