Die Stellung von Revolutionär:innen zum Krieg

 Mit dem Krieg in der Ukraine stellt sich auch für Linke die Frage, wie sie zu diesem Krieg stehen. Ist es allein „Putins Krieg“? Trifft die NATO eine Mitschuld an der Eskalation, oder sogar die Hauptschuld? Soll man eine pazifistische Position einnehmen, die militärischen Aktionen beider Seiten gleichermaßen verurteilen? Oder steht man (auch militärisch) auf der Seite der angegriffenen Ukraine? Um diese Fragen zu diskutieren, wollen wir auf historische Erfahrungen blicken und darauf, wie Revolutionär:innen sich in der Vergangenheit positioniert haben.

Als Sozialist:innen verabscheuen wir Ge­walt, Mord und Totschlag – und daher den Krieg. Aber wir sind keine Pazi­fist:innen. Wir wissen aus allzu vielen blutigen Erfahrungen in der Geschichte, dass Gewalt unvermeidlich entsteht, wenn um Befreiung gekämpft wird. Nicht etwa, weil „der Mensch“ zu schlecht ist und zu Gewalt neigt. Son­dern weil die in Klassen mit sich voll­kommen widersprechenden Interessen gespaltene Gesellschaft sich letztlich nur durch Gewalt aufrechterhalten lässt. Immer wenn es „drauf ankommt“ werden die herrschenden Klassen, die von der kapitalistischen Ausbeutung profitieren, nicht zögern diese Gewalt anzuwenden. Deshalb sind auch all die­jenigen, die gegen die herrschenden Zu­stände ankämpfen früher oder später darauf angewiesen, zu Gewalt zu greifen.

Wir sind also nicht immer und überall gegen Waffen, sondern die entschei­dende Frage ist, von wem, wann und wie Gewalt eingesetzt wird, und ob das die Befreiung der Menschheit von Unter­drückung voranbringt. Nur wenn wir es schaffen, die Klassenspaltung weltweit zu überwinden, wird ein weitgehend ge­waltfreier Gesellschaftszustand ermög­licht, in dem Kriege einer barbarischen Vergangenheit angehören werden.

Wenn wir Waffengewalt nicht grund­sätzlich ablehnen, stellt sich auch bei jedem Krieg die Frage, ob der Sieg einer der beiden Seiten die Befreiung der Menschheit von Krieg und Kapitalismus voranbringt.

Putin hat diesen Krieg begonnen. Ist da die Antwort nicht eindeutig? Natürlich lehnen wir den russischen Überfall klar ab, aber die Dinge sind nicht immer so einfach, wie sie scheinen mögen. Wir müssen uns vor Augen halten, dass jedes Land im Krieg selbst in unterschiedliche Klassen gespalten ist und unser Ziel die revolutionäre Überwindung der ganzen Gesellschaftsordnung ist, die für das Ent­stehen von Kriegen verantwortlich ist.

Das Beispiel des Ersten Weltkriegs

1914 beispielsweise haben die Diplomaten aller Länder versucht zu er­klären, weshalb die jeweils andere Seite für den Ausbruch des Krieges verant­wortlich sei. Die erste Kriegserklärung ging von dem mit Deutschland verbün­deten Österreich aus. Und gleich zu Be­ginn des Krieges haben die deutschen Armeen das neutrale Belgien überrannt und besetzt. Klar war Deutschland ge­genüber Belgien der Aggressor. Hätten Revolutionär:innen deshalb die Verbün­deten unterstützen müssen, die gegen Deutschland und Österreich kämpften?

Nein, denn der Krieg war auf allen Seiten gleich ungerecht. Seit Jahren hatten alle kapitalistischen Großmächte sich auf den Krieg vorbereitet, allen ging es um die (Neu-)Aufteilung der Welt: um Kolo­nien und sonstige Einflusszonen, die Rohstoffe und Absatzmärkte für das Ka­pital bedeuteten. Die einzelnen Länder waren den Großkonzernen längst zu klein geworden, man war im Zeitalter des Imperialismus angekommen. Eng­land und Frankreich verteidigten ihre eigene koloniale Ausbeutung der Welt.

