USA: Die Demokratische Partei und Biden Die Lüge des kleineren Übels

Politiker:innen aus den USA machen mal wieder aufmerksam auf sich – sei es die Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez (AOC), welche zur Met Gala ein Kleid trug auf dem „tax the rich“ (Besteuert die Reichen) stand. Oder sei es US-Präsident Joe Biden, in dessen Auftrag Geflüchtete an der mexikanischen Grenze von berittenen Polizist:innen verprügelt wurden. Biden gewann die Wahlen vor allem durch einen „Anti-Trump“-Wahlkampf und mit dem Versprechen, dass er „anders“ als sein Vorgänger regieren würde. Doch wie „anders-als-Trump“ ist Bidens Politik wirklich?

Das Biden-Kabinett

Schon mit der Zusammenstellung der neuen Regierung Anfang des Jahres zeigte Biden, wohin die Reise gehen soll. Im Großen und Ganzen spiegelt sein Ka­binett eine Rückkehr zu Politik und Personal der Obama-Regierung wider. Viele der Personen, die er für die natio­nale Sicherheit und die Außenpolitik ausgewählt hat, spielten eine Schlüssel­rolle bei den Drohnenangriffen und den Bombenangriffen der USA im Irak, in Afghanistan, Syrien und im Jemen. Biden hat auch Personen ausgewählt, die in der Vergangenheit nachweislich enge Verbindungen zu Rüstungs­unternehmen, Unternehmen für fossile Brennstoffe und Banken hatten.
Wir haben nicht vor eine Mauer zu bauen…

Einer der Wahlversprechen Bidens war, den initiierten Mauerbau von Trump an der mexikanischen Grenze zu stoppen. Und obwohl einer seiner ersten Erlasse im Januar dieser Stopp war, bestehen bis heute noch Baustellen und Teilab­schnitte der Mauer werden weiter­gebaut. Zusätzlich wird Land an der US-Südgrenze enteignet, wie z.B. im April in Hidalgo County in Texas. Hier wurden über 24.000 m2 Land vom Staat be­schlagnahmt – und genau auf diesem Gelände hatte schon die Trump-Regierung den Ausbau der Mauer ge­plant. 

Auch die harte Grenzpolitik scheint immer noch zu bestehen. Durch Klima­katastrophen und Corona kommen wei­terhin viele Migrant:innen aus mittel-  und  lateinamerikanischen Ländern an der Südgrenze der USA an: 212.000 allein im Juli, darunter 19.000 unbe­gleitete Kinder. An der Grenze ange­kommen, ist die Behandlung der Migrant:innen auch nicht besser als unter der Trump-Regierung. Sie sind nicht nur gezwungen, in behelfsmäßigen Lagern entlang der Grenze zu leben, sondern einige Kinder werden immer noch von den Eltern getrennt, bevor diese über die Grenze zurückgeschickt werden – ein ekelhaftes Überbleibsel der Trump-Politik. Ein Anwalt der Migrant:innen beschreibt die Situation wie folgt: „ […] es werden die Menschen auch unter Biden zurückgeschickt und sitzen fest. Die Grenze ist nicht wirklich anders“.

Halbherziger Klimaschutz

Mit dem Wiedereintritt in das Pariser Klimaabkommen im Februar wollte Biden scheinbar signalisieren, dass das Thema Klima ernst genommen wird. Und etwas muss er tun, denn die Klima­katastrophe ist auch in den USA ange­kommen, was die verheerenden Wald­brände in Kalifornien oder die Über­schwemmungen in New York City zeigen. Anfang September kündigte die Regierung einen neuen Klimaplan an, welcher z.B. vorsieht, den Anteil der Solarenergie an der gesamten Energie­erzeugung der USA bis 2050 von 4 % auf 45 % zu erhöhen. Doch dieser Plan reicht bei weitem nicht aus, um die globale Klimakrise aufzuhalten. Es ist auch frag­lich, ob die Demokraten den Plan über­haupt durchsetzen können (bzw. wollen) – angesichts der Verbindungen vieler ihrer eigenen Mitglieder zur fossilen Industrie.

Biden, ein Sozialist!?

Gleich am Anfang der Trump-Regierung wurde eine große Steuerreform um­gesetzt, von der vor allem Reiche und Großunternehmen profitiert haben. Diese Steuerreform will Biden nun ent­kräften und plant eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes (bei Einkommen über 400.000 $ pro Jahr) von 37 auf 39 %. Auch die Unternehmenssteuern sollen von 20 auf 39 % steigen – jedoch war das auch der ungefähre „Vor-Trump“-Steuersatz.

Mit den Steuererhöhungen plant Biden u.a. eine 3,5 Billionen $ schwere Sozial­reform zu finanzieren. Über mehrere Jahre hinweg sollen z. B. Kinderbe­treuung, Bildung, Fürsorge für Ältere oder der Zugang zu einer Krankenver­sicherung ausgebaut werden. Diese Reform wäre bitter nötig, denn die Coronapandemie hat vor allem die arme Bevölkerung der USA getroffen. Viele wurden arbeitslos, konnten ihre Miete oder die Krankenhauskosten nicht mehr bezahlen. Über 9 % der Arbeiter:innen sind arbeitslos und mehr als 11 % der Be­völkerung lebt in Armut.

Aber wie wir aus Europa wissen, ist eine soziale Absicherung kein Sozialismus und es löst auch nicht die grund­legenden Widersprüche in unserer Ge­sellschaft – selbst wenn die Kranken­hausrechnungen bezahlt werden und es eine staatliche Rente gibt – werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer, das wird auch Biden nicht ändern (wollen).

Außenpolitisch kaum eine Änderung

Während der Trump-Regierung wurde Politik unter dem Slogan „America first“ (Amerika an erster Stelle) geführt – damit sollte die US-amerikanische Wirt­schaft geschützt und neue Arbeitsplätze in den USA geschaffen werden. Es wurden Handelsabkommen gekündigt und Zölle eingeführt, vor allem gegen China und auch gegenüber der EU.

Außenpolitisch knüpft z. B. Bidens China-Politik nahtlos an der von Trump an – wie Trump sieht er China als Sys­temrivalen an. Ein Ausdruck dieser Politik ist der „U-Boot-Skandal“ mit Australien. Ein Deal zwischen Canberra und Paris, für mehrere Milliarden Euro U-Boote bauen zu lassen, endete damit, dass diese U-Boote nun in Australien mit US-amerikanischer Kooperation und Nukle­artechnik gebaut werden. Die Ver­handlungsgespräche für diesen Deal be­gannen schon vor 1,5 Jahren unter Trump. Durch den (verlorenen) US-Krieg in Afghanistan — welcher mit katastro­phalen Folgen für die dortige Bevöl­kerung und schlechteren Umfrage­werten für Biden beendet wurde (mehr zu Afghanistan in Aurora Nr. 18)  — sowie mit der schwindenden Bedeutung des trans­atlantischen Militärbündnis NATO, müssen neue Wege gefunden werden, politische und militärische Präsenz auf der anderen Seite der Welt auszubauen. Daher macht auch Biden knallharte Geopolitik für die Interessen des US-Kapitalismus und nimmt eine Schwä­chung des Bünd­nisses mit der EU in Kauf.

Die aufstrebende Wirtschaftsmacht China hat dagegen im vergangenen Jahr­zehnt unter anderem Marinebasen in ihrer Nachbarschaft aufgebaut und ihre militärische Schlagkraft massiv erhöht – auch um ihre wirtschaftlichen Inte­ressen durchsetzen zu können. Zu­sätzlich führt ein bedeutender Teil der Welthandelsrouten durch die internatio­nalen Gewässer im südchinesischen Meer, welche in Zukunft hart umkämpft werden. Bidens Politik will den US-Imperialismus genau für diese sich zu­spitzende Konfrontation mit China vor­bereiten.

Yes – Tax the rich!

Ja, „Besteuert die Reichen“ ist eine Ant­wort auf die soziale Krise, nicht nur in den USA. Aber auch vermeintlich linke Politiker:innen wie AOC stützen die herrschende kapitalistische Politik. Sie stimmte immer wieder für die Erhöhung des Militärbudgets (z.B. 2019 beim Bipar­tisan Budget Act) oder 2020 für HR133 – ein Beschluss, der 1,3 Mrd. $ für die Grenzmauer zu Mexiko sowie 8 Mrd. $ für die Grenz- und Zollpolizei zur Verfü­gung stellt. Dass weder Biden noch AOC, noch die Demokratische oder die Repub­likanische Partei etwas an diesem Sys­tem ändern werden, wird immer wieder klar. Nur große soziale Bewe­gungen wie Occupy, #metoo, #BlackLivesMatter oder etwa die Streiks der Fast-Food-Arbeiter:innen können zu positiven Ver­änderungen führen.

Von Rosa Anders, Berlin

Referenzen

1            Für mehr Informationen zu den Personen des Kabinetts (in Englisch): https://speakoutsocialists.org/bidens-cabinet-a-return-to-normal

2            https://www.fr.de/politik/joe-biden-donald-trump-usa-mauer-mexiko-bau-grenze-90463221.html

3            https://www.n-tv.de/politik/Biden-macht-weiter-wo-Trump-aufhoerte-article22821182.html

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