Soldat:innen der deutschen Bundeswehr und des österreichischen Bundesheeres in Mali: Warum, wofür?

Beim EU-Afrika-Gipfel Mitte Februar kündigte die deutsche EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen 150 Milliarden € Investitionen in Afrika an. Ein schöner Batzen Geld, das aber kein Geschenk ist. Dieses Geld wird, wie üblich, in den Taschen europäischer Unternehmen landen, die in Afrika investiert haben oder investieren wollen. Ein „positiver Kreislauf“! Trotz dieser trügerischen „Hilfe“ wird die Wirtschaft Afrikas immer weiter geplündert. Um den Zugang zu Rohstoffen und zur Wirtschaft zu sichern, braucht Europa sogenannte „Sicherheitskräfte“. Darum haben die Bundeswehr und – wenn auch eher in einem symbolischen Ausmaß — das österreichische Bundesheer in Afrika Soldaten stationiert. Hier als Beispiel das Land Mali

Eines der ärmsten Länder Afrikas, aber nicht arm

Mali ist etwa viermal so groß wie Deutschland und liegt in Nordwestafrika in der Sahelzone. Die Wirtschaft stützt sich vor allem auf Baumwolle. 80 % der Bevölkerung arbeitet in der Landwirt­schaft. Wegen des Klimawandels und da 85 % des Landes ohnehin aus Halbwüste besteht, ist dieser Wirtschaftszweig immer weniger tragfähig. Die Hälfte der Bevölkerung lebt mit weniger als einem Euro pro Tag. Nach dem „Index der menschlichen Entwicklung“ liegt das Land auf Platz 184 von insgesamt 189 Ländern.

Die Bodenschätze des Landes sind aber nicht so karg. Mali exportiert Gold und Eisen. Die Wirtschaft des Landes wird allerdings mittels einer besonderen Währung kontrolliert, dem „Franc CFA“. Mali hat also keine unabhängige Wäh­rung. Auch die finanzielle Abwicklung von internationalen Geschäften, zum Beispiel zwischen China und Mali (was es immer häufiger gibt), erfolgt mit finanzieller Vermittlung Frankreichs.

Vor allem aber gibt es in der Sahelzone Uran, das für die französische Atom­industrie unverzichtbar ist. Rund 40 % des Uranbedarfs kommen aus dieser Re­gion zu Preisen, die Frankreich diktiert. Ein hohes Tier der französischen Atom­industrie meinte Anfang Februar ange­sichts der Ereignisse in Mali, dass Frank­reich „seine Uranminen im Nachbarland Niger schützen“ solle.

Unter der mehr oder weniger offenen Führung Frankreichs sind daher schon ewig ausländische Trup­pen in dieser Region. Diese Einsätze laufen im Rahmen wechselnder internationaler Einsätze, deren Namen immer irgendwie gleich klingen und die sich kaum voneinander abgrenzen lassen. Mal geht es um „Kampf gegen Terrorismus“, mal um „Sicherheit“. Aktuell laufen Einsätze unter der UN-Mission MINUSMA mit 13.000 Kräften, vor allem afrikanisches Militär, dessen Leitung allerdings in Händen der Europäer:innen liegt. Österreich und Deutschland machen mit ein paar hundert Soldaten an zentralen Stellen mit.

Seit 2014 läuft die französische Militär­operation Barkhane in der Sahelzone. Das Ziel sei, Terroristen zu bekämpfen, die, nachdem Frankreich, Groß­britannien und die USA 2011 den liby­schen Präsidenten Gaddafi gestürzt hatten, sich in Richtung der Sahelzone ausbrei­teten. Seit März 2020 operiert in der Re­gion außerdem eine „Taskforce Takuba“ unter Steuerung Frankreichs. Es gibt auch eine Trainingsmission der EU, die EUTM, die malische Soldaten ausbilden soll.

Dazu gibt es die Regionalorganisation „G5 Sahel“, eine afrikanische Allianz von fünf Ländern, die auch „Sicherheit“ bringen soll. Die Frage ist, welche Form von „Sicherheit“ ihr Vorbild ist, vielleicht die Diktatur im Tschad, welches eines der an „G5 Sahel“ beteiligten Länder ist … Auf Initiative des französischen Präsidenten Macron und von Bundeskanzlerin Merkel wurde 2019 eine „Partnerschaft für Sicherheit und Stabilität im Sahel“ gemeinsam mit dem „G5 Sahel“ angekündigt.

Diese zahlreichen und verwobenen Mili­täreinsätze – die teilweise auch bewaff­nete lokale Gruppen zur Unterstützung nutzen – führen seit Jahren zu einer Zu­nahme der Gewalt gegen die zivile Bevöl­kerung der Region. Seit 2012/13 hat sich die „Sicherheit“ für sie verschlechtert, verschiedene bewaffnete Gruppen kon­trollieren inzwischen große Gebiete.

Putsch und Konsequenzen

Als sich in Mali im Frühling 2020 Streiks und Demonstrationen wegen der sozia­len Lage und der Korruption ausbrei­teten, wurde der Präsident und Diener der französischen Interessen Ibrahim Boubacar Keita durch einen Staats­streich abgesetzt. Seitdem herrscht eine Militärjunta, die – bislang – eine gewisse antifranzösische Haltung gegenüber der ehemaligen Kolonialmacht pflegt. Im Januar 2022 wurde bekannt, dass sie auf die Unterstützung von hunderten russi­schen Söldnern der Wagner-Gruppe setzt, was Frankreich als inakzeptabel er­klärte. Frankreich forderte die malische Armeeführung auf, unverzüglich Wahlen zu or­ganisieren. Die Forderung nach Demo­kratie mag gerechtfertigt sein, aber ange­sichts der Diktaturen, auf die sich Frank­reich in anderen Ländern – wie im Nach­barland Tschad – stützt, ist das schein­heilig.

Als im Januar die 15 Mitglieder des west­afrikanischen Staatenbundes ECOWAS wirtschaftliche und politische Sank­tionen gegen Mali verhängten, er­kannten alle Beobachter:innen – und vor allem die Bevölkerung in Mali – die Hand Frankreichs. Diese Sanktionen haben unmittelbar die Bevölkerung getroffen und tatsächlich stieg die Infla­tion im Land. Die Regierung Malis hielt Stand. Ende Januar verweigerte sie einem Transportflugzeug der Bundes­wehr den Überflug über Mali. Letzt­endlich forderte die Militärjunta den französischen Botschafter auf, das Land zu verlassen.

Die Erklärungen und Maßnahmen dieser Militärs Frankreich gegenüber finden einige Zustimmung in der Bevölkerung, was die imperialistischen Mächte nicht kalt lässt.

Mali-Einsatz überdenken?

Die deutsche Außenministerin Baerbock (Die Grünen) steht nun vor Problemen. Heute sind 1.700 deutsche Soldaten in Mali stationiert. Österreich ist mit knapp 80 Soldaten dabei. Auch wenn sie keine eigentlichen Kampfeinsätze führen, sind sie auf verschiedene Weise an den Eins­ätzen beteiligt.

In der Stadt Koulikoro (60 km nördlich der Hauptstadt Bamako), wo die Ausbil­dungsmission der EUTM mit deutscher Beteiligung stationiert ist, installieren die Soldaten zwar ab und zu Zelte vor der Kaserne und die Einwohner der Stadt dürfen für Zahnbehandlung oder Arznei­mittel vorbei kommen. Ein üblicher Trick, um sympathisch zu erscheinen. Von diesen medizinischen Leistungen profitieren aber tatsächlich nur ganz ganz Wenige! Ob die Truppen vor Ort so beliebt sind, ist fraglich. Der Oberst und geborene Wiener, der die Kaserne dort führt, erklärte in der „Kronen Zeitung“, dass zwei Sicherungsringe um die Kaserne bestehen, „der erste wird von malischen Soldaten bemannt, der zweite von europäischen“. Im Fall eines Angriffs werden also die malischen Truppen zu­erst attackiert, was bei der Organisation solcher Auslandseinsätze üblich ist. Der Österreicher erklärt weiter, dass die EU-Soldat:innen „Dinge wie Ethik, Völ­kerrecht, den Umgang mit Frauen und Kindern“ unterrichten. Neben der herab­lassenden Haltung wird durch diese ewige moralische Leier der eigentliche Grund der Anwesenheit der EU-Truppen verschleiert.

Seitdem Macron am 17. Februar den Rückzug des französischen Militärs aus Mali offiziell erklärte (was kein Rückzug aus der Region ist), grübelt die Politik in Deutschland über die deutschen Soldat:innen. Baerbock behauptet, sie wolle Gespräche „hochrangig mit der mali­schen Regierung aufnehmen“. Wahr­scheinlicher ist, dass Deutschland Frankreich folgen und ein paar hundert Kilometer weiter ziehen wird.

Die permanente Besetzung des Konti­nents durch imperialistische Truppen der EU oder der USA zielt im Grunde darauf, die wirtschaftlichen Interessen der Großmächte zu sichern. Die EU-Regierungen sind auch von einer angeb­lichen Gefahr der Migration Richtung Europa besessen.

Und für Deutschland geht es vielleicht auch um eigene Projekte, in einem Land, wo bis jetzt Frankreich den größten Teil des Kuchens bekommt. Weder die Afri­kaner:innen noch wir in Europa haben ein Interesse in diesen miesen Kalkulationen. Bundeswehr und Bundesheer raus aus Afrika!

Sabine Müller, Berlin

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