Lenin schrieb dazu: „Die deutschen Im­perialisten haben die Neutralität Belgiens schamlos gebrochen […]. Angenommen, alle an der Einhaltung der internationalen Ver­träge interessierten Staaten hätten Deutsch­land den Krieg erklärt mit der Forderung, Belgien zu räumen und zu entschädigen. In diesem Fall wäre die Sympathie der Sozia­listen natürlich auf seiten der Feinde Deutschlands. Aber der Haken ist gerade der, dass [Frankreich, England und Russland] den Krieg nicht um Belgiens willen führt; das ist aller Welt bekannt, und nur Heuchler suchen es zu vertuschen. […] Auf der Basis des gegenwärtigen Krieges zwischen den ge­genwärtigen Regierungen kann man Bel­gien nicht anders helfen als dadurch, dass man mithilft, Österreich oder die Türkei usw. zu erdrosseln! Was hat das mit ‚Vaterlandsverteidigung‘ zu tun?? Darin be­steht doch gerade die Besonderheit des imperialistischen Krieges, eines Krieges […] der geführt wird zwecks Unterdrückung anderer Nationen. Wer die Teilnahme an diesem Krieg gutheißt, der verewigt die imperialistische Unterdrückung der Natio­nen. Wer dafür eintritt, die Schwierigkeiten, in denen sich die Regierungen jetzt befinden, für den Kampf um die soziale Revolution auszunutzen, der verficht die wirkliche Frei­heit wirklich aller Völker, die nur im Sozia­lismus durchführbar ist.“

Seine Schlussfolgerung war das Ein­treten für die Niederlage der eigenen Re­gierung im Krieg, der sogenannte „revolutionäre Defätismus“ (défaite = Niederlage auf Französisch). Karl Lieb­knecht prägte dafür die Losung: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ Auch in Kriegszeiten ist die kapita­listische Klasse die Gegnerin der Arbei­tenden, mit der sie viel weniger gemein­sam haben als mit den Soldaten auf der anderen Seite der Schützengräben, die genauso für imperialistische Kapital­interessen zur Schlachtbank geführt werden.

Nicht alle Kriege sind gleich

Bedeutet das, dass Revolutionär:innen in allen Kriegen zwischen Staaten neutral sind und immer nur für den Sturz aller Regierungen und die Verbrüderung der Soldat:innen an der Front eintreten? Nein, nicht immer. Das hängt davon ab, für welche Ziele der Krieg jeweils geführt wird (natürlich nicht von den offiziell proklamierten Zielen, denn da wird selbstverständlich regelmäßig gelogen). Dabei stehen für uns nicht rein morali­sche Überlegungen im Vordergrund, welche Seite eher „gut“ und welche „böse“ ist, sondern die Frage, ob der Sieg einer Seite das System der imperia­listischen Unterdrückung schwächen kann und somit auch die Durchführung der sozialistischen Revolution erleich­tert. In den Befreiungskriegen, die ge­führt wurden um das koloniale Joch ab­zuschütteln (z. B. im Algerienkrieg gegen Frankreich oder im Vietnamkrieg gegen die USA), war es notwendig klar Stellung zu beziehen gegen die Kolonialmächte. Hier nicht auf der Seite Algeriens oder Vietnams zu stehen hätte bedeutet, den Imperialismus zu unterstützen. Ähnlich sieht es aus in Fällen, wo ein imperia­listisches Land ein nicht-imperialistisches Land überfällt, um es zu kolonisieren oder in seine direkte Ab­hängigkeit zu bringen.

So ist beispielsweise 1937 Japan in China eingefallen. China war vor dem Zweiten Weltkrieg formal unabhängig, in Wirk­lichkeit aber Beute verschiedener impe­rialistischer Mächte. Großbritannien, Frankreich, die USA und eben Japan hatten ein Auge auf China geworfen, dort Kapital investiert, auch mit militärischem Druck sogenannte „Konzessionen“ erzwungen. An der Spit­ze der chinesischen Regierung stand mit Chiang Kai-shek ein reaktionärer Anti­kommunist, der Tausende revolutionärer Arbeiter:innen ermorden ließ. Die chine­sischen Kommunist:innen hätten also durchaus Grund gehabt, in ihm ihren Hauptfeind zu sehen. Aber gegen die japanische Invasion haben nicht nur die Stalinist:innen unter Führung Maos an der Seite von Chiang Kai-shek gekämpft, sondern auch die revolutionären Kom­munist:innen, die mit dem Stalinismus gebrochen hatten. Sie hatten keinerlei Vertrauen in Chiang Kai-shek und haben auch nicht aufgehört, seinen Sturz vor­zubereiten, aber der Hauptfeind war für die Zeit des Krieges der japanische Impe­rialismus. Tatsächlich war der Wider­stand gegen die japanische Armee, der die übergroße Mehrheit der unter­drückten Klassen mitriss, die Grundlage für das Erstarken revolutionärer Stim­mungen und den letztlichen Sturz des reaktionären Chiang-Kai-shek-Regimes nach dem Krieg1.

