
Reiche Menschen, schöne Menschen, eine Luxusjacht, reichlich Wind und immer wieder eine unerwartete Wendung. So lässt sich der neue Film von Ruben Östlund ganz knapp zusammenfassen. In „Triangle of Sadness“ widmet er sich der Welt der Reichen, der in Form einer Farce die gesellschaftlichen Gegensätze und das sogenannte „obere ein Prozent“ zeigt. So entlarvt er die Hohlheit und Absurdität der Lebensweise dieser Menschen.
Doch von Anfang an: Im ersten Teil zeigt uns der Film die Modewelt. Carl und Yaya sind Models, doch als Mann verdient Carl nur circa ein Drittel von dem, was seine weiblichen Kolleginnen in der Modelwelt bekommen. Und so geht es im ersten Teil um Gleichheit. „We are all equal“ – so steht es groß auf der Leinwand einer Modenschau und es ist für alle offensichtlich, dass das nicht stimmt. Und so streiten sich dann auch Carl und Yaya – über Gleichheit. Er soll das Abendessen bezahlen, dabei verdient er weniger Geld. Sie nennt ihn geizig und er sie oberflächlich. Er möchte gleichwertig behandelt werden und sie eigentlich auch. Ohne Ausgang streiten sie sich und landen schließlich im zweiten Teil, auf einer Luxuskreuzfahrt, zu der sie wegen ihrer Reichweite eingeladen wurden. Der Blickwinkel wird weiter, und wir sehen nicht mehr nur die beiden, sondern ihre Mitpassagiere – und viel wichtiger: die Crew. Ihnen wird vorher eingeschärft, dass “nein“ keine Antwort auf die Wünsche der hochgestellten Passagiere ist. Dafür können sie am Ende ein entsprechendes Trinkgeld erhoffen. Diese Prämisse ist natürlich Gold wert für die komödiantischen Möglichkeiten des Films und er nutzt sie auch. Schließlich entgleisen die Dinge: Der Seegang steigt, ein Sturm braut sich zusammen und nachdem zu Beginn noch versucht wird, Normalität vorzugaukeln, beginnt ein schier unendliches Intermezzo, die Gäste übergeben sich und der Überfluss schießt ihnen aus allen Körperöffnungen. Schließlich bleibt es dann am Reinigungspersonal hängen, den Unsichtbaren, irgendeinen Normalzustand wieder herzustellen, während das Elend der Gäste in den Kabinen weitergeht. Erträglich macht diese Episode das Aufeinandertreffen des Kapitäns – amerikanischer Kommunist – und des russischen Oligarchen, die sich gegenseitig mit Zitaten bewerfen, ersterer zieht Marx und Lenin aus dem Hut, Zweiter Margret Thatcher und Ronald Reagan. Beide hören sich gerne reden, und man kann es nicht anders sagen, es macht auch unfassbar Spaß den beiden zuzuhören. Die Nacht zieht vorüber, der Sturm zieht vorbei und das Schiff bleibt heil. Warum der dritte Teil dennoch den kleinen Kreis von Überlebenden gestrandet auf einer Insel zeigt, sei jetzt mal im Sinne des Überraschungsfaktors ausgelassen. Nun, wo man sich selbst versorgen muss, sind die Karten jedenfalls neu gemischt. Abigail, die „Toilettenmanagerin“ aus der Crew, weiß wie man angelt, und die Gruppe versorgt. Somit hat sie nun die Oberhand. Und nutzt das auch im Rahmen der Möglichkeiten aus. Dennoch ändert sich eigentlich nichts am System, die vormals Reichen liegen untätig am Strand herum, während sie zwar die Kontrolle über die Lebensmittel hat, aber auch die Einzige ist, die arbeitet. Die anderen müssen nur hoffen, in ihrer Gunst zu stehen. Im Gespräch, noch vorher, auf dem Schiff, sagt der Oligarch zum Kapitän: „Was ist der Unterschied zwischen Linken und Rechten? – Die Linken haben Marx gelesen, die Rechten haben ihn verstanden.“ Und vielleicht hat auch Östlund Marx nicht verstanden, vielleicht will er es uns aber auch einfach nicht so leicht machen. Nichtsdestotrotz ist „Triangle Of Sadness“ ein sehr lohnenswerter Film, der zum Lachen bringt und sich Zeit nimmt, denen, denen es sonst an nichts mangelt zumindest einen (mit Fäkalien verschmierten) Spiegel vorzuhalten. Dafür gab es die goldene Palme in Cannes, ob die Nachricht ankam, ist eine andere Frage.
Maria Brücke, Berlin