Kleiner Streit um Grausamkeiten

Ganz großes Kino: CDU und CSU ganz knapp davor auseinanderzubrechen, die Regierung kurz vor dem Ende… Seehofer schon so gut wie ausgeschieden. Ein Rücktritt als Revanche-Foul? Aber dann: In der Nachspielzeit am Montagabend das erlösende… Alle wieder einig, aber puh, das war knapp! Oder nicht?

Worum ging nochmal das ganze Theater? Ach ja, Zurückweisung von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen. Dabei geht es Seehofer viel mehr um eine andere Art von „Flüchtlingen“: Die sich verflüchtigenden Wähler der CSU. Die CSU hatte mal die große Mehrheit in Bayern. Inzwischen liegt sie bei Umfragen bei 41 %.

Wahlkampf auf dem Rücken der Geflüchteten

Da setzt die CSU aufs beliebte Wahlkampfthema Flüchtlinge. Das hat zwar für den Lebensstandard der breiten Bevölkerungsmehrheit keine wirkliche Bedeutung. Im Gegensatz zu Arbeitsplätzen, Löhnen, Mieten (gerade im bayrischen München!!). Aber diese echten Probleme will die CSU nicht lösen, da sie – ganz wie die anderen etablierten Parteien und die AfD – auf Seiten der Unternehmen steht. Und die verdienen sich bekanntlich mit Niedriglöhnen und hohen Mieten eine goldene Nase und wollen jederzeit entlassen können.

Wird die Rechnung der CSU aufgehen? Nicht sicher. Sicher ist aber, dass die AfD profitieren wird. Die hat in Bayern durch den „Asylstreit“ in Umfragen weiter zugelegt auf nun 14 %. Denn mit ihrem Flüchtlingstheater wertet die CSU genau das auf, für das die AfD steht: Ausländerfeindlichkeit.

Echte Verlierer sind bei dieser Tragikomödie diejeni­gen, die vor Elend, Hunger und Tod fliehen und da­bei mörderische Routen übers Mittelmeer auf sich nehmen müssen.

Merkel und Seehofer nehmen sich nichts

Der ganze sog. Asylstreit ging nicht etwa darum, ob diese Menschen hier willkommen sind und Hilfe fin­den sollen. Da sind sich die Regierungsparteien einig: Flüchtlingszahlen in Deutschland sollen redu­ziert werden, obwohl die Zahl der zur Flucht Gezwungenen weltweit zunimmt. Aber die sollen halt irgendwo anders bleiben. Wozu das führt, hat man erst letzte Woche mit dem Rettungsschiff „Lifeline“ gesehen, das wie schon vor Wochen die „Aquarius“ mit hunderten Menschen an Bord tage­lang hingehalten wurde, ehe jetzt der Kapitän vor Gericht gezerrt wird, weil er Menschenleben rettete.

Der Streit ging nur darum, ob innerhalb der EU Grenzkontrollen systematisiert werden oder nicht. Grenzkontrollen behindern nicht nur Flüchtende, sondern auch den schnellen Transport von Waren z. B. per LKW. Deshalb ist die deutsche Wirtschaft dagegen und hat Merkel im Streit mit Seehofer de­monstrativ den Rücken gestärkt. Die Grenzen inner­halb Europas sollten offen bleiben. Nun hat sich Seehofer im Prinzip durchgesetzt: die bayerischen Grenzen dürfen kontrolliert werden und Flüchtlinge sollen in „Transitzentren“ an der Einreise gehindert werden.

Gleichzeitig konnte Merkel in ihren Verhandlungen mit der EU die Drohkulisse von Seehofer benutzen, um ihre genauso menschenverachtende Politik auf EU-Ebene voranzutreiben: Geschlossene Auffang­lager in Europa, Sammellager in Nordafrika. Es ist noch nicht so lange her, als Sklavenmärkte mit Geflüchteten in Libyen von sich reden machten. Genau solche Verhältnisse sollen noch viel mehr geschaffen werden. Die Schließung der Grenzen macht das Mittelmeer zum Friedhof. Was für eine zynische, mörderische Politik.

Das unerklärte Ziel: Flüchtlingen soll das Leben zur Hölle gemacht werden, damit sie davon abge­schreckt werden nach Europa zu kommen. Aber schon jetzt lassen sich die Menschen von Todesge­fahr nicht abschrecken, weil ihre tägliche Hölle in ih­ren Heimatländern ihnen keine Wahl lässt. Das kann niemanden von uns kalt lassen.

Refugees welcome!

Die Antwort auf all das Elend und Leid kann nicht Abschottung sein, sondern offene Grenzen, Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für alle.
Was wir brauchen ist ein anderes weltweites Wirtschaftssystem: Eines, das nicht nur eine winzige Minderheit bereichert, während immer größere Teile der Welt in Krieg und Armut versinken, sondern das allen Menschen eine Zukunftsperspektive bietet, weil die Reichtümer, Ressourcen und technischen Möglichkeiten in den Dienst der Menschen gestellt werden. Dafür lohnt es sich, sich einzusetzen!

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