Nicht der Sozialismus ist untergegangen, sondern ein bürokratisches Regime!

Alle Medien und PolitikerInnen erzählen uns zum Jahrestag des Mauerfalls, dass mit der DDR der Sozialismus untergegangen wäre. Doch Sozialismus bedeutet die demokratische Herrschaft der Arbeiterschaft. Und gerade weil die stalinistische Bürokratie nie auf die Arbeiterklasse setzte, mussten die DDR und der gesamte Ostblock zugrunde gehen. Ohne Arbeiterräte, wirkliche Planwirtschaft und weltrevolutionäre Perspektive kann es keinen Sozialismus geben, sondern nur eine bürokratische Missgeburt.

Anfang der 80er Jahre wurde dies offenbar. Die Misswirtschaft hatte in eine wirtschaftliche Schieflage geführt. Die Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt und ihre Verschwendung im Ostblock waren zu hoch. Die Qualität der Mehrheit der eigenen Produkte zu schlecht. Korruption und Schwarzmarkt florierten – vor allem in der Sowjetunion. Kredite mussten aufgenommen werden, die auch die DDR in eine Abhängigkeit von westdeutschen Banken und Regierung brachte. Ende 1989 lag der Schuldenberg schließlich bei 40 Mrd. DM und der technologische Vorsprung allein in der westlichen Chipproduktion konnte nicht mehr aufgeholt werden. Die DDR-Betriebe verkamen zu Billiglohnfirmen, die für Westdeutschland Motoren, Schmierstoffe, Möbel, Kleider, etc. herstellten.

In einer solch desolaten Situation, wo die Bürokratie selber feststellen musste, dass sie nicht in der Lage war, die Wirtschaft sinnvoll zu leiten, kam sie natürlich nicht auf den Gedanken, freiwillig von der Macht abzutreten und der Arbeiterklasse das Ruder zu überlassen. Im Gegenteil, im gesamten sowjetischen Einflussbereich begann eine Umstrukturierung in Richtung Kapitalismus. Offiziell begann dies mit der Machtübernahme Gorbatschows 1985. Nach und nach wurden Betriebe in private Hände gegeben bzw. durften frei mit westlichen Firmen verhandeln, Joint Ventures wurden erlaubt. Das Ganze nannte man „Marktsozialismus“ und diente den Machthabern dazu, sich früher oder später das staatliche Eigentum unter den Nagel zu reißen.

Für die DDR bedeutete diese sowjetische Entwicklung, dass ihr ein ganzer Absatzmarkt verloren ging, weil die UdSSR daran ging, nicht mehr beim „Bruderland“ zu kaufen, sondern höherwertige Westprodukte. Dies beschleunigte den unaufhaltsamen Zerfall.

Und in dieser Aufbruchsituation, wo selbst die Sowjetführung von „Demokratisierung“ sprach, da kam auch die DDR ins Strudeln. Immer mehr Menschen wagten es, die herrschenden Verhältnisse in Frage zu stellen – versammelten sich, diskutierten und demonstrierten schließlich öffentlich in vielen Städten der DDR im Laufe des Jahres 1989. Schritten Stasi und VoPos zu Anfang noch ein, so war ihre Machtlosigkeit im Herbst besiegelt. Ohne sowjetische Hilfe war es nicht möglich gegen diese Massenbewegung vor zu gehen.

Doch die Arbeiter als bewusste Klasse haben 1989 praktisch keine Rolle gespielt. Jahrzehntelange stalinistische Diktatur hatte das politische Klassenbewusstsein ausgelöscht. Stattdessen betraten nun andere – oftmals gar privilegierte – Schichten der DDR-Gesellschaft die Bühne: Schriftsteller, Schauspieler, Künstler. Sie sprachen auf den Demonstrationen (teilweise als Vertreter der Organisation „Neues Forum“), doch ihre politischen Konzepte waren mehr als dürftig. Sie wollten die DDR zu einem „demokratischen“ Sozialismus „reformieren“ und sich mit der SED-Führung an einen Tisch setzen. Mehr als leere Worte und wenig praktische Konzepte hatten sie nicht anzubieten.

Am Ende konnte es angesichts der endgültigen politischen Niederlage der Arbeiterklasse – ausgedrückt im fehlenden sozialistischen Klassenbewusstsein – gegenüber der stalinistischen Bürokratie wohl keinen anderen Weg geben als eine Wiedervereinigung unter kapitalistischen Bedingungen. Doch durch diese Vereinigung ist die Arbeiterklasse in Deutschland vereint und kann gemeinsam für eine neue, eine bessere, eine wirklich sozialistische Gesellschaft kämpfen.

Die Treuhand: Letzter Akt bürokratischer und kapitalistischer Zusammenarbeit

Für die westdeutsche Industrie war die Wiederveinigung ein gefundenes Fressen angesichts einer herannahenden Rezession. Sie eroberten einen neuen Absatzmarkt, kauften einen großen Teil der 8.500 ostdeutschen Firmen zu Spottpreisen auf, die zuvor in eine Treuhand überführt worden war, und machten sie platt, um Konkurrenz auszuschalten. Die Treuhand war eine Gesellschaft, die von DDR-Führern, wie Hans Modrow, selbst im März 1990 gegründet worden war, um zu privatisieren. Auf diese Weise wurden mit Hilfe der letzten DDR-Führer Tausende Betriebe geschlossen, Millionen Arbeiter entlassen oder in der Anfangszeit gar zu Löhnen in Höhe von 40-60% des Westniveaus ausgebeutet. Diejenigen, die 1989 auf die Straße gingen, haben sich wohl kaum träumen lassen, dass sie noch 20 Jahre nach der Wende bis zu ein Drittel weniger verdienen als ihre Kollegen im Westen.

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