§ 218 mit Klassenkampf abtreiben!

Am 7. Dezember fanden in Berlin und Karlsruhe Demonstrationen für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen statt, an denen 7.000 Demonstrant:innen teilnahmen. Eine deutliche Stimme gegen eine der schrecklichsten Seiten der Frauenunterdrückung. Doch so deutlich ist der Wille im Bundestag und bei den bürgerlichen Parteien nicht.

Nachdem die Ampelparteien wegen „Spaltungspotenzial“ auf eine Streichung des § 218 – trotz ihrer Versprechen und der Empfehlung ihre eigener Expertenkommission – verzichtet hatten, wird im Bundestag ein fraktionsübergreifender Gesetzentwurf von bisher 328 Abgeordneten debattiert. Ob er vor den Neuwahlen eine ausreichende Mehrheit findet, ist ungewiss. Deutlich wird aber das Versagen der Ampelregierung, deren parlamentarisches Kalkül auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird. Denn der § 218 des Strafgesetzbuches, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt, ist nicht nur eine Reliquie von 1871, die in die Mühltonne gehört, sondern er hat praktische Auswirkungen auf die Möglichkeit von Schwangerschaftsabbrüchen, was vor allem ärmere Frauen betrifft. Denn die Zahl der Ärzt:innen, die Abtreibungen vornehmen, reduziert sich aufgrund dieser Rechtslage, zu der noch die Kürzungen im Gesundheitswesen hinzukommen, immer weiter. Und trotz allem Gerede über ein „Spaltungspotenzial“ und der reaktionären Stimmen von AfD-Weidel bis CDU-Merz sind laut Umfragen 75% der Bevölkerung dafür, die Einschränkungen von Schwangerschaftsabbrüchen abzuschaffen.

Der wahrscheinliche Wahlsieg der CDU könnte für Abtreibungsgegner eine Chance sein, sich laut zu Wort zu melden, genauso wie der Sieg von Trump antifeministische Sprüche wie „Your body, our choice“ bestärkt hat. Zu der reaktionären Stimmung hinzu kommt das aktuelle Verbot von telemedizinischer Versorgung in Bayern; also das Verbot eines medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs zu Hause. Wobei es gerade in Bayern wenig Praxen gibt, die Abtreibungen vornehmen und Frauen müssen manchmal 200 km fahren, um einen Arzt zu sehen. Ein Problem, das übrigens bundesweit zunimmt. In immer mehr Regionen fehlt es an Kliniken und Praxen für Schwangerschaftsabbrüche.

Genau deshalb ist es notwendiger denn je, in die Offensive zu gehen und eine starke soziale Bewegung aufzubauen. Denn die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Frankreich in den 70er oder in Argentinien in den letzten Jahren, wurden nicht durch den guten Willen der Regierenden erreicht, sondern durch kraftvolle Bewegungen. In deutlich reaktionäreren Gesellschaften bewiesen solche Bewegungen, dass ihre aktivistische Verankerung in der Gesellschaft und ihr gerechtfertigtes Misstrauen in rein parlamentarische Diskussionen mehr Erfolge erzielen konnten, als nur Kreuze auf einem Wahlzettel zu machen oder eine Unterschrift unter eine Petition zu setzen. Und da die Sicherstellung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht allein vom Gesetz, sondern auch von der gesundheitlichen Versorgung und Erreichbarkeit abhängen, muss der Kampf für legale sichere und kostenlose Abtreibung Hand in Hand mit dem Kampf der Arbeiter:innen gegen Kürzungen und Sparpolitik gehen.

Solche Stimmen wollen wir möglichst überall hin tragen. Deshalb treten wir – zusammen mit Genoss:innen von RIO-  als Sozialarbeiter:innen und Hebamme in verschiedenen Wahlkreisen zur Bundestagswahl an, um eine Tribüne für alle notwendige Kämpfe der Arbeitenden und Unterdrückten zu schaffen.

Eva Ruth, Hamburg

Bildschirmfoto: https://www.deutschlandfunk.de/expertenkommission-empfiehlt-legalisierung-von-abtreibung-102.html

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