Mosambik – Ein unmögliches Wahlergebnis löst Aufstände aus

Bei den Präsidentschafts- und Legislativ-Wahlen soll die Regierungspartei FRELIMO (Front für die Befreiung von Mosambik) erneut eindeutig gewonnen haben. Die Opposition PODEMOS (Optimistische Partei für die Entwicklung Mosambiks/Wir Können) spricht von Wahlfälschung. Die Menschen gehen auf die Straße. Es wird scharf geschossen. Bisher seien elf Protestierende getötet worden. Es ist nicht möglich auf den ersten Blick zu durchschauen, was gerade in Mosambik passiert. Was klar ist: Die Menschen haben die Schnauze voll nach 49 Jahren von der gleichen Partei regiert zu werden, die keine Veränderung schafft und das Elend nur verwaltet.  Mosambik ist arm trotz riesiger Bodenschätze, vor allem im Norden des Landes. In der Hauptstadt-Metropole Maputo, mit 1,2 Millionen Einwohner:innen, starben 2017 mindestens 17 Menschen dadurch, dass eine Müllhalde unter starken Regenfällen einstürzte und die Menschen nahe des Müllbergs in ihren Häusern unter sich begrub. 

Seit 49 Jahren wird das Land an der südlichen Ostküste Afrikas von FRELIMO regiert, die sich 1975 aus den Kämpfer:innen für die Unabhängigkeit von Portugal gründete. 20 Jahre lang kämpften sie um die Unabhängigkeit. Mit der FRELIMO an der Spitze entwickelte sich eine Ein-Parteien-Republik nach stalinistischer Manier, die gute Kontakte zur DDR pflegte. In den folgenden Jahren wurde groß angelegt verstaatlicht. Mit dem Regime-Wechsel verließen fast alle Portugiesen das Land. Mit ihnen gingen finanzielle Mittel und Fachwissen. Krise und Armut bleiben bestehen, verschlechtern sich sogar.

Bereits 1976 begann ein Bürgerkrieg zwischen der regierenden FRELIMO und der oppositionell-konservativen RENAMO (Nationaler Widerstand Mosambik), der bis 1992 andauerte und 900.000 Todesopfer forderte. Er mündete im Streichen des Volks aus dem Namen der Republik und der Gründung einer zugelassenen Oppositionspartei aus den Bürgerkriegs-Milizen, besagte RENAMO. Doch bei den ersten freien Wahlen 1994 konnte sie sich nicht behaupten und stellt seitdem die Opposition. Sie hatten zuvor nicht die Unabhängigkeit erkämpft und stattdessen im Bürgerkrieg viel Zerstörung hinterlassen. Die Sympathien standen auf Seiten der Kämpfenden für die Unabhängigkeit.

Die RENAMO ist inzwischen nicht mehr die stärkste Oppositionspartei. Sie wird bei den aktuellen Wahlen von der sozial-demokratischen PODEMOS mit dem unabhängigen Präsidentschaftskandidaten Venancio Mondlane abgelöst. In sie setzten viele Mosambikaner:innen ihre Hoffnung nachdem FRELIMO noch immer nicht in der Lage ist die Armut zu bekämpfen und gerechte Verhältnisse zu schaffen. Bereits vor der Verkündung der Wahlergebnisse, am 18. Oktober, wurden Paulo Guambe und Elvino Dias, der Anwalt von PODEMOS, in der Hauptstadt ermordet. Dias habe eine Klage wegen Wahlbetrugs vorbereitet, die dem Verfassungsgericht vorgelegt werden sollte, sobald das Ergebnis verkündet wird. Seitdem kommt es bereits zu Aufständen, die gewaltsam niedergeschlagen werden.

Am 24. Oktober wurde ein schier unmögliches Wahlergebnis präsentiert: 195 Sitze von 250 für die regierende FRELIMO und ihr Präsidentschaftskandidat Daniel Chapo sei mit 71% bestätigt. Der Widerstand hat sich ausgebreitet und geht über die Hauptstadt hinaus. Bisher seien mindestens elf Menschen getötet worden und hunderte zu unrecht verhaftet.

Auf einem Plakat ist zu lesen:

Arme Menschen mit Uniform und Hunger unterdrücken
Arme Menschen mit Hunger und ohne Uniform
Um reiche Menschen ohne Hunger und ohne Uniform zu beschützen.

In Maputo gehören Uniformierte mit AK47 seit dem Bürgerkrieg zum Stadtbild, weil das die Waffen sind, die vom Bürgerkrieg eben noch da ist. Die Polizei ist in Mosambik selbst nicht wohlhabend. Man sieht Uniformierte in ausgetretenen Schuhen. Man kann nur ahnen, dass auch sie am Abend in ein Haus am Stadtrand zurückkehren, wo die Mahlzeit auf Holzkohle zubereitet wird. Es ist zu hoffen, dass diese Absurdität offengelegt und verstanden wird, dass sich die Kräfteverhältnisse verschieben, weil niemand mehr auf seinesgleichen schießen möchte. Das Internet wird immer wieder abgeschalten und Journalist:innen attackiert. Es gibt Angst und Hoffnung. Wer es sich leisten kann, hortet Lebensmittel und bleibt zu Hause um nicht zufällig erschossen zu werden. Wer in extremer Armut lebt, schöpft Hoffnung. VPNs, also Internetzugänge über andere IP-Adressen um weiterhin miteinander kommunizieren zu können, werden organisiert, man beginnt sich abzusprechen, wo Unterstützung benötigt wird. 

Der PODEMOS Kandidat Mondlane ruft zum ein-wöchigen Generalstreik auf. Viele Läden bleiben bereits geschlossen. In sieben Tagen sollen sich alle Protestierenden in Maputo treffen, ein Marsch auf die Hauptstadt. Ob Mondlane und PODEMOS reale Veränderungen bringen können, bleibt abzuwarten. Zunächst bleibt uns die volle Unterstützung für die Protestierenden auszusprechen, sich selbst zu ermächtigen.

Roberta Moriam
Stand: 1.11.24

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