100 Milliarden für Rüstung und Krieg –
wie weit werden sie noch gehen?

Die deutsche Bundesregierung benutzt den Krieg in der Ukraine, um ein noch nie dagewesenes Aufrüstungsprogramm auf den Weg zu bringen. In seiner Regierungserklärung am 27. Februar sprach SPD-Bundeskanzler Scholz fünfmal von einer „Zeitenwende“. Und das ist es tatsächlich, weil seit dem Zweiten Weltkrieg keine deutsche Regierung gewagt hat, solch ein Aufrüstungsprogramm zu beschließen.

Scholz sprach von einer „großen, natio­nalen Kraftanstrengung“. Die „grüne“ Außenministerin Baerbock kündigt mehr deutsche Bundeswehreinsätze an. Genau wie beim ersten Auslands-Kriegseinsatz der Bundeswehr im Kosovo 1999 ist es wieder eine sozial­demokratische Regierung unter Beteiligung der ehemaligen „Friedenspartei“ der Grünen, die solche Kriegstreiberei beschließt.

Am 16. März wurden die Eckpunkte der Aufrüstungspläne für den Bundeshaus­halt umgesetzt: Es wird noch dieses Jahr ein „Sondervermögen“ für die Bundes­wehr in Höhe von 100 Milliarden Euro geschaffen. 100 Milliarden – da kommt sofort die Frage auf, was mit den Schulen, den Krankenhäusern, den Renten, den Sozialleistungen usw. ist, für die angeblich nie Geld da ist … Noch zu­sätzlich wird der Verteidigungshaushalt um 7,3 % erhöht. Insgesamt sollen „Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Brut­toinlandsprodukts Deutschlands“ in die Bundeswehr fließen.

Die österreichische Regierung hat Ähn­liches angekündigt. Sie will das Heeres­budget ebenfalls „deutlich anheben“. Von derzeit 0,8 % des BIP könnte es auf 1,5 % fast verdoppelt werden. Zudem ist ein 10 Mrd. Euro schwerer „Neutralitätsfonds“ im Gespräch, der dem Ausbau militärischer Infrastruktur dienen soll. Beide Regierungen nutzen die verbrei­tete Empörung angesichts der schreck­lichen Bilder aus der Ukraine. Dem muss man doch militärische Stärke entgegen­setzen?! Als ob die NATO, deren Teil die Bundeswehr ist, nicht schon die größten und mächtigsten Armeen der Welt hätte. Die NATO insgesamt hat in den letzten Jahren ihre Ausgaben deutlich erhöht: von 895 Mrd. Dollar (2015) auf 1.106 Mrd. Dollar (2021). Laut SIPRI sanken demge­genüber die russischen Ausgaben von 80 Mrd. Dollar (2016) auf 61,7 Mrd. Dollar (2020).

Auch der deutsche Verteidigungshaus­halt steigt seit 2015 jedes Jahr, auf zu­letzt 46,9 Mrd. Euro – ohne all die Gelder, die auf verschleierteren Kanälen an die Bundeswehr fließen. Bei 2 % des Brutto­inlandsprodukts wären es sogar 71,4 Mrd. Euro gewesen! Das entspräche 13 % des gesamten Bundeshaushaltes und damit viel mehr als zum Beispiel das Gesund­heits- oder Bildungsministerium be­kommen.

Auch wenn hochrangige Militärs mit Hilfe von „Beratern“ seit Jahren den Ein­druck zu erwecken versuchen, die Bun­deswehr sei kaputt gespart worden, ist dies angesichts dieser Milliarden­schwemme sicher nicht die Wahrheit. Mit der jahrelangen „Schrotthaufen-Debatte“ sollte eine Akzeptanz für massiv steigende Rüstungsausgaben geschaffen werden, die in der Bevölke­rung immer sehr kritisch beäugt wurden. Die Bundesregierung pokert darauf, dass das jetzt mit dem Krieg in der Ukraine anders sein könnte.

Seit Jahren ist die Wunschliste der Bundeswehr (und der Rüstungsfirmen!) lang. Jetzt wurden die Schleusen geöff­net. Mit einem Handstreich erledigte Scholz auch die strittigen Themen be­waffneter Drohnen und der Nachfolge der Tornados. Schamlos und offen be­kennt sich die Bundesregierung nun zur Anschaffung neuer Kampfjets für Atom­waffen, was den wohlklingenden Namen „nukleare Teilhabe“ trägt. Aber ganz offensichtlich hat die welt­weite Aufrüstung, die wir seit Jahrzehn­ten sehen, nicht zu mehr Sicherheit und Frieden geführt … Die Militärausgaben und die damit zusammenhängenden Einsätze sind klar ein Teil des Problems und keine Lösung!

Von der weltweiten Aufrüstung profitieren als erstes die Rüstungsfirmen – und wir müssen damit rechnen, dass die Bevölkerungen mit drastischen Kür­zungen dafür bezahlen sollen. Jean Jaurès, ein französischer Sozialist, er­klärte schon Ende des 19. Jahrhunderts, dass der Kapitalismus den Krieg in sich trägt wie die Gewitterwolke das Un­wetter. Es ist immer noch wahr.

Sabine Müller, Berlin

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