Hallo Elena, du arbeitest seit einigen Monaten als Verkäuferin in einem Aldi. Wir würden dir gerne ein paar Fragen zu deinen Arbeitsbedingungen stellen. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast.
Was ist das Beschäftigungsmodell und wie viel Lohn bekommst du?
Bei Aldi wird man mit 14 Euro über dem momentanen Mindestlohn von 12 Euro bezahlt, aber meiner Erfahrung nach nur in Teilzeit eingestellt, dann ist einem vertraglich jährlich eine Lohnerhöhung zugesichert. Weil Aldi aber übertariflich zahlt, werden vom Unternehmen auch über dem Durchschnitt Leistungen und Arbeitsbereitschaft erwartet.
Was ist die Zusammensetzung der Belegschaft in deinem Betrieb?
Mit der komplett migrantischen Reinigung sind wir etwa 25 Kolleg:innen. Viele meiner Kolleg:innen kommen auch aus türkischen Familien, das ist nichts Ungewöhnliches. Von den Kolleg:innen sind dann etwa eine Hand voll Tagesvertretung, sodass immer eine:r vor Ort ist.
Wie hast du den Leistungsdruck erlebt, der in deinem Betrieb an den Tag gelegt wird?
Morgens wird erwartet, dass du schon vor der Frühschicht da bist, aber du darfst dich nicht einstempeln. Wenn du erst zu Schichtbeginn ankommst, musst du dir schon was anhören. Es wird sehr genau darauf geachtet wie lange du auf Toilette bist. Zum Schluss bleibst du meistens noch länger als du eigentlich müsstest, das wird dann aber wenigstens auch genau eingetragen. Bis diesen September war der Arbeitsplan regel-mäßig Tage vorher noch geändert worden, sodass du deine Woche kaum planen konntest. Zum Glück hat der Betriebsrat erwirkt, dass man jetzt gefragt werden muss und dass nicht über den Kopf von einem entschieden werden darf. Es wird erwartet, dass man auf die Wagen zum Warentransport und in die Regale klettert um schneller zu sein bei der Abfertigung. Bei der Papppresse wird auch während des Betriebs weiter Pappe reingeschoben und mit einem Stab drin rumgestochert damit es schneller geht, das ist wirklich gefährlich. Alles muss in erster Linie schnell und erst in Zweiter ordentlich gemacht werden. Außerdem hat mich einmal die Tagesvertretung sehr unter Druck gesetzt, als ich eigentlich ziemlich krank war und mehrfach darum gebeten habe, nach Hause gehen zu dürfen. Am Ende musste ich dann sogar deutlich länger bleiben, als ich eigentlich eingetragen war. Mir wurde gesagt, allen gehe es nicht gut und ich könne die Kolleg:innen doch jetzt nicht im Stich lassen.
Welche Erfahrungen hast du während deines ersten Monates und der Probezeit gemacht?
Während der Probezeit wurde ich durchgehend auf meine mangelnde Effizienz angesprochen und die Tagesvertretung hat mir indirekt gedroht, dass ich nicht übernommen werde. Da werden dann deine Schritte gezählt und dir gesagt, dass du zu lange Wege gehst. Man wird unter Druck gesetzt, mehr zu tragen als man kann und Dinge zu tun, die in den Anleitungsvideos des Unternehmens explizit verboten sind. Die Tagesvertretung hat mir dann auch genau erklärt, dass ich beim Einräumen der Regale das richtige Mindset bräuchte. Das wäre wie beim Schach und ich solle mehrere Züge im Voraus planen. Einmal habe ich mit zwei Kartons im Gang gestanden als ich noch nicht wusste, wo die eingeräumt werden sollten und wurde dann ins Büro geholt und für meine unengagierte Körperhaltung kritisiert. Man könne es mir auf den Überwachungskameras zeigen, wie das aussehe, und was sollten denn die Kunden erst denken?
Was sagen deine Kolleg:innen zu den Arbeitsbedingungen?
Es ist eigentlich Konsens, dass wir zu viele Überstunden machen. Mindestens 70 Überstunden in wenigen Monaten anzusammeln, wenn im Vertrag nur 21 Wochenstunden drin stehen ist völlig normal. Der Betriebsrat hat gesagt, man soll jetzt nur noch die Stunden arbeiten die auch im Vertrag stehen. Es ist völlig unklar, wie das alles zu schaffen sein soll, wenn diese Überstunden nicht gemacht würden, aber der Arbeitgeber auch keine dringend notwendigen Leute einstellt. Es gibt auch einige Kritik an der Logistik des Unternehmens mit den Lieferungen und der Unterbringung.
Interview geführt von Luna Roth,
Düsseldorf