Notbetrieb in den Kliniken

Ich bin Krankenpfleger und arbeite in einer erschöpften Organisation, einem Krankenhaus. Erschöpft sind wir alle, die die wichtigen Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Gang halten. Klar, keine Grippe ohne Virus, aber diese Erschöpfung lässt uns auch anfälliger werden für Erkältung und Co. Die Erschöpfung hat durch die Pandemie einen Gipfelpunkt gefunden, doch wir wissen, die Arbeitsbedingungen, die diese Erschöpfung herbeigeführt haben, sind Folge der Ökonomisierung durch die Fallpauschalen (DRGs). Technik ist massig vorhanden, Geld in Mengen im System, doch es wurde gespart am Personal, aber auch an der Vorhaltung wichtigen Materials. Mit der Pandemie wurde dauerhaft auf Notfallpläne umgestellt. Nun sind es die vielen Erkrankungen von Kolleg:innen, die auf das eh schon am Rande des Abgrunds taumelnde System treffen. Wieder ein Notfallplan: Studierende sollen die völlig überforderten Kinderkliniken retten, Pflegepersonal aus dem Erwachsenenbereich in die Kinderkliniken wechseln. Doch Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Es werden Löcher nur scheinbar gestopft, um sie an anderer Stelle zu vertiefen. Die als unterste Haltelinie benannten Pflegepersonaluntergrenzen sollen laut K. Lauterbach aufgehoben werden. Der Minister, der einen großen Teil von uns bei der Vergabe der Corona- Prämie 2022 komplett ausschloss. Die Krankenhausgesellschaft fordert, dass covidpositive Beschäftigte weiter Patient:innen versorgen könnten. Unsere Chefs rufen uns auf, zusätzliche Dienste zu leisten, sie kaufen uns unsere Gesundheit ab. Die Chefs, die uns in einen wochenlangen Streik zwangen, als wir versuchten per Tarifvertrag unsere Bedingungen zu verbessern. Jetzt haben sie den Notfall ausgerufen und planbare Eingriffe abgesagt. Viel zu spät. Im Sommer wollten sie noch die Verluste der Pandemie so gering wie möglich halten und bestellten Patient:innen ohne Rücksicht ein. Die Patient:innen brauchen Personal und wir haben davon zu wenig. Nun die Frage, wie die Stimmung ist? Wir sind erschöpft, aber auch unfassbar wütend. Und unsere Wut wird sich Bahnen brechen.

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