[Der französische Präsident] Macron setzt darauf, dass die Olympischen und Paralympischen Spiele von seinen beiden aufeinanderfolgenden Wahlniederlagen und dem Verbleib seiner Regierung im Amt ablenken werden. Doch die Jubelfeiern sind nicht für jeden.
Eine Flamme, um die Armut zu verstecken
Vom 16. bis 18. Juli wurden fast 500 Personen aus Camps in Paris und Seine-Saint-Denis vertrieben, die sich entlang der Strecken der olympischen Flamme, der Eröffnungszeremonie oder der Marathonläufe befanden. Nach Angaben des Bündnisses „Le Revers de la Médaille“ [Die Kehrseite der Medaille], dem rund 100 Organisationen wie „Médecins du Monde“ [Ärzte der Welt] angehören, wurden seit einem Jahr alle Camps mit mindestens 100 Personen geräumt, ebenso wie eine große Anzahl von Hotels, die Notunterkünfte bereitstellten, insgesamt 12.500 Personen. Eine regelrechte soziale Säuberung, oft ohne neue Unterkunft oder mit Angeboten anderswo in Frankreich, obwohl viele von ihnen im Großraum Paris Arbeit haben.
Alleinstehende Minderjährige und Familien, die seit März das „Maison des Métallos“ [historisches Gewerkschaftshaus und Museum] besetzt hielten, erreichten nach hartem Kampf, dass Turnhallen und ein ehemaliges Gymnasium für sie und die Familien, die auf der Straße standen, geöffnet wurden. Doch diese Lösungen des Pariser Rathauses bleiben unsicher.
Es ist zwar richtig, dass das olympische Dorf nach den Olympischen Spielen in Wohnungen umgewandelt wird, aber zu Preisen, die für ein Arbeiterklasse-Milieu unerschwinglich sind.
„Sie haben 1,4 Milliarden für die Reinigung der Seine ausgegeben. Wir hatten 10 Millionen Euro gefordert [für die Wohnungslosen], und wir haben sie nicht bekommen“, erklärte der Koordinator von „Ärzte der Welt“ der Zeitung Le Monde.
Die Behörden haben eindeutig ihre eigenen Prioritäten!
Kein Podium für die Arbeiter:innenklasse
Was die Arbeitenden angeht, die die Organisation der Spiele ermöglicht haben, auch auf Kosten des Lebens eines Arbeiters auf einer Baustelle im Juni 2023, weil es keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen gab, werden sie in keiner Weise belohnt: Urlaubsverbot in den Bereichen Transport, Logistik, Gastronomie oder Hotellerie, unwürdige Unterkünfte für diejenigen, die für die Veranstaltung nach Paris reisen müssen, und je nach Branche oder Beruf sehr unterschiedliche Extrazahlungen, die oftmals, wenn es sie gibt, viel zu gering sind, für die zusätzliche Arbeitsbelastung oder die Desorganisation der Arbeit, die diese Spiele mit sich bringen … Auch für die migrantischen Arbeiter:innen ohne Papiere, die auf den Baustellen der Spiele und im Gastronomiebereich unerlässlich sind, gibt es nichts.
Selbst die 45.000 freiwilligen Helfer, die acht Stunden am Tag im Einsatz sind und nicht immer einen Schichtplan haben, werden größtenteils nicht die Möglichkeit haben, kostenlos an den Wettkämpfen teilzunehmen!
Sie werden nicht die Farben des 10-Milliarden-Budgets der Olympischen Spiele und dessen finanziellen Vorteile sehen, sondern die großen Unternehmen des Bau-, Hotel- und Gaststättengewerbes oder die Ausrüster und multinationalen Konzerne, die das Ereignis sponsern.
Kein sozialer Waffenstillstand!
Natürlich sind die Olympischen Spiele auch für Sportliebhaber und -liebhaberinnen ein großes Ereignis. Die Leistungen der Athleten aus aller Welt zu würdigen, schließt jedoch nicht aus, die Organisation dieser Spiele zu kritisieren.
Immer seitdem die Olympischen Spiele von Pierre de Coubertin, einem rassistischen und frauenfeindlichen Aristokraten, der den Sport den Männern und den Reichsten vorbehielt, am Ende des 19. Jahrhunderts neu geschaffen wurde, sind die Olympischen Spiele auch eine Plattform für Wettbewerb und Nationalismus, die perfekt die Werte der Bourgeoisie repräsentieren.
Mit seinem „politischen Waffenstillstand“ träumt Macron davon, uns für die Dauer der Wettkämpfe die Spaltung der Gesellschaft vergessen zu lassen, uns unabhängig von unserer sozialen Klasse hinter derselben Nationalflagge zu vereinen, den Sport vor allem nicht zu „politisieren“?
Doch die Ausbeuter, Milliardäre und die Politiker:innen, die ihnen zu Diensten sind, legen in ihren Kriegen gegen die Unterdrückten und Ausgebeuteten weder hier noch anderswo auf der Welt auch nur den geringsten Waffenstillstand ein.
Wir wollen mit allen, die die gleichen Lebens-, Arbeits- und Ausbeutungsbedingungen teilen, unabhängig von ihrer Nationalität, mitfiebern!
[Dieser Artikel erschien am 22. Juni 2024 auf der Website unserer französischen Organisation NPA Révolutionnaires: „Nettoyage social, exploitation et explosion des profits : le revers de la médaille olympique“]
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