Russland und die Ukraine – ist hier wer imperialistisch?

Für uns ist es also im Falle eines Krieges entscheidend, ob auf einer der beiden Seiten oder auf beiden Seiten imperialis­tische Interessen den Krieg bestimmen. Deshalb wird angesichts des Ukraine-Krieges innerhalb der Linken darüber diskutiert, ob Russland imperialistisch ist. Die Genoss:innen von RIO/KGK haben auf ihrer Website einen Artikel von Stansfield Smith2 übersetzt, der die Frage verneint. Dabei nimmt er sich fünf Punkte vor, die Lenin zur Charakteri­sierung des Imperialismus aufgezählt hat und hakt sie nacheinander in Bezug auf Russland ab. Der methodische Fehler liegt auf der Hand: Lenin machte an seinen Punkten fest, dass der Kapitalis­mus weltweit das Stadium des Imperia­lismus erreicht hat und die kapita­listische Entwicklung zu imperialistischen Kriegen um Einfluss­sphären führt. Aber er hatte nicht eine Checkliste im Kopf, anhand derer man einzelne Staaten in „imperialistisch“ und „nicht-imperialistisch“ einteilen könnte.

Im Zeitalter des Imperialismus können Regionalmächte zugleich gegenüber anderen imperialistisch auftreten und selbst von mächtigeren Imperialismen abhängig sein. So beschrieb zum Beispiel Leo Trotzki das Russland im 1. Weltkrieg: „In gewissem Sinne war auch das zaristi­sche Russland ein koloniales Land, was in der dominierenden Rolle des auslän­dischen Kapitals zum Ausdruck kam. Aber die russische Bourgeoisie verfügte über eine ungleich größere Unabhän­gigkeit vom ausländischen Imperialis­mus als die chinesische: Russland war selbst ein imperialistisches Land.3 Und in Bezug auf die Ukraine sprach Trotzki kurz vor Ausbruch des Zweiten Welt­kriegs von den „imperialistische[n] Mächte[n] Polen, Rumänien und Un­garn4. Bei Smith wären die sicherlich krachend durch den Imperialismus-Test gefallen, aber sie teilten damals die nicht-sowjetischen Teile der Ukraine gegen den Willen der Bevölkerung unter sich auf.

Auch wenn der Artikel von Smith zeigt, dass Russland im imperialistischen Kon­zert nicht die erste Geige spielt und Putin ganz sicher nicht die Weltherr­schaft anstreben kann, so ist dennoch klar, dass Russland ebenso wie die west­lichen Großmächte ein imperialistischer Akteur in der Ukraine ist (siehe auch Artikel auf S. 6). Ihm geht es um geostrategische Ein­flussnahme im Interesse seines profitab­len Energie-exports – selbst wenn Putin dafür aktuell in Kauf nimmt, Absatz­märkte im Westen zu verlieren, wofür das russische Kapital aber durch steigende Energiepreise entschädigt wird.

Die Ukraine ihrerseits verfolgt in diesem Krieg offensichtlich keine imperialisti­schen Ziele gegenüber Russland. Daher sind wir in diesem Krieg nicht neutral, sondern stellen uns klar auf die Seite des Selbstverteidigungsrechts der Ukraine.

Die Frage der Waffenlieferungen

Doch was bedeutet das für uns als Revo­lutionär:innen in Deutschland, einem der wirtschaftlich stärksten imperialisti­schen Länder der Welt, das mit seinem neuen Aufrüstungsprogramm (siehe Seite 15) sogar die russischen Militär­ausgaben toppen will? Unser Hauptfeind steht auf jeden Fall im eigenen Land. Und Deutschland steht zusammen mit der NATO eindeutig auf der Seite der uk­rainischen Regierung, liefert seit Kriegs­beginn sogar Waffen. Müssen wir nicht aus revolutionärer Feindschaft gegen unseren eigenen Imperialismus auch diese Waffenlieferungen ablehnen? Für einen Großteil der revolutionären Lin­ken in Deutschland scheint das selbst­verständlich.

