Streik an der Charité in Berlin – zwei Belegschaften ein Kampf!?

Am 2. Mai begann an der Charité, dem größten Krankenhaus
Deutschlands mit 15.000 Beschäftigten, ein Streik, der
nach einer Woche durch die Gewerkschaftsfunktionäre in
zwei Lager gespalten wurde. Was war geschehen?

Das Pflegepersonal war für höhere Löhne in den Streik
getreten. Gleichzeitig begann ein Streik bei der Tochterfirma
CFM. 2006 hatte die Charité den größten Teil der Bereiche
Logistik, Reinigung, Reparatur, Krankentransport, Küche,
Wachschutz, etc. in die CFM ausgelagert, wo deutlich
niedrigere Löhne gezahlt werden und wo es weniger
Urlaubstage und weder Weihnachts- noch Urlaubsgeld
gibt. Für die 2.000 Arbeiter der CFM existiert nicht
einmal ein Tarifvertrag, was zur Folge hat, dass alle zu
unterschiedlichen Konditionen eingestellt sind. Zusätzlich
arbeiten in diesen Bereichen 2.500 Arbeiter, die noch von
der Charité angestellt sind, weil sie länger als seit 2006
dabei sind.

Der Streik wurde gemeinsam begonnen und die
Gewerkschaftsfunktionäre verbreiteten die Idee,
dass solange gemeinsam gestreikt würde, bis auch
die Beschäftigten der CFM endlich einen Tarifvertrag
bekämen.

Und dieser Streik lief gut

Glaubten noch vor kurzem Viele, dass im Krankenhaussektor
nicht gestreikt werden könne, so haben sie sich selbst
eines Besseren belehrt. Die Stationen leerten sich von Tag
zu Tag und die Charité kostete jeder Tag 1 Million (!) Euro.
Und auch die CFM-Chefs jammerten: „Hoffentlich streiken
die nicht nächste Woche weiter, wir haben kein Personal
mehr.“

Das böse Erwachen kam am Freitag (6. Mai).
Gewerkschaftsfunktionäre
hatten am Tag zuvor ein
Angebot für die Charité-
Beschäftigten erhalten. Auf
Versammlungen an allen
drei Standorten machten die
Gewerkschaftsfunktionäre
Druck auf die Streikenden
der Charité, ihren Streik
„auszusetzen“. Dabei
machten sie den Kollegen
Angst vor den Folgen
eines weiteren Streiks und
verschwiegen absichtlich,
dass in Steglitz eine große
Mehrheit für die Fortsetzung gestimmt hatte. Letztlich setzten sie sich durch und der
Streik wurde ausgesetzt.

Die Gewerkschaften brachen die Solidarität

Für die CFM-Beschäftigten war dies ein harter Schlag, der
auch Tränen fließen ließ. Denn alleine weiter streiken hieß,
mit weniger Effekt zu streiken. Und dennoch machten
die CFM-Kollegen weiter und zwar mit mehr Energie als
zuvor. Obwohl sie in manchen Bereichen massiv unter
Druck gesetzt und mit Entlassungen bedroht wurden,
streikten von ihnen von Tag zu Tag mehr. Auch Kollegen
mit Altverträgen traten in den Solidaritätsstreik.
Die Streikenden schafften es, im Gespräch weitere Kollegen
zu überzeugen sich anzuschließen. Die Streikfront wuchs.
Am Freitag, den 13. Mai, gab es eine Demonstration
mit bombastischer Stimmung. Aus den Fenstern des
Krankenhauses klatschten Ärzte und Pfleger. Die Touristen
zückten ihre Fotoapparate. Die Motivation der Streikenden
war auf einem Höhepunkt…

Und erneut ein Manöver der Funktionäre

Doch am nächsten Tag, brachen verdi und dbb den Streik ab
– diesmal sogar ganz ohne Abstimmung der Streikenden.
Die CFM hatte Gespräche zugesagt, ohne ein konkretes
Angebot. Die Streikenden wurden benachrichtigt, dass sie
am Sonntag wieder zur Arbeit müssten. Seither werden die
Beschäftigten der CFM von Woche zu Woche vertröstet. Es
gibt Verhandlungen, aber nichts Genaues weiß man nicht.
Am 9. Juni wollen die Gewerkschaften sie informieren…

(2. Juni 2011)


Und dennoch war dieser Streik an der Charité nicht umsonst. Fünf Tage Streik der
Charité-Beschäftigten hat letztlich zu enormen Zugeständnissen der Charité-Leitung
geführt:

• 150 Euro Erhöhung ab Juli 2011 und 300 Euro Einmalzahlung

• Stufenweise Erhöhung des Lohns bis Ende 2014 um 300 Euro.

• Zulage von 30 Euro, wenn Beschäftigte an ihrem freien Tag zur Arbeit kommen.

• Beginn der Nachtarbeitszuschläge ab 21 Uhr statt 22 Uhr im Bereitschaftsdienst.

• Volle Wechselschichtzulagen auch für Teilzeitbeschäftigte.

• Auszubildende erhalten das gleiche Geld wie die Auszubildenden des Öffentlichen
Dienstes.

• 100 %ige Angleichung der Jahressonderzahlung für die Ost-Kollegen ab 2012.

• Ost-Kollegen erhalten den gleichen Kündigungsschutz wie ihre West-Kollegen.

• und vieles mehr.

• Jedoch: Laufzeit bis 2016 (d. h. Friedenspflicht).

Was wäre nicht alles drin gewesen, wenn der Streik weiter gegangen wäre…

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