Ukraine: Jeder möchte ein Stück vom Kuchen…

Nur kurze Zeit nachdem sich EU, USA und Russland in Genf auf einen Friedensplan für die Ukraine geeinigt haben, verschärft sich die Situation immer weiter. Anstelle von Deeskalation verstärken sich die militärischen Drohgebärden von EU, USA und Russland an den Grenzen der Ukraine immer mehr, vor allem durch die Verlagerung von Streitkräften in die Grenzgebiete. Was steht hinter diesen Machtspielchen? Die NATO präsentiert sich als Hüter der Einheit der Ukraine gegen prorussische Separatisten. Russland spielt sich als Schutzmacht der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine auf.

Doch weder die herrschende Klasse in der Ukraine, noch die westlichen oder russischen Mächte interessieren sich wirklich für das Wohlergehen der ukrainischen Bevölkerung, die immer stärker unter rasant steigenden Lebensmittelpreisen und verschlechterten Lebensbedingungen leidet. Sie haben jeweils eigene wirtschaftliche und politische Interessen, die sie durchsetzen möchten.

Spielball zwischen Großmächten

Es geht für beide Seiten um den größten und bevölkerungsdichtesten Markt in Osteuropa und um den Zugang zu billigen Arbeitskräften. Denn die Ukraine gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Seit Beginn der weltweiten Wirtschaftskrise geht auch dort die Schere zwischen arm und reich noch weiter auseinander und das Durchschnittseinkommen liegt bei 300 €, viele Arbeitslöhne bei 180 € pro Monat.

Außerdem ist die Ukraine strategisch wichtiges Transitland für russische Gaspipelines in Richtung EU. Russland liefert auch Gas und Öl für die sehr energieintensive Schwerindustrie im Osten der Ukraine. Russland ködert die Ukraine ebenso wie andere ehemalige Sowjet-Staaten vor allem mit verbilligten Energiepreisen und anderen kleinen Geschenken. Durch die Abhängigkeit von den russischen Lieferungen konnte Russland aber auch stets Druck auf die Ukraine ausüben und dies für seine wirtschaftlichen Interessen nutzen.

Die Schuldenkrise

Nach der Weltwirtschaftskrise sank das BIP der Ukraine um drastische 15 % ab, begleitet von massiven öffentlichen Neuverschuldungen. Daher wurde mit dem IWF und der EU über neue Kredite verhandelt. Für die Bewilligung der Kredite stellte der IWF Forderungen. Vor allem sollte massiv privatisiert und die Löhne und öffentlichen Ausgaben weiter gesenkt werden. Auch EU und USA waren nur unter der Bedingung bereit, Geld zu geben, wenn die geforderten Reformen des IWFs durchgeführt werden.

Die Rolle der EU

Denn die Konzerne der EU sahen ihre Chance gekommen, erneut einen Schritt in den ukrainischen Markt zu machen, der bis dahin von Russland sowie den GUS-Ländern dominiert wurde (ca. 65 %). Gerade einmal 20 % des ukrainischen Außenhandels wurde mit der EU abgeschlossen.
Die EU schlug ein Assoziierungsabkommen vor, das einen EU-Beitritt der Ukraine in ferner Zukunft in Aussicht stellte und bis dahin eine Freihandelszone zwischen EU und Ukraine vorsieht. „Freihandel“, das heißt vor allem freier unbeschränkter Zugang zum ukrainischen Markt und freie unbeschränkte Ausbeutung ukrainischer Arbeitskräfte. Die Folgen des Assoziierungsabkommens für die Bevölkerung sind ebenso absehbar und gehen in die gleiche Richtung wie bei dem Forderungskatalog des IWF.

Sozialer Widerstand statt nationaler Spaltung

Die Ukraine war schon vor Beginn der Krise ein zerrüttetes Land. Ein Land, das von Oligarchen beherrscht wird und in dem Korruption auf der Tagesordnung steht. Schon 2004 mit der „orangenen Revolution“ kamen der Unmut über den sozialen Verfall und der Ärger über die Korruption bei der Bevölkerung zum Ausdruck. Jedoch lösten nur neue Oligarchen die alten ab.
Die wirtschaftliche Zerrissenheit zwischen Russland und der EU führt dazu, dass sich nicht einmal die herrschende Klasse in der Ukraine, also vorwiegend die Oligarchen, für eine Seite entscheiden können. Auch die ukrainische Bevölkerung ist zerrissen. Die Medien teilen sie in „pro-westliche“ und „russlandfreundliche“ Kräfte auf, als ob dass das Problem wäre. Doch es wird nur die nationale Karte ausgespielt, um die Bevölkerung zu spalten und die sozialen Probleme in den Hintergrund zu drängen. Den Ukrainern und Ukrainerinnen ist weder mit einer Intervention der europäischen Mächte noch Russlands geholfen.

Nur eine soziale Bewegung, die sich gegen jeden Nationalismus stellt und die gemeinsamen Interessen der Arbeitenden über alle Ländergrenzen hinweg betont, kann ihre Probleme lösen.

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