Für Trotzki gab es keinen solchen Auto­matismus. Im Mai 1938 schrieb er: „In neunzig von hundert Fällen setzen die Arbeiter tatsächlich ein Minuszeichen, wo die Bourgeoisie ein Pluszeichen setzt. In zehn Fällen hingegen sind sie ge­zwungen, dasselbe Zeichen zu setzen wie die Bourgeoisie, es jedoch mit ihrem eigenen Siegel des Misstrauens gegen die Bourgeoisie zu versehen. Die Politik des Proletariats leitet sich durchaus nicht automatisch aus der Politik der Bour­geoisie ab, indem sie deren Vorzeichen umkehrt5. Und falls der italienische Fa­schismus, im innerimperialistischen Konkurrenzkampf gegen das bürgerlich-demokratische Frankreich, Waffen an Algerien liefern würde, so sollten die Ar­beitenden in Italien diese Waffen­lieferung nicht boykottieren oder bestrei­ken.

In Bezug auf den japanisch-chinesischen Krieg schrieb er an Genoss:innen im im­perialistischen Australien: „[…] wir kön­nen nicht die Bourgeoisie mit den not­wendigen Hilfsmaßnahmen zugunsten Chinas betrauen. Doch je nachdem, ob Australien an der Seite Japans oder an der Seite Chinas in den Krieg einträte, fiele auch unsere Politik jeweils anders aus. Natürlich blieben wir in beiden Fällen schärfste Gegner der Regierung. Aber während wir jede materielle Hilfe an Japan mit allen Mitteln boykottiert haben, würden wir im umgekehrten Fall der Regierung vorwerfen, sie helfe China nur unzureichend […]“6.

Unsere Stellung zum heutigen Krieg

Geschichtliche Analogien und die Positi­onierungen von Lenin oder Trotzki können uns Denkanstöße geben, aber sie geben uns selbstverständlich nicht heu­tige Stellungnahmen vor. Was die Frage in Bezug auf die Ukraine kompliziert macht, ist die Tatsache, dass die imperia­listischen NATO-Staaten seit langem mit Russland um die Ukraine konkurrieren: So eröffnete die NATO 1997 das erste offi­zielle Auslandsbüro in Kiew, darf sich seit 2004 in der Ukraine frei bewegen und stellte der Ukraine schon 2008 eine Mitgliedschaft in Aussicht. Der politi­sche Druck von EU und NATO auf der ei­nen und Russland auf der anderen Seite hat die Ukraine politisch gespalten und ist innenpolitisch in der Orangen Re­volution 2004 und rund um Maidan und die Krimkrise 2014 überdeutlich geworden. Seit 2014 wird die ukrainische Armee verstärkt von der NATO aufgerüstet und ausgebildet. Zuletzt hat die ukrainische Regierung 2019 die NATO-Mitgliedschaft als Verfassungsziel beschlossen.

So kann man durchaus sagen, dass die Ukraine gegen Russland eine Art Stell­vertreterkrieg im Namen der NATO führt, dass die ukrainische Bevölkerung leidet und stirbt, um den Streit zwischen den Kapitalist:innen in Moskau, Berlin und Washington zu entscheiden. Aber die westlichen Großmächte sehen von unmittelbarer Einmischung mit eigenen Truppen ab. Und das macht trotz allem einen Unterschied.

Solange die NATO oder einzelne west­liche Imperialismen nicht direkt am Krieg teilnehmen, um entweder selber die Ukraine zu erobern oder gestützt auf einen Sieg gegen Russland andere Län­der zu unterdrücken, solange bleibt vom revolutionären Standpunkt die – auch militärische – Selbstverteidigung der Uk­raine gegen den russischen Imperialis­mus unterstützenswert.

Wenn Putin gezwungen wäre sich zu­rückzuziehen, wäre das – nach dem De­bakel der NATO in Afghanistan oder Frankreichs in Mali – ein weiteres Zei­chen an alle Imperialismen dieser Welt, dass sich gegen den Willen der Bevölke­rung ein Land auch mit militärischer Übermacht nicht beherrschen lässt. Denn eines ist klar: es sind nicht nur die NATO-Waffen, die im bisherigen Verlauf des Krieges Putin Schwierigkeiten berei­tet haben, sondern eben auch der Wider­standswillen der ukrainischen Bevölke­rung.

Die Ukraine verteidigen! Aber mit den Mitteln der Arbeiter:innenbewegung …

Das oberste Ziel von Revolutionär:innen in Kriegssituationen bleibt, die Arbeiten­den für ihre eigenen Interessen zu mobi­lisieren und auch den Krieg auszunutzen, um möglichst schnell dem Kapitalismus ein Ende zu bereiten, jedenfalls alles zu tun um dieses Ende zu beschleunigen. Die Regierung von Selenskyj steht an der Spitze eines Staates, der von korrupten Oligarch:innen beherrscht wird, die sich in der Ukraine ebenso breit gemacht ha­ben wie in Russland. Dieser Staatsappa­rat hat auch kein Problem mit Neonazis (siehe Artikel Seite 8). Weder die Arbei­tenden in der Ukraine noch wir haben Grund Selenskyj zu feiern oder zu unter­stützen. Doch ist der Hauptfeind in der Ukraine aktuell die russische Armee, die ganze Städte zerstört und Millionen Menschen zu Vertriebenen macht.

Allerdings würde ein Krieg im Interesse der Arbeitenden anders geführt als von bürgerlichen Regierungen: Im Gegensatz zu Selenskyj und den ukrainischen Nati­onalist:innen müsste man sich in der Ukraine klar für das Selbstbestimmungs­recht aller Minderheiten einschließlich der russischsprachigen Minderheit ein­setzen. Das würde Putins Propaganda mit einem Schlag einen wichtigen Nähr­boden entziehen. Darauf gestützt könnte eine klare Positionierung gegen alle Oli­garch:innen sowohl in der Ukraine als auch in Russland eine revolutionäre, zerset­zende Wirkung auf die russischen Solda­ten ausüben, die über diesen Krieg ge­nauso belogen wurden wie der Rest der russischen Bevölkerung.

Eine solche von Selenskyj unabhängige gegen die russische Armee gerichtete Po­litik würde trotzdem nicht auf Waffen verzichten, selbst wenn sie von NATO-Staaten an Selenskyj geliefert werden. Es gibt einzelne Versuche von ukrainischen Linken, sich eigenständig und organi­siert an der Landesverteidigung zu betei­ligen. Und es ist wichtig, diese Verteidi­gung nicht den rechten Kräften in der Ukraine zu überlassen, die sonst nur wei­ter gestärkt würden.

Vor diesem Hintergrund finden wir es nicht hilfreich, wenn große Teile der deutschen radikalen Linken einen politi­schen Kampf gegen die Waffenlieferun­gen an die Ukraine führen wollen. Sollte dieser Kampf tatsächlich objektive Wir­kung entfalten, würde er im Kriegsge­schehen in der Ukraine Putins Armee helfen. Aber vor allem kann eine solche Positionierung nur die übergroße Mehr­heit der Ukrainer:innen, auch derjeni­gen, die jetzt nach Deutschland kom­men, in die Arme von bürgerlichen oder rechtsradikalen Kräften treiben, statt sie für revolutionäre Ideen zur Beendigung dieses imperialistischen Grauens zu ge­winnen.

Wir werden nicht von unserem eigenen Hauptfeind, dem deutschen Imperialis­mus, fordern oder erwarten, dass er der Ukraine hilft ihre Unabhängigkeit zu be­wahren. Aber wenn NATO-Staaten Waffen liefern, sollte es nicht unsere Sa­che sein, das zu verhindern. Wir haben eine sehr viel wichtigere Aufgabe: Uns gegen jede Kriegstreiberei und direkte Einmischung der NATO zu stellen, sowie gegen die Aufrüstung Deutschlands, die unter dem Vorwand des Ukraine-Krieges betrieben wird.

Richard Lux, Berlin

· Russische Truppen raus aus der Uk­raine!

· NATO: Hände weg von Osteuropa!

· Gegen jede Aufrüstung der Bundes­wehr!

· Für das Recht auf Selbstbe- stim­mung der Ukraine und nationaler Minderheiten!

· Offene Grenzen, Bleiberecht für al­le Flüchtlinge!

Fußnoten:

1. Dass davon der Maoismus profitierte, der selbst auch keine sozialistische Befreiung der Arbeiter:innenklasse bedeutete, steht auf einem anderen Blatt und kann hier nicht ausgeführt werden.

2. https://www.klassegegenklasse.org/ist-russland-imperialistisch/

3. L. Trotzki: Schriften 2. Über China. Bd. 2.2 (1928-1940), S. 917.

4. https://sites.google.com/site/sozialistischeklassiker2punkt0/trotzki/1939/leo-trotzki-das-ukrainische-problem

5. https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1938/05/denken.htm

6. L. Trotzki: Schriften 2. Über China. Bd. 2.2 (1928-1940), S. 900-902.

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