Die schockierende Tragödie in Magdeburg hat 5 Tote hinterlassen, darunter ein Kind. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Über den Täter, der mit einem Auto in einen Weihnachtsmarkt in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) gerast war, weiß man noch nicht viel: er arbeitete bislang als Arzt in der Nähe von Magdeburg, lebt seit 2006 in Deutschland und Nachbarn beschreiben ihn als unauffällig. Über das Motiv weiß man auch sehr wenig.
Aber allein die Tatsache, dass der Täter in Saudi-Arabien geboren und 2006 nach Deutschland geflohen war, reichte der radikalen Rechten, einschließlich der Führung der AfD, wieder eine allgemeine Gefahr durch Migrant:innen heraufzubeschwören. Wie immer, wenn es irgendeine Misere gibt, laufen die Kanäle der AfD und anderer extrem Rechter hoch und hämmern uns in Dauerschleife ein, die Mirgant:innen seien schuld, nur radikale Abschiebung helfe. AfD-Chefin Weigel fragte: „Wann hat der Wahnsinn ein Ende“ und meint damit, wann hat der letzte Migrant Deutschland verlassen? Der Chef der französischen extrem rechten Partei Rassemblement National ging sogar soweit, den Täter als Islamisten zu brandmarken.
Ein Anschlag im Klima des Rechtsrucks
Nur, dann hat sich herausgestellt, dass der Täter noch in Saudi-Arabien dem Islam den Rücken gekehrt hatte und seitdem als radikaler „Islamkritiker“ hervortrat. Außerdem ist er Fan von Elon Musk – einem Rassisten und Halb-Faschisten, Trump-Freund und neuerdings AfD-Unterstützer.
Der Täter selbst ist ein Anhänger der AfD und ganz im Stil der AfD (und auch CDU-Merz und FDP-Lindner) wetterte er gegen die Flüchtlingspolitik unter Merkel und beklagte in Social Media Posts die Gefahr einer „Islamisierung Europas“. Außerdem ist er Anhänger der rechtsradikalen Pläne eines Groß-Israel. Das ist nicht gerade der „Vorzeige-Migrant“, gegen den AfD und Co. so gerne hetzen. Ganz im Gegenteil: es könnte sich schnell herausstellen, dass er gut zum Rechtsruck und der Propaganda passt, die AfD und auch die Regierungsparteien seit langem verbreiten! Wenn AfD-Chefin Weidel ein Ende des „Wahnsinns“ will, dann ein Ende…. der AfD-Gefolgschaft? Die extreme Rechte schaut zuerst auf die Herkunft eines Menschen und will daraus alles Mögliche ableiten und verallgemeinern. Was lässt sich aus AfD-nahen Ideen des Täters ableiten und verallgemeinern? Sagen die politischen Ideen des Täters nicht viel mehr aus über dessen Tat als seine Herkunft? Aber das passt nicht ins Bild der AfD, denen es immer zuerst darum geht – auch aus jeder Einzeltat – gegen die Migrant:innen zu hetzen und die Leute gegeneinander aufzubringen.
Für die Migrant:innen in ganz Deutschland – oder solche Menschen, die „wie Migrant:innen aussehen“ – ist diese rechte Hetze ein Problem. Während der Trauerfeier in Magdeburg skandierten Rechtsextreme ekelhafte Sprüche. Aus verbaler Hetze kann schnell Gewalt werden. Rechtsextreme Gewalt ist seit langem ein großes Problem und nimmt weiter zu. Beratungsstellen in Magdeburg schlagen schon Alarm.
In der rechten Ecke hat man inzwischen, nachdem die politische Einstellung des Täters nicht ins Bild passen will, einen anderen Dreh gefunden. Saudi-Arabien, das Herkunftsland des Täters, soll vor ihm gewarnt haben. Hätten die deutschen Behörden also reagieren und den Kerl und damit „das Problem“ abschieben sollen? Auch über diese Warnung aus Saudi-Arabien erfährt man eigentlich so gut wie nichts. Könnte sein, dass sich auch diese Story für die extreme Rechte als Sackgasse herausstellt. Denn das saudi-arabische Regime ist eine fürchterliche islamistische Diktatur, in der Hinrichtungen Oppositioneller, willkürliche Verhaftungen und vielfältige Verbote für Frauen an der Tagesordnung sind. Dieses Regime will also gewarnt haben vor einem Menschen, der wegen politischer Verfolgung geflohen und in Deutschland Asyl bekommen hatte, was außerordentlich selten passiert. Der Täter in Magdeburg war seit Jahren Aktivist gegen das saudische Regime und half Frauen auf der Flucht. All das Unrecht in Saudi-Arabien ist wiederum kein Hindernis für Deutschland, beste politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Saudi-Arabien zu pflegen.
Unsere Solidarität gegen das Gift der Vorverurteilungen und Vorurteile
All diese komplexen und vielen offenen Fragen hindern die extreme Rechte nicht, die Stimmung weiter gegen alle Migrant:innen anzuheizen und dabei die Angst vor Anschlägen – um so fürchterlicher wenn es Menschen auf einem harmlosen Weihnachtsmarktbesuch trifft – für sich zu missbrauchen. Und aus Erfahrung ähnlicher Ereignisse der letzten Zeit müssen wir damit rechnen, dass auch die (ehemaligen) Regierungsparteien auf die Propaganda der AfD aufspringen werden.
Ihnen ist unsere Sicherheit völlig egal. Wir wissen – die Statistiken sind klar – dass die größte Gefahr Opfer einer Gewalttat zu werden im Bekannten- und Familienkreis besteht. Und wir wissen auch, dass die größte allgemeine Gefahr für die Lebens- und Arbeitsbedingungen der arbeitenden Klasse nicht als Migrant auf Booten über das Mittelmeer oder zu Fuß über die polnische Grenze kommt, sondern in schicken Anzügen mit superteuren Limousinen vorfährt.
Bleiben wir also solidarisch – egal wo wir geboren sind – und halten zusammen gegen das Gift, das die extreme Rechte mit CDU & Co. im Schlepptau verbreiten!