Rendezvous auf der Straße – die Streiks gehen weiter

Zehntausende Streikende füllten letzte Woche die Straßen in zig Städten. In Berlin alleine waren am Mittwoch 12.000 Beschäftigte aus Schulen, Kitas und Ämtern im Ausstand. Und die Streiks gehen weiter. In der Tarifrunde im Öffentlichen Dienst der Länder für über eine Million Beschäftigte geht es um 6% mehr Geld, mindestens aber 200 €. Gestreikt hat auch die BVG. Es geht um mehr Geld und die Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 36,5 Stunden und damit ein Ende der Zwei-Klassen-Gesellschaft zwischen Alt- und Neu-Beschäftigten.

Wenn die Miete das Gehalt auffrisst… Es hapert überall

Die Verärgerung über die Zustände auf Arbeit ist überall groß. Groß ist auch der Zusammenhalt unter den Streikenden und die Sympathie in der Bevölkerung. Nicht wenige Lehrer_innen streikten vor allem in Solidarität für die Erzieher_innen, ältere Busfahrer_innen für die jüngeren. Die 2 oder 3 Prozent mehr, die öffentliche Unternehmen und Länder bereit sind zu zahlen, werden die Verärgerung nicht abkühlen.

Was sind auch ein paar Prozent? Vor allem bei den unteren Gehaltsgruppen? 200 € mehr müssten es mindestens sein! Es dürfte keinen Lohn unter 1.800 € netto geben. Bei der BVG geht man selbst als U-Bahnfahrer_in mit 10 Jahren Berufserfahrung mit 2.270 € brutto nach Hause. Dazu kommen bis zu 200 € Zuschläge. Wie soll man als junge_r Busfahrer_in mit den 1.200 € netto über die Runden kommen, wenn man leben und nicht nur überleben will? Dazu kommen all die täglichen Probleme auf Arbeit, die fehlenden Pausen, die Schichtarbeit, die kaputten Fahrzeuge…

Aber schon bei den bescheidenen Forderungen der Gewerkschaften jammern die Politiker_innen: Das sei unbezahlbar! Immer dieselbe Leier, während immer Geld da ist für offene und versteckte Subventionen und Steuererleichterungen für die großen Unternehmen. Noch unerträglicher wird es, wenn man an die gigantischen Gewinne der DAX-Unternehmen denkt, die kaum Steuern zahlen. Und für die Beschäftigten soll kein Geld da sein? Lächerlich.

Wenn doch aber über eine Million im Öffentlichen Dienst der Bundesländer arbeiten, warum haben die Gewerkschaftschefs nicht alle zusammen zum Streik aufgerufen? Was sollen die Tarifrituale von Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, kurze Warnstreiks mit langer Ankündigung, was keinen Politiker erschreckt?
Auch in anderen Betrieben fehlt es nicht an Gründen zu kämpfen. Überall machen die Unternehmensleitungen Druck, oft mit dem Damoklesschwert von Entlassungen, von Betriebsschließungen, wie zum Beispiel jetzt beim Spandauer Werk von Infinera, wo 400 Menschen Technik für die Datenübertragung herstellen. Ursprünglich gehörte das Werk zu Siemens, doch die haben es verkauft und die Schließung an einen amerikanischen Investor outgesourcet. Mit einem Autokorso setzten die Beschäftigten dagegen ein Zeichen. Kämpferisch sind auch die Sicherheitsleute an den Flughäfen. Im Januar legten sie den Flugverkehr lahm. Die angebotenen Gehaltserhöhungen von 3,5 bis 9,8 % lehnten sie jetzt in einer Abstimmung ab!

Kitas, Ämter, Industriebetriebe, Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser, warum nicht alle zusammen auf die Straße?

Die SPD tut nun so, als würde sie die „Sorgen der kleinen Leute“ verstehen und macht verschiedene Wahlkampf-Versprechungen. Aber warum sollten wir ihnen glauben? Die niedrigen Regelsätze bei Hartz IV sollen sowieso bleiben, nur bei den Sanktionen sollen die krassen Kürzungen bei Miete und bei den Jüngeren wegfallen. Der Mindestlohn soll steigen… nachdem die Mindestlohnkommission, in der auch SPD-Leute sitzen, gerade 9,19 € beschlossen hatte. Und die „Respekt-Rente“ ist respektlos wenig. Nach 35 Jahren gibt es maximal 447 € oben drauf, um auf 900 € Rente brutto (!) zu kommen. Aus Steuern soll das gezahlt werden, also von uns, der arbeitenden Bevölkerung selbst. Nur nicht die Gewinne der Unternehmen antasten. Dass die SPD trotzdem in den Umfragen steigt, zeigt wie prekär die soziale Lage bereits ist.

Aber selbst diese Almosen werden von Unternehmensseite und CDU harsch kritisiert. Das sei zu teuer und ungerecht. Ausgerechnet die Vertreter der Unternehmen und Banken, die Reichsten, beklagen sich. Sie, die ständig die Hand aufhalten und immer ein offenes Ohr in der Regierung finden, während sie gleichzeitig die Löhne drücken.
Die Warnstreiks haben das Gefühl zurückgebracht, dass wir uns was zurückholen können: Alle zusammen – der Öffentliche Dienst ebenso wie die Privatwirtschaft.


Kurz gesagt…

Merkel gegen Trump?

Bei der Sicherheitskonferenz in München ging es vor allem um Business:
Merkel hat die Geschäfte der deutschen Autoindustrie in den USA
verteidigt. Dieses Business hat aber mit unseren Interessen nichts zu
tun, und die deutschen Unternehmen im Ausland benehmen sich sicher nicht besser als die amerikanischen hierzulande!

Die inszenierte Empörung Merkels gegen die USA zielte auch darauf ab zu verstecken, wie ähnlich auf beiden Seiten des Atlantiks die Ideen von „Sicherheit“ sind: die Bundeswehr unterstützt konkret und immer mehr die Kriege der USA in Nah- und Mittelost (und die von Frankreich in Afrika). Nicht in unserem Namen!

Wer’s sagt, der isses selber!

Merkel deutete auf der Sicherheitskonferenz an, die „Kinder“, die seit Wochen jeden Freitag für den Kohleausstieg demonstrieren, stünden unter „äußeren Einflüssen“. Sie spielt auf „hybride Kriegsführung im Internet“ an, also angebliche Manipulation zum Beispiel durch Russland.
Sie selbst steht aber an der Spitze einer Regierung, die trotz der kommenden Klimakatastrophe weiter 20 Jahre Kohle verbrennen lassen will. Wer „von äußeren Einflüssen“ manipuliert wird, ist klar. Und das sind nicht die Schüler*innen.

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