Protestieren statt frieren

Überall in Europa und der Welt gibt es ein Problem mit steigenden Preisen. In Ländern wie dem Iran, der Türkei oder der sogenannten Dritten Welt ist bereits seit mehreren Jahren das Leben ein harter Kampf. Neu ist, dass wir seit letztem Jahr, noch vor dem Ukraine-Krieg, eine Preisexplosion auch hierzulande, in den USA, England oder Frankreich haben. Zugleich gibt es überall große Konzerne verschiedener Branchen, die unglaubliche Gewinne machen, und das nicht erst neuerdings.

Das Handelsblatt hat veröffentlicht, dass von den 40 großen DAX-Konzernen in Deutschland 15 dieses Jahr die höchsten Nettogewinne ihrer Geschichte einfahren werden. Insgesamt werden die 40 DAX-Unternehmen wahrscheinlich 130 Mrd. Euro netto an uns verdient haben werden. Trotz und auch wegen der Inflation. Aber über diese Gewinne und Vermögen wird wenig geredet, vor allem nicht in der Politik.

Ein System total irre

Seit 2021 mit dem Wiederhochfahren der Weltwirtschaft die Preise anfingen zu explodieren, brachte das für einige große Konzerne Riesengewinne. Aber für andere sind die Preissteigerungen absehbar ein Problem. Jetzt mit dem Krieg in der Ukraine, der Entkopplung von Russland und den explodierenden Energiepreisen bekommen daher Konzerne wie Uniper echte Probleme, aber auch die neuerdings vielbeachteten Bäckereien. Auch Siemens oder Thyssen brauchen Energie zu akzeptablen Preisen, um die Gewinne zu halten. Kann es eine Pleitewelle geben? Ganz sicher bereitet dieses Chaos den Politiker:innen und Wirtschaftsvertreter:innen Kopfzerbrechen. Also springt der Staat ein, wie wir es schon in der Finanzkrise oder der Coronakrise erlebt haben.

Zum einen buttert der Staat Milliarden in große Unternehmen. Das werden wir sicher noch mehr sehen. Um das zumindest teilweise zu finanzieren, greift der Staat üblicherweise in die Taschen der Steuerzahler, also die der Bevölkerung, der Arbeiterklasse. Die Gasumlage, die die Gaspreise noch teuer gemacht hätte, war so ein Versuch. Die ist nun vom Tisch, was aber nicht beruhigend ist.

Zum anderen übernimmt der Staat die Kontrolle privater Unternehmen wie Uniper, dieses Unternehmen, das für Normalsterbliche unbekannt ist. E.ON hatte sich vor wenigen Jahren einiger Geschäftsbereiche entledigt, die mit Kohle, Erdgas und Atomstrom zu tun haben. So ist Uniper als eine Art „Bad Bank“ der fossilen Energiewirtschaft entstanden. Ein Monopolist und Großlieferant für die strom- und erdgashungrige deutsche Wirtschaft und für die kommunalen Versorger. Mit Uniper übernimmt der Staat einen dreckigen Konzern mit Schulden, was 29 Mrd. verschlingt. Für E.ON konnte das nicht besser laufen. Weitere Verstaatlichungen könnten noch folgen. Bei allem geht es um den Versuch, etwas Kontrolle über den Energiemarkt zu bekommen im Interesse der Wirtschaft insgesamt. Auch der Gaspreisdeckel, der wohl kommen wird, würde den profitablen Konzernen ihre Gewinne lassen; der Staat übernimmt die Kosten. Wer wird das am Ende bezahlen?

Wir sehen wieder: machen die Konzerne Gewinne, profitieren sie und ihre Aktionäre – was die Belegschaften angeht, ist das eine andere Sache. Aber wenn es wirtschaftlich schwierig wird oder die Anarchie der kapitalistischen Wirtschaft die nächste Krise bringt, dann zwingen sie den Staat einzuspringen und die Kosten zu übernehmen. Es ist offensichtlich, dass die Wirtschaft dringend nach ganz anderen sozialen Prinzipien organisiert werden muss.

Die Preise steigen, also müssen die Löhne mithalten

Sicher machen sich die Politiker:innen und Wirtschaftsleute auch über die soziale Lage Gedanken. Neben der Dauerbeschallung mit lächerlichen Spartipps sind daher Einmalzahlungen und kleine Erhöhungen bei Sozialleistungen vorgesehen. Arbeitgeberverbände mögen auch Einmalzahlungen, das kostet nicht viel und bei jeder Lohnrunde werden sie neu verhandelt, Branche für Branche und Betrieb für Betrieb. Kleine Auseinandersetzungen, um uns zu teilen und müde zu machen, das ist ihre Strategie.

Aber Streiks und Proteste gibt es überall in der Welt: im Iran, in Großbritannien, USA, Frankreich und auch in Deutschland. Im Moment bleiben sie isoliert voneinander und überschaubar. Doch viele Proteste sind angekündigt und Tarifrunden stehen an.

In Berlin ist kommenden Montag, 3. Oktober, 13 Uhr Potsdamer Platz eine Gelegenheit zu zeigen, dass wir nicht für die Krisen des Kapitalismus zahlen wollen, dass wir nicht bereit sind, mit dickem Pullover auf dem Sofa nur die nächsten Rechnungen abzuwarten.

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