Vor 100 Jahren: als durch die Revolution alles möglich schien

Genau vor hundert Jahren beendete eine Revolution in Deutschland den Ersten Weltkrieg und stürzte den Kaiser, der dreißig Jahre an der Macht gewesen war – also etwa doppelt so lange, wie Angela Merkel Kanzlerin gewesen sein wird. Doch natürlich ging es um viel mehr.

Die Medien erzählen zu diesem Jubiläum, die Revolution hätte nach ein paar Wirren zur (Weimarer) Republik geführt und das wäre auch das einzig mögliche positive Ergebnis gewesen. Dabei wird ausgeblendet, dass in dieser Revolution die Arbeiterklasse nicht bloß darum kämpfte, alle vier Jahre ein Parlament wählen zu dürfen. Es ging um die Frage, wer herrscht im Land und letztendlich auf der Welt. Denn die revolutionäre Welle, von der auch Deutschland erfasst wurde, war international.

Millionen Tote für Profitstreben geopfert

Das Kaiserreich bedeutete die Herrschaft des Großkapitals, das den Krieg vorangetrieben hatte, um gegen Frankreich und England eine Neuaufteilung der Kolonien durchzusetzen. Für diese Großmachtpolitik wurden Millionen von Kriegstoten in Kauf genommen. Mit patriotischen Parolen über das „deutsche Wesen“ wurde der einfachen Bevölkerung eingeredet, es ginge darum, „Heimat und Kultur“ zu verteidigen beispielsweise gegen die „Knute“ des russischen Zarismus. Und so wurden Arbeitende auf allen Fronten aufeinander gehetzt, denn selbstverständlich wurden die französischen, englischen und russischen Soldaten genauso von ihren Regierungen und Konzernen missbraucht, wie die deutschen. Ganz ähnlich versuchen die heutigen „Patrioten“ von Pegida oder AfD, deutsche und migrantische Arbeitende gegeneinander auszuspielen. Zwar nicht mit offener Kriegspropaganda, aber immerhin war auch schon mal ein Schießbefehl auf Einwanderer im Gespräch.
Der Krieg brachte Tod, Vernichtung und Hunger in die Arbeiterfamilien, während Offiziere und vor allem Industrielle am Krieg verdienten und in Saus und Braus lebten. Widerstand regte sich: Trotz Kriegsrecht und harten Repressionen wurden illegale Streiks zum Beispiel in der Waffenindustrie organisiert. Und als im November 1918 der Weltkrieg offenbar verloren war, gab es Zigtausende von Arbeitenden und Soldaten, die ihr Schicksal, über das bis dahin so grausam von oben bestimmt worden war, selbst in die Hand nahmen.

Eine neue Macht von unten

Nach dem Vorbild der russischen Revolution entstanden Arbeiter- und Soldatenräte. In jeder größeren Berliner Fabrik wurden Delegierte gewählt, einfache Arbeiter_innen, die sich plötzlich mit allen Fragen von Politik und Wirtschaft auseinandersetzten. Und zum ersten Mal hatte die große Mehrheit der Bevölkerung damit wirklich eine eigene Vertretung. Hätten diese revolutionären Räte Bestand gehabt, hätten sie wie in Russland die Macht übernehmen können. Und in Deutschland hätten viel bessere Voraussetzungen bestanden als im rückständigen Russland, dann eine wirklich demokratische, gerechte und soziale Gesellschaft von unten aufzubauen.

Der Dolchstoß in den Rücken der Revolution

Doch die reiche herrschende Klasse, die der Revolution anfangs genauso ohnmächtig gegenüberstand wie der Kaiser, bekam einen Verbündeten, mit dem sie kaum gerechnet hatte: Die SPD, die damals im Gegensatz zu heute viele Arbeitende beeinflusste. Denn die SPD sprach noch von Sozialismus und von Verstaatlichung der Schlüsselindustrien. Aber zwischen den Sonntagsreden und der praktischen Politik lagen auch damals schon Welten.

Der Parteiapparat hatte sich in der bürgerlichen Gesellschaft gut eingerichtet und wollte das nicht aufs Spiel setzen. Deshalb sagte der sozialdemokratische Reichspräsident Ebert, er „hasse die Revolution wie die Sünde“. Er machte gemeinsame Sache mit paramilitärischen „Freikorps“, dem Grundstock von Hitlers späteren Schlägertrupps, um die Arbeitenden und revolutionären Soldaten zu entwaffnen und blutig niederzuschlagen.

Die Republik, das allgemeine Wahlrecht und einige soziale Reformen waren ein Ergebnis dieser revolutionären Zeit. Aber nicht dafür hatten die Arbeitenden voller Enthusiasmus gekämpft, sondern sie wollten alle Ungerechtigkeit und Ausbeutung abschaffen, Fabriken und Gesellschaft selbst in die Hände nehmen. Alles andere waren nur die Zugeständnisse, die nach der Gegenrevolution noch übrig blieben.

Der Kapitalismus hat den Sturz des Kaisers überlebt und schon nach wenigen Jahren einen neuen Weltkrieg vorbereitet. Aber auch die geschichtliche Erfahrung hat überlebt: eine Revolution und die Selbstorganisation in Arbeiterräten ist möglich und nötig, um die Herrschaft des Profits über unser aller Leben und unsere Zukunft abzuschütteln.


Kurz gesagt…

Die Vorstellung des Minister Spar(h)n

Da hat er getönt und den dicken Jens markiert. Eine Verordnung wird er verordnen, dann wird es Untergrenzen fürs Personal an den Krankenhäusern geben, dass das Arbeiten eine Freude sei und die Patienten nicht mehr weg wollen.

Da ist sie nun, besagte Verordnung und das werte Publikum reibt sich verwundert die Augen. Nicht genug, dass wir nur über vier ausgewählte Ab­teilungen sprechen – die ohnehin schon grenz­wertigen Personalschlüssel sind nochmal verwäs­sert worden (tags eine Pflegekraft auf 12 und nachts eine auf 24 Patienten in der Kardiologie und auf Intensiv nachts 1:3,5 und so weiter) – d.h. in einigen Krankenhäusern wäre der Personalschlüssel noch mal schlechter, als die Realität derzeit ist. Da ist noch Luft nach unten offenbar. Erst macht der große Magier eine Riesenwelle und dann zieht er statt eines weißen Kaninchens eine tote Maus aus dem Zylinder. Andererseits muss er natürlich deutlich machen, wessen Interessen er vertritt – dann klappts auch mit dem CDU-Parteivorsitz.

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