Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten

Eine „Eilmeldung“ nach der anderen huscht über die websites von Tagesschau & Co. Mal ist es die Hiobsbotschaft von Wirtschaftsminister Habeck: die deutsche Wirtschaft will einfach nicht wachsen. Mal ist es das Grauen von Finanzminister Lindner: 14 Milliarden fehlen bei den Steuereinnahmen des Bundes, der Länder und Kommunen. Und dann auch noch 17,8 Milliarden, die bei den gesetzlichen Krankenkassen fehlen. Und am allerschlimmsten: nach Volkswagen meldet nun auch Porsche „Gewinneinbruch“.  Aus allen Parteien, Wirtschaftsinstituten und Vorständen kommt ein Geschrei an Plänen und Forderungen zur Rettung der Wirtschaft. Weder die superreichen Familien noch die Wirtschaftsleute müssen angesichts dieser neuen Geschäftigkeit in Panik geraten. Besteuerung der großen Vermögen und Konzerne steht nicht auf der Tagesordnung.

Dabei hat unsereiner längst kein Gefühl dafür, was diese „Milliarden“ bedeuten. 14 Milliarden Euro, die bei den Steuereinnahmen fehlen, ist das viel? Jedenfalls wird das von Spitzenpolitikern zum Anlass genommen, erneut mit Sorgenfalten eine „wirtschaftspolitische Wende“ zu verlangen – übersetzt: Subventionen und Steuersenkungen für Konzerne, längere Arbeitszeiten, Kürzungen beim Bürgergeld und bei Leistungen an Geflüchtete, auf dass die Menschen gezwungen sind, unter den miesesten Bedingungen zu arbeiten. 14 Milliarden Minus sind bei 950 Milliarden Steuereinnahmen insgesamt allerdings nicht sooo dramatisch nah am Zusammenbruch des deutschen Staates. Mal abgesehen davon, dass der reichste Mann Deutschlands das locker aus seinem Vermögen zahlen könnte und immer noch 30 Milliarden hätte. Auch 26 Milliardärsfamilien haben in den letzten Jahren nur 6 Millionen Euro Erbschaftssteuer statt 2,1 Milliarden Euro gezahlt, weil sie sich kreativ arm gerechnet haben. Andererseits hat die Regierung ihre eigenen Prioritäten, wofür Steuergeld ausgegeben werden muss: zum Beispiel Aufrüstung und Waffenlieferungen, zum Beispiel nach Israel, um dort einen Genozid an den Palästinenser:innen zu unterstützen…

In Berlin wird eine Haushaltssperre verhängt und die CDU/SPD-Regierung hat ihre Streichliste erarbeitet. Darauf stehen die Löhne für alle Landesbeamten und Angestellten, die Jungendsozialarbeit, die Kultur, die Hochschulen… und neuerdings die Klassenfahrten der Schulen. Auf der anderen Seite hat der größte Wohnungskonzern Vonovia durch einen völlig legalen Steuertrick es geschafft, statt 1 Milliarde Euro Steuern an das Land Berlin Null Euro zahlen zu müssen.

Die Staatskassen und Kassen der Sozialversicherungen sind leer, weil die Taschen der Konzerne und superreichen Familien so voll sind.

Und nein, es sind wirklich nicht die Migrant:innen Schuld. Laut des Magazins Forbes kommen die zehn reichsten Deutschen 2024 auf ein Vermögen von mehr als 200 Milliarden Dollar. Laut manager magazin haben die 500 reichsten Familien in Deutschland 1,1 Billionen Euro. Sie sind, im Gegensatz zum Großteil der Bevölkerung, durch Corona und Gaskrise noch viel reicher geworden. Sie können sich darauf verlassen, dass sie ihr Vermögen unangetastet auch nächstes Jahr genießen können. Oder nehmen wir unseren Lieblingsreichen Elon Musk. Der gräbt in Brandenburg nicht nur das Wasser ab und beutet die Leute in seiner Giga-Factory aus (wieviel Steuern zahlt er eigentlich, abzüglich der vielen staatlichen Unterstützung?). Mit seinem unglaublichen Vermögen von 247,7 Milliarden Dollar kauft er sich sogar die Präsidentschaftswahl in den USA.

Selbst die Industrie ist weiterhin Weltspitze. 112 Milliarden Euro Gewinne werden die 40 DAX-Unternehmen dieses Jahr machen. Sie jammern, weil das nicht so viel ist, wie sie erhofft hatten. Es ist trotzdem eines der besten Jahre in der Geschichte des DAX.

Dieses „Jammertal“ erinnert an die 2000er Jahre vor der Agenda 2010 und Einführung von Hartz IV. Die Hetze gegen Bürgergeldempfänger:innen erinnert auch stark daran. Die Debatte um Sanktionen betrifft gerade einmal 16.000 „Totalverweigerer“. Auf der anderen Seite hat sich die Zahl der Personen, die nur von Mieteinnahmen, Zinsen und Gewinnen, die andere erwirtschaftet haben, leben, in den letzten 15 Jahren auf 900.000 Personen, mehr als verdoppelt. Diese Menschen gehen gar nicht arbeiten, über die Hälfte war noch nie arbeiten, weil sie geerbt haben. An diese Menschen müssen wir ran.

Es liegt an den Arbeitenden selbst, dieses verlogene Spiel der Reichen und Konzernchefs zu beenden, schnell und entschlossen